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Der Betriebsleiter 9/2015

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BETRIEBSFORUM<br />

KOMMENTAR<br />

Arbeitszeit 4.0<br />

Wie lassen sich Unternehmens- und Mitarbeiterinteressen in Einklang bringen?<br />

Industrie 4.0 bedingt Arbeitszeit 4.0. Welche Problematiken sich<br />

dahinter verstecken und wie Lösungen aussehen können,<br />

darüber macht sich Dr. Burkhard Scherf, Experte für effektiven<br />

Personaleinsatz und Arbeitszeitgestaltung, Gedanken.<br />

I<br />

ndustrie 4.0 ist in aller Munde. Die<br />

digitalisierte, sich selbst steuernde<br />

Produktion soll Unternehmen flexibler<br />

machen. Die neuen Formen der Produktion<br />

stellen auch an die Mitarbeiter<br />

geänderte Anforderungen. Die immer<br />

teureren, hochautomatisierten Anlagen<br />

müssen noch stärker ausgelastet<br />

werden. Dies wird den Trend zu Schichtarbeit<br />

verstärken. Aufgrund kürzerer<br />

Lieferfristen und individuellerer<br />

Produkte werden Produktions- und<br />

Schichtpläne in immer kürzeren Fristen<br />

erstellt. Die Mitarbeiter müssen sehr<br />

flexibel eingesetzt werden, je nach<br />

Auftragslage in kürzeren oder längeren<br />

Schichten, in verschiedenen Hallen und<br />

an unterschiedlichen Maschinen.<br />

Zur Umsetzung von Industrie 4.0<br />

werden also gut qualifizierte und flexible<br />

Mitarbeiter gebraucht. Vor dem Hintergrund<br />

der aktuellen demografischen<br />

Entwicklung ist ein Mangel an gut<br />

qualifizierten Mitarbeitern absehbar<br />

und dies in nahezu allen Bereichen und<br />

über alle Hierarchiestufen hinweg.<br />

<strong>Der</strong> demografische Wandel geht mit einem<br />

Wertewandel einher. Gerade für junge<br />

Menschen ist eine ausgewogene Work-Life-<br />

Balance wichtiger als Geld und hierarchischer<br />

Aufstieg. Berufstätigkeit muss sich auch<br />

immer mehr mit Kindererziehung und<br />

Pflegezeiten in Einklang bringen lassen.<br />

Ältere Menschen müssen entlastet werden,<br />

sie brauchen nach mehreren Jahrzehnten<br />

körperlicher Arbeit ggf. in Verbindung mit<br />

Schichtdiensten eine Reduzierung ihrer<br />

Arbeitszeit, um überhaupt noch in einem<br />

aktiven Beschäftigungsverhältnis das<br />

steigende Renteneintrittsalter zu erreichen.<br />

Die händeringend gesuchten gut qualifizierten<br />

Mitarbeiter werden sich in Bezug<br />

„Ein hohes Maß an Flexibilität fordert sowohl auf Seiten der<br />

Arbeitnehmer als auch bei den Arbeitgebern ein Umdenken“<br />

auf ihre Arbeitszeit sehr wahrscheinlich<br />

nicht einfach den Anforderungen ihres<br />

Arbeitgebers beugen, sondern sich Arbeitgeber<br />

suchen, bei denen neben inhaltlich<br />

anspruchsvollen Tätigkeiten und einem<br />

hohen Maß an Flexibilität vor allem auch<br />

planbare Freizeit übrig bleibt.<br />

Arbeitgeber sind für eine erfolgreiche<br />

Positionierung in den Märkten der Zukunft<br />

gezwungen, flexible Arbeitszeitlösungen zu<br />

finden, die ihren Produktionsanforderungen<br />

genügen und gleichzeitig auch auf<br />

Zustimmung bei ihren Mitarbeitern stoßen.<br />

Es klingt fast wie die Quadratur des Kreises:<br />

Flexibler, dem Produktionsbedarf entsprechender<br />

Einsatz von Mitarbeitern in<br />

Schichtsystemen – und die Mitarbeiter<br />

sollen das auch noch attraktiv finden? Die<br />

Frage ist: Kann dies funktionieren?<br />

Erzwungen und befohlen werden kann dies<br />

sicherlich nicht. Ein hohes Maß an Flexibilität<br />

fordert sowohl auf Seiten der<br />

Dr. Burkhard Scherf, Dr. Scherf Schütt &<br />

Zander GmbH, Feldkirchen bei München<br />

Arbeitnehmer als auch bei den Arbeitgebern<br />

ein Umdenken, das nur in Form<br />

eines kontinuierlichen Prozesses<br />

erreicht werden kann. Zur flächendeckenden<br />

Umsetzung sind intelligente<br />

Lösungen gefragt: Arbeitszeitmodelle,<br />

die auf der einen Seite den individuell<br />

unterschiedlichen Grad an Flexibilität<br />

nutzen, den verschiedene Mitarbeitergruppen<br />

mitbringen. Und die andererseits<br />

Anreize für freiwillige Flexibilität<br />

der Mitarbeiter erzeugen.<br />

Das Lösungskonzept hierfür heißt<br />

„Arbeitszeit 4.0“ und die dafür erforderlichen<br />

Werkzeuge sind heute bereits<br />

verfügbar: flexible Schichtsysteme,<br />

systematische Berücksichtigung der<br />

individuellen Flexibilität der Mitarbeiter,<br />

klar strukturierte Planungsprozesse,<br />

individuelle Lebensarbeitszeitmodelle<br />

und leistungsfähige Softwaresysteme zur<br />

Personaleinsatzplanung. Wichtig ist, die<br />

Interessen von Unternehmen und<br />

Mitarbeitern so gut wie möglich aufeinander<br />

abzustimmen. Dazu werden auf<br />

beiden Seiten Kompromisse erforderlich.<br />

Wenn aber die Anforderungen hoch -<br />

flexibler, auch kurzfristig aktualisierter<br />

Produktionspläne zu 90 % abgebildet<br />

werden und gleichzeitig dabei auch die<br />

Mitarbeiterwünsche zu 90 % realisiert<br />

werden können, wäre schon viel erreicht.<br />

Weil die Nutzung freiwilliger Flexibilitätsangebote<br />

der Mitarbeiter ein<br />

zentraler Bestandteil von Arbeitszeit 4.0<br />

ist, führt deren Umsetzung nicht zur<br />

Konfrontation mit Mitarbeitern und<br />

Betriebsräten. Vielmehr ermöglicht<br />

dieses Konzept eine Win-Win-Situation<br />

für Betrieb und Beschäftigte.<br />

www.ssz-beratung.de<br />

8 <strong>Der</strong> <strong>Betriebsleiter</strong> 9/<strong>2015</strong>

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