return Ausgabe 03-2016
Schwerpunktthema: Zukunft managen Gezielter Blick auf das Geschäft von morgen
Schwerpunktthema: Zukunft managen Gezielter Blick auf das Geschäft von morgen
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HINTERGRUND & WISSEN<br />
HINTERGRUND & WISSEN<br />
Führung im Wandel<br />
Verantwortung auf allen Unternehmensebenen<br />
Text: Jeffrey Beeson<br />
Anne’s Corner<br />
Unternehmen auf Trab halten<br />
Text: Anne Koark<br />
Die aktuellen Herausforderungen der digitalen Revolution<br />
zwingen Unternehmensverantwortliche dazu, ihr<br />
Verständnis dessen, was eine gute Führung ausmacht, neu<br />
zu überdenken. Vor noch nicht allzu langer Zeit gehörte es<br />
zu den Kernaufgaben eines Managers<br />
der mittleren Führungsebene,<br />
Informationen im Unternehmen<br />
weiterzugeben. Die meisten dieser<br />
Informationen kamen von der<br />
obersten Führungsebene. Heutzutage<br />
sind viele dieser Informationen<br />
überall in einem Unternehmen<br />
jederzeit per Mausklick verfügbar.<br />
Nach wie vor müssen sich<br />
Führungskräfte auf Kernaufgaben<br />
konzentrieren: Die Richtung vorgeben,<br />
den Weg zeigen und klarstellen,<br />
wohin die Reise geht.<br />
Schwierigste Rolle<br />
einer Führungskraft<br />
Das „Alignment“, also die Anpassung, zu schaffen, zählt vermutlich<br />
zur schwierigsten Rolle einer Führungskraft − und<br />
ist doch absolut unerlässlich für den Erfolg. Dieser Prozess<br />
der gemeinsamen Ausrichtung erfordert hohe kommunikative<br />
Kompetenz und Klarheit sowie große Beharrlichkeit. Zu<br />
Engagement zu inspirieren ist bedeutend: Außergewöhnliche<br />
Ergebnisse werden nur dann erzielt, wenn sich die Beteiligten<br />
eigenverantwortlich für ein Vorhaben engagieren<br />
und es gewissermaßen zu ihrer eigenen Sache machen. Der<br />
zentrale Wandel besteht in einer Neuverteilung der Führung<br />
innerhalb des Unternehmens. Heutzutage ist Führung nicht<br />
mehr die Domäne einiger weniger Auserwählter − sie findet<br />
auf allen Unternehmensebenen statt.<br />
Dieser Führungswandel und seine Auswirkung lassen sich<br />
anhand von zwei Unternehmen veranschaulichen, die in der<br />
gleichen Branche tätig sind beziehungsweise waren: dm und<br />
Schlecker. Bei Schlecker herrschte ein traditionell autoritärer<br />
Führungsstil. Sämtliche Entscheidungen wurden von wenigen<br />
Vorstandsmitgliedern getroffen. Das Unternehmen dm<br />
dagegen setzt auf eine dialogische Führungskultur. So werden<br />
die Mitarbeiter ermutigt, sich an Entscheidungsprozessen<br />
auf Ladenebene zu beteiligen − und übernehmen damit<br />
Führungsrollen innerhalb des Unternehmens.<br />
Führung ist nicht mehr die Domäne einiger weniger Auserwählter<br />
− sie findet auf allen Unternehmensebenen statt.<br />
Für dm-Gründer Götz Werner ist die Qualität der Arbeitsumgebung<br />
nach eigenen Worten wichtiger als der Profit.<br />
Ein von kooperativer Führung geprägtes Arbeitsumfeld<br />
ist deshalb so erfolgreich, weil es etwas anspricht, das uns<br />
als Menschen zutiefst motiviert.<br />
Neueste Forschungsergebnisse<br />
Foto: portishead1<br />
haben bestätigt, dass unsere Motivation<br />
aus drei Triebfedern entspringt:<br />
Selbstbestimmung, Perfektionierung<br />
