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44 Holz|Oktober 2016
Renate Katzer
Die Türe
Johann schlurfte durch das Dorf, ein Dreihundertseelendorf
in 931 Metern Seehöhe. Er hatte ein Vorhaben,
eines seiner seltenen. Seine Holzschuhe klapperten –
durchbrachen die vormittägliche Stille, in der die meisten
Bewohner ihren Geschäften nachgingen.
Johann war ein alter Mann mit schlurfendem Gang und
sanftem Gemüt. Er kam mit wenigen Worten aus, sein
Leben lang schon.
Jetzt ging er über den Kirchplatz, am Friedhof vorbei, ließ
das Gasthaus links liegen, grüßte eine Nachbarin, die es
eilig hatte. Ihm war es recht.
Dann betrat er die Tischlerwerkstätte von Konrad,
Meister über Fensterstöcke, Türen und Särge. Konrad
blickte kurz auf und klopfte die Sägespäne von der blauen
Schürze.
Ein gemurmeltes, Guten Morgen, ging zwischen beiden
hin und her.
Schweigen.
Doch es musste etwas besprochen werden, war beiden
klar. Konrad witterte eines seiner seltenen Geschäfte,
(abgesehen vom verlässlichen Sarggeschäft). Er trug
Sorge, wer wohl seinen eigenen zimmern würde? Er
sollte einen im Vorrat halten, überlegte er.
Konrad war ein schweigsamer Mann, Johann, wie wir
wissen, auch. Wenn man mit Holz zu tun hat, wird man
so, sparsam mit Worten. Höchstens am Sonntag ließ der
Meister ein paar Sätze aus, lächelte fallweise dazu – am
Sonntag hatte Konrad Zeit, Worte zu verschwenden.
Natürlich suchte man nach ihm, rief ihn.
Tagelang. Mann an Mann durchsuchten das Gebiet, seinen
Radius.
Bis auf den heutigen Tag ist nicht erwiesen, dass er sich
irgendwo wieder eingefunden hätte.
Renate Katzer
Geb. 1945 stammend aus den Tiefen des Bregenzerwaldes, in
Salzburg schreibend lebend. Schreibt immer, am liebsten Gedichte.
Veröffentlichungen in Anthologien. Gedichtband: „ Ins
Wort fallen“, Edition Weinviertel. Lyrikpreis 2010, Forum Land NÖ.
Lesungen.
Er brauche eine Türe, ließ sich Johann vernehmen.
So, sagte Konrad. Der Fall ging in Richtung Auftrag.
So einfach wie möglich, du brauchst dir nicht viel Mühe zu
machen. Ich brauche sie lediglich zum ein,-und ausgehen.
Sagte es und wandte sich zur Türe, es ging auf Mittag zu.
Jawohl, hörte er Konrad noch sagen, es wird dauern.
Johann nickte und schlurfte seinen Weg zurück.
Prosa
Der Sommer verlief ereignislos. So gegen Herbst hin
kam Johann nicht mehr heim.
Er ist aus dem Haus gegangen, hinauf in den Wald, vielleicht?
Enstehen des Klangbaumes/2014©Gotthard Obholzer