MOTORRAD Classic 01_02/2017
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Links: Dank Kühlrippen, kleinem Kühler<br />
und weitgehend unter Motordeckeln<br />
versteckten Schläuchen fällt die Wasserkühlung<br />
nicht störend auf. Von oben<br />
nach unten: Der Vierzylinder macht sich<br />
nicht besonders schlank. Blickfänge sind<br />
die schön gestalteten Runduhren des<br />
Cockpits und die Speichenräder mit den<br />
polierten Alufelgen<br />
Vier Zylinder, vier Arbeitstakte<br />
und vier Auspufftöpfe – wie die<br />
Neuinterpretation einer klassischen<br />
Honda auszusehen hat, lag auf der<br />
Hand, als Honda Mitte 1997 die CB 400<br />
Four mit dem Modell-Code NC36 der<br />
Öffentlichkeit präsentierte.<br />
Zu etwas Besonderem machten die<br />
kleine Honda jedoch nicht alleine die traditionellen<br />
Zutaten, mit denen die Vierhunderter<br />
so harmonisch und gekonnt<br />
ihrem legendären Vorbild von 1969 huldigte,<br />
sondern eine herausragende Verarbeitungsqualität<br />
bis ins kleinste Detail.<br />
Schade nur, dass sich hierzulande kaum<br />
jemand daran ergötzen konnte. Die nur<br />
1997 und 1998 angebotene NC36 sollte<br />
nämlich dem japanischen Heimatmarkt<br />
vorbehalten bleiben, wo sich die 400er-<br />
Klasse aufgrund der besonderen Führerscheinregularien<br />
bis heute einer großen<br />
Popularität erfreut.<br />
Glücklicherweise erkannten damals jedoch<br />
einige freie Importeure das Potenzial<br />
der CB 400 und holten die kleine Schönheit<br />
auch nach Deutschland. Bei Preisen<br />
um 11 500 Mark schlugen jedoch nur echte<br />
Liebhaber zu, sodass hierzulande kaum<br />
mehr als ein, zwei Handvoll von der NC36<br />
verkauft wurden. Weshalb man heute verdammt<br />
viel Glück braucht, um überhaupt<br />
ein Exemplar zu finden.<br />
Adrian Stemmler war Fortuna im vergangenen<br />
Jahr hold. Hondas CB-Baureihe<br />
hatte es dem 48-jährigen Hessen schon<br />
lange angetan. „Für mich muss ein Motorrad<br />
einfach so aussehen, wie ein klassisches<br />
Motorrad eben aussieht“, sagt er. Und<br />
meint natürlich die CB 750 Four. „Deren<br />
Linienführung ist absolut zeitlos, sie hat<br />
mir schon immer gefallen.“<br />
So musste der Raumausstatter nicht<br />
lange überlegen, als er das Angebot zum<br />
Kauf der neuwertigen roten CB bekam.<br />
„Das war purer Zufall. Eine gezielte Suche<br />
nach einer NC36 macht wenig Sinn, weil<br />
es zu wenige davon gibt und die meisten<br />
in Liebhaber-Händen sind.“ Die erste<br />
Chance hatte Adrian vertran, weil er zu<br />
lange zögerte. „Das war eine blaue CB.<br />
Doch der Verkäufer hatte noch eine weitere,<br />
eben diese rote, in der Garage stehen.<br />
Also habe ich alle meine Kontaktdaten<br />
hinterlassen, ohne allzu große Hoffnung<br />
allerdings. Doch nach einem halben Jahr<br />
meldete sich der Herr tatsächlich. Und da<br />
habe ich natürlich sofort zugeschlagen!“<br />
Ohne zu verhandeln, versteht sich, dafür<br />
gab es angesichts des hervorragenden<br />
Zustands auch keinen Grund. „Für mich<br />
ist diese CB 400 Four die Erfüllung eines<br />
Traums. Hier passt einfach alles zusammen,<br />
die harmonischen Proportionen, der<br />
klassische Stil und die tolle Verarbeitung.“<br />
Dem kann ich vor Ort nur zustimmen. Die<br />
400er ist wahrlich eine Augenweide. Sieht<br />
so aus, wie sich Eigner einer aktuellen<br />
CB 1100 ihr Krad wünschen würden. Mit<br />
der NC36 könnte man tatsächlich Stunden<br />
in der Garage verbringen, ohne sich sattzusehen.<br />
Noch schöner wirkt Adrians Schmuckstück<br />
jedoch in der Sonne, wo das polierte<br />
Alu der Felgen und Naben sowie der Motordeckel<br />
mit dem Chrom von Schutzblechen,<br />
Auspuff und den Instrumenten um die<br />
Wette strahlt. Die Finger streichen über<br />
gebürstete Oberflächen und satten Lackauftrag<br />
– selbst an den Schweißnähten des<br />
Rahmens –, alles wirkt gediegen. Und so<br />
stimmig, dass mir nicht einmal die Wasserkühlung<br />
des Vierventil-Vierers störend auffällt.<br />
Was auch daran liegt, dass sich die<br />
Schläuche größtenteils unter dem linken<br />
Motordeckel verstecken.<br />
Genug der Bewunderung, rauf auf die<br />
kommod gepolsterte Sitzbank. Zu meiner<br />
Überraschung bietet mir die kleine Honda<br />
genügend Platz, nirgendwo zwickt es. Wie<br />
von selbst finden die Füße ihre Rasten, die<br />
so angebracht sind, dass man sich prima<br />
gegen den Winddruck abstützen kann.<br />
Passend dazu würde ich mir allerdings<br />
einen flacheren Lenker wünschen, der<br />
serienmäßige zwingt mich in eine ziemlich<br />
aufrechte Haltung.<br />
DATEN<br />
Honda CB 400 Four (NC36, 1997–1998)<br />
Motor: Wassergekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, zwei obenliegende, kettengetriebene<br />
Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, über Tassenstößel betätigt, Bohrung x Hub 55 x 42 mm,<br />
Hubraum 399 cm³, Verdichtung 11,3:1 Leistung 53 PS bei 10 000/min, max. Drehmoment 40 Nm<br />
Kraftübertragung: Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Fünfganggetriebe, Kettenantrieb<br />
Fahrwerk: Doppelschleifenrahmen aus Stahlrohr, Telegabel, Ø 41 mm, Zweiarmschwinge aus<br />
Stahlprofilen mit zwei Federbeinen, Drahtspeichenräder mit Alufelgen, Reifen 110/80 H 17 vorn<br />
und 140/70 H 17 hinten, Doppelscheibenbremse vorn (Ø 295 mm), Scheibenbremse hinten<br />
Maße und Gewicht:Radstand 1455 mm, Gewicht vollgetankt 213 kg, Tankinhalt 15 l<br />
Höchstgeschwindigkeit: 158 km/h (Messwert aus <strong>MOTORRAD</strong> 18/1998)<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 1+2/2<strong>01</strong>7 35