und Sinnerfüllung.<br />
Alle drei Motivationstreiber werden<br />
durch die kooperative Führungspraxis<br />
begünstigt, denn sie<br />
bietet den Mitarbeitern Gelegenheit<br />
zu eigenständigem Handeln<br />
und Mitdenken. Der Erwerb von<br />
Führungskompetenzen trägt zur<br />
Selbst-Perfektionierung der Mitarbeiter bei. Die Teilhabe an<br />
den Entscheidungsprozessen fördert die Sinnerfüllung. Top-<br />
Manager brauchen daher neue Instrumentarien, mit denen<br />
Organisationsleiter den Kurs vorgeben können. Eines dieser<br />
unverzichtbaren Instrumente ist die Rahmengebung.<br />
Organisationsleiter müssen imstande sein, Rahmen zu<br />
schaffen, in denen Selbstbestimmung, Perfektionierung und<br />
Sinnerfüllung gedeihen können. Ebenso wichtig sind die Instrumente<br />
der Inklusion. Traditionelle Führung arbeitet in<br />
erster Linie auf der Basis von Teams und größeren Gruppen.<br />
Auch wenn diese weiterhin im Fokus bleiben, muss sich<br />
die Aufmerksamkeit einer kooperativen Führung verstärkt<br />
auf die Art und Dimension der Netzwerke innerhalb eines<br />
Unternehmens richten. Die Verknüpfung einer großen Zahl<br />
von Menschen auf sinnvolle Weise vermittelt ein Gefühl der<br />
Gemeinschaft und für das Ganze. Diese sind die ersten und<br />
wichtigsten Schritte, um den Wandel hin zu diesem neuen<br />
Führungsansatz anzustoßen, der besonders gut geeignet ist<br />
− wenn nicht unverzichtbar −, um mit unserer zunehmend<br />
digitalisierten Welt Schritt zu halten. ~<br />
Foto: Ingrid Theis<br />
Der Autor ist „Chief Alignment Enabler“ der<br />
Unternehmensberatung „Ensemble Enabler“<br />
aus München.<br />
Die Zukunft ist die noch unbekannte Zeit,<br />
die der bekannten Gegenwart nachfolgt.<br />
Innovation stammt aus dem Lateinischen<br />
„innovare“, was so viel wie Neuerung<br />
oder Erneuerung heißt. Demnach wäre<br />
Zukunftsmanagement das Management<br />
des Unbekannten aus Sicht des Bekannten.<br />
Innovationsmanagement wäre dann die<br />
Steuerung von dem, was es noch nicht gibt. So<br />
betrachtet, könnte man meinen, dass die anspruchsvollen<br />
Aufgaben des Zukunfts- und Innovationsmanagements<br />
hellseherischer Fähigkeiten bedürfen. Und doch sind<br />
diese Steuerungsinstrumente bedeutende strategische Werkzeuge,<br />
die äußerst wichtig für den Fortbestand eines jeden<br />
Unternehmens sind.<br />
Innovationen sind der Motor des Fortschritts. Ohne Fortschritt<br />
gibt es faktische und passive Rückschritte. Sie entstehen<br />
dadurch, dass man stehen<br />
bleibt, während die Konkurrenz<br />
sich weiterentwickelt. Der<br />
Fortschritt lebt von Mut, von<br />
Weitsicht und von fundierter<br />
strategischer Planung. In einer<br />
Arbeitsumgebung, in der bislang<br />
unbekannte Ideen sich entwickeln<br />
können, entstehen Erneuerungen, die Unternehmen<br />
erfolgreich Zukunft bescheren.<br />
Wie jedoch erreicht man am besten das Management des<br />
noch nicht Bekannten? Und ruft das Unbekannte eher Ängste<br />
hervor? Dafür hatte der chinesische Philosoph Konfuzius<br />
eine vielversprechende Lösung: „Wer das Ziel kennt, kann<br />
entscheiden. Wer entscheidet, der ist sicher. Wer sicher ist,<br />
kann überlegen. Wer überlegt, kann verbessern.“ Um eine<br />
