Inhaltsverzeichnis - Fraukefeind

„Du bist für mich ein Mann, Shawn, viel zu sehr. Ich wäre dankbar, wenn ich dich deut-
lich mehr als Patient sehen könnte. Denn dann hätte ich nicht diese starken Gefühle für dich
entwickelt.“ Sie schwieg einen Moment. Schließlich fragte sie ruhig: „Wie soll es jetzt weiter
gehen?“ Sie wollte Shawn diese Entscheidung überlassen. Der Schauspieler brauchte nicht zu
überlegen.
„Wir werden uns an deinen Plan halten, ich möchte dich nicht bedrängen. Ich werde nach
Hause gehen und erst einmal versuchen, mir ein Leben aufzubauen. Ich weiß, es wird mir
extrem schwer fallen, aber da muss ich durch. Du hast mir heute eine riesige Angst genom-
men. Das ist für mich ungeheuer wichtig gewesen, verstehst du? Es ist nicht nur das Gefühl ...
oh man, ich komme mir so blöde vor ... Es ist nicht nur das Gefühl, als Mann anerkannt zu
werden, es ist ... Es ist extrem wichtig für mich, langsam wieder Kontrolle über mein Leben
zu bekommen. Ich habe schon so lange nichts mehr im Griff ... Seit Januar diktieren mir ande-
re, was ich zu tun oder zu lassen habe. Ich muss allmählich das Gefühl haben, wieder einmal
selbst etwas entscheiden zu können. Sonst werde ich mein Leben nie in den Griff kriegen. Ich
muss in die Gänge kommen. Sonst habe ich bald den Eindruck, völlig unfähig zu sein.“
Kelly nickte verstehend. „Darum ist es unter anderem so extrem wichtig, dass du nach
Hause gehst, dass du ohne mich klarkommst. Es bleibt nicht aus, dass sich bei dieser Art der
Intensivtherapie ein festes Band zwischen Patient und Therapeut entwickelt. Wir sind erst
einmal dazu da, dem Patienten über sein Trauma hinweg zu helfen. Wenn das geschafft ist,
muss der Patient lernen, ohne unsere Rückendeckung klar zu kommen. Das ist ein wichtiger
Schritt zurück ins Leben. Du hast gerade den ersten Schritt dorthin gemacht. Und alle weite-
ren wirst du ebenfalls schaffen.“
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38) Auf Dundees Spuren
Liebe ist eine Hörigkeit, die den anderen zum Fetisch macht.
Ernest Bornemann
Am kommenden Morgen war Shawn früh wach. Er rollte sich auf die Seite und beobach-
tete Kelly einen Moment im Schlaf. Seit dem vergangenen Nachmittag fühlte er neue Kräfte
in sich. Er war seit seiner Ankunft bei Kelly noch nie so sicher gewesen, dass alles gut werden
würde. Zwar bedrücke ihn die Tatsache, sich früher oder später von der jungen Frau trennen
zu müssen, noch extrem stark, aber er war überzeugt, das auch zu schaffen. Er wusste, dass
seine Liebe zu ihr die Trennung überdauern würde und sie eine Chance auf ein gemeinsames
Leben bekommen würden. An dieser Hoffnung würde er sich festhalten müssen. Andere Ge-
danken wollte Shawn erst einmal nicht zulassen. Die Tatsache, dass Kelly ihn sehr wohl als
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