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14 Holz|Oktober 2016<br />

die Schulkinder nie etwas von Menhiren, von Bauwerken der<br />

Megalithkulturen gehört oder gesehen haben, so durchleben<br />

sie doch instinktiv die Gestaltungs- und Beschwörungspraxis<br />

ihrer frühesten Vorfahren. Dadurch werden ihre kreatürlichsten<br />

und kreativsten Urinstinkte geweckt, die immer dem<br />

Schaffen, dem Aufbauen, dem Leben dienen, nie der Zersetzung,<br />

nie dem herbeigerufenen Untergang; ja höchstens der<br />

bildhaften Beschwörung der eigenen oder kollektiven Ängste,<br />

der eigenen und auch kollektiven Freude, der Geselligkeit,<br />

der problemlosen kindlichen Freundschaft.<br />

Sich die Angst oder die Freude von der Seele reden, noch<br />

besser sie gestalterisch beredt machen, auch darum geht es<br />

hier. Überall finden sich von Kindern gestaltete Ideogramme,<br />

sitzen, richtig passen und richtig Luft haben. Alle Langeweile<br />

scheint verflogen. Die Verlängerung des Spiels war ja nie der<br />

Ernst, sondern immer die Wirklichkeit. Wie könnte man sie<br />

wirklicher erleben, als hier und auf solche Weise. Holzklötze<br />

zu einem Symbol aufgebaut, gleichzeitig zu einem Unterstand<br />

auserwählt, einem Haus, einer Hütte, in welcher wiederum<br />

nur Gedichte wohnen. Ist es ein Dach, welches sich<br />

von einer Behausung zur anderen spannt oder ist es eine<br />

Brücke, eine Gedankenbrücke, auf die wie ein zartes, geripptes,<br />

flüchtiges Wesen schmückend ein Tannenreis gelegt ist?<br />

Der Unterschied zwischen Emotionalem und Kognitivem ist<br />

zu einem Fließgewässer ineinander geflossen und kann jetzt<br />

keine Rolle mehr spielen. Nichts macht sich mehr als bloß<br />

Essay<br />

Schriftzeichen, welche sich aus mehreren bildhaften Bedeutungen<br />

zusammensetzen. Der mühelose, unbeschwerte Umgang<br />

mit- und Gebrauch von Bildzeichen, gleich ob als Wort,<br />

ob als Holzplastik, ob als entstehende Kubatur oder aber als<br />

leerer Hohlraum. Alles erzählt, erweckt Gefühle, verarbeitet<br />

Gefühle, dichtet, verdichtet, kondensiert, komprimiert,<br />

beschränkt auf das Wesentlichste, um von dort aus frei<br />

ausgestalten zu können, bis die Holzobjekte untereinander<br />

und im Bezug auf den rohstoffspendenden Wald als natürlichem<br />

Umraum stimmig – richtig positioniert sind, richtig<br />

Gewusstes breit. Ausgestattet mit der wechselseitigen Doppelnatur,<br />

die nun einmal dem literarischen wie dem bildnerischen<br />

Ausdruck innewohnt. Ausgedrückt in der freiesten<br />

und unbegrenztesten Form, die uns die Kreativität bietet.<br />

Mühelos Grenzen überschreitend zwischen Gedicht und Erzählung,<br />

zwischen Literatur und Malerei, zwischen Malerei<br />

und Holzplastik, zwischen all dem und der Architektur, der<br />

Landschaftsplanung. Hier verführt keine Elektronikindustrie<br />

zum unstillbaren Suchtverhalten der Computerspielenden,<br />

hier gähnt nicht der Schlund der Kommerzfalle des Kriegs-

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