managebare Zukunft zu sichern, müssen die richtigen Ziele<br />
identifiziert und gesetzt werden. Noch wichtiger: Es sollten<br />
mutige Entscheidungen getroffen werden, um diese Ziele zu<br />
erreichen. Die ständige Suche nach Verbesserungen befeuert<br />
Innovationen, die für die Weiterentwicklung eines Unternehmens<br />
lebensnotwendig sind.<br />
Der Nobelpreisträger Albert von Szent-Györgyi Nagyrápolt<br />
sagte sinngemäß: Die Entdeckung sei „das Treffen eines Unfalls<br />
auf einen vorbereiteten Geist“. Das ist die darwinsche<br />
Weiterentwicklung eines Unternehmens, in der eine Organisation<br />
sich ständig an die sich verändernde Wirtschaftswelt<br />
anpasst. Das ist ein wichtiger Teil der Evolutionsökonomik,<br />
„Der Fortschritt lebt von Mut,<br />
von Weitsicht und von fundierter<br />
strategischer Planung.“<br />
die Joseph Schumpeter im Zusammenhang mit<br />
Innovation als Begriff prägte. Zukunfts- und<br />
Innovationsmanagement bedarf des Mutes<br />
zur Veränderung gepaart mit der strategischen<br />
Planung der entstehenden Ideen. Quasi eine<br />
geplante Bewegung aus der Komfortzone des<br />
„business as usual“ ins strategische Management<br />
des ideenzündenden Unbekannten.<br />
Für „Zukunftsknüller“ reicht kein „Wir haben<br />
es immer so gemacht”. Die Atmosphäre muss so<br />
beschaffen sein, dass Angst vor Unbekanntem erst gar nicht<br />
entsteht. Kalkulierte Risiken müssen mit Erneuerungen<br />
eingegangen werden, um Fähigkeiten zu entwickeln, die in<br />
die richtigen Innovationsprozesse münden. Dies sichert die<br />
Tragfähigkeit von Neuem. Dies fordert eine offene und lebendige<br />
Kommunikation in interdisziplinärer Zusammenarbeit.<br />
Es gilt das Noch-Nicht-Gedachte denkbar und das<br />
Noch-Nicht-Gemachte machbar<br />
zu machen – und zwar koordiniert.<br />
Auf seinen Lorbeeren sich<br />
auszuruhen, passt dazu nicht. Autobauer<br />
Henry Ford schreibt man<br />
das Zitat zu: „Wenn ich die Leute<br />
gefragt hätte, was sie brauchen,<br />
hätten sie geantwortet, ,bessere<br />
Pferde’.“ Er verlangte stattdessen: „Besorgt mir Ingenieure,<br />
die noch nicht gelernt haben, was nicht geht.“ Das Verbinden<br />
von Erfahrungen aus bekannten und unbekannten<br />
Pfaden zählt zu den zentralen Maßgaben von Erfolg. Unternehmen<br />
sollten mit gemanagten Querdenkern auf Trab<br />
gehalten werden, die den Raum für bahnbrechende Neuerungen<br />
durch ständige Grenzschiebung eröffnen. In diesem<br />
Raum entstehen nicht nur Produktneuheiten, sondern auch<br />
die nötigen strategisch auswertbaren und kontrollierbaren<br />
Prozessfortentwicklungen.<br />
Den Unternehmenslenkern sollten die Pferde dabei nicht<br />
durchbrennen, sie sollten ganz gezielt auf Trab gehalten werden.<br />
Gefragt sind Wirtschaftsentdecker, die bereit sind, wie<br />
beim Ei des Kolumbus dazwischen unterscheiden zu können<br />
– „es getan zu haben“ oder „es hätten tun können“. So setzt<br />
man strategisches Können zum wirtschaftlichen Vorteil ein. ~<br />
Die Autorin schrieb nach eigener Insolvenz Bücher wie „Zurück auf<br />
Start“ und arbeitet heute als Unternehmensberaterin und Übersetzerin.<br />
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