Gsungen & G\'spielt 4/2016
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INT´RESSANTERWEIS<br />
nur, wenn man manchmal etwas Neues<br />
zulässt bzw. die Jugend anspricht. In der<br />
sogenannten traditionellen Volksmusikszene<br />
gibt es – rein in Verkaufszahlen<br />
gemessen – keine ausgesprochenen<br />
weihnachtlichen Exportschlager. Hier<br />
zählen vielmehr das entsprechende Ambiente<br />
und die Auswahl des tradierten<br />
Musik- und Liedgutes. Und dies hat seinen<br />
berechtigten eigenen Charme, der<br />
gekonnt alpines Flair mit weihnachtlicher<br />
Überlieferung zu verbinden weiß.<br />
Weisenbläser, Haus- und Familienmusikgruppen,<br />
Blasmusikkapellen oder<br />
Chöre verstehen es, neue und alte Volksmusik<br />
entsprechend zu interpretieren<br />
und sie in den Kontext der Adventzeit<br />
zu stellen. Tiroler Musik ist eben lebendig<br />
– auch in der Weihnachtszeit. Dies<br />
ist kein Phänomen des schnelllebigen<br />
Zeitgeistes, kein Zugeständnis an touristische<br />
Ambitionen, sondern ein über<br />
Jahrhunderte gewachsener Um- und Zugang<br />
mit der Musik.<br />
Die Verkündigung an die Hirten – ein beliebtes Motiv in der christlichen Kunst – wird im Alpenraum<br />
theatralisch mit dem „Hirtenschlaf“ verarbeitet. (Joachim Wtewael, Annunciation to the<br />
Shepherds, 1606)<br />
gibt es auch Brauchauszüge und adventlich<br />
angepasste Literatur. Eine – man<br />
wage es zu sagen – moderne Interpretation<br />
des volksreligiösen Schauspiels<br />
früherer Jahrhunderte.<br />
Bläserweisen<br />
Auch das Weisen- bzw. Turmblasen ist<br />
nunmehr untrennbar mit Weihnachten<br />
verbunden. Es klingt in Kirchen, Theatersälen<br />
und von Türmen – nicht als bloßer<br />
Hintergrund, wenn auch manchmal<br />
allein für Christkindlmärkte. Gerade in<br />
den Gemeinden spielen diese kleinen,<br />
aber feinen Auftritte eine wichtige Rolle:<br />
Sie sind gewissermaßen sozialer Kitt,<br />
der die Dorfgemeinschaft verbindet.<br />
Und da darf man es sich schon einmal<br />
erlauben, moderne Arrangements aufzunehmen<br />
– denn die Volkskultur lebt<br />
Vor mehr als 180 Jahren haben Tiroler<br />
Sänger begonnen das Weihnachtslied<br />
„Stille Nacht, heilige Nacht“ in der<br />
Welt zu verbreiten – damals schon ein<br />
„Kassenschlager“, dann „ächtes Volkslied“<br />
und heute traditionelles bzw.<br />
weltweites Kulturgut. Tirols musikalische<br />
Botschafter tragen sicher auch in<br />
Zukunft dazu bei, dass Volksliedgut –<br />
nicht nur zur Weihnachtszeit – in allen<br />
Ohren klingt und wiedererkannt wird.<br />
Und dafür muss man keine großen Musikhallen<br />
füllen.<br />
Gar so still ist die Weihnachtszeit eben<br />
nicht. Es kommt nur auf die bewusste<br />
Vermittlung an – ganz nach dem Motto:<br />
„Kommet ihr Hirten, ihr Männer und<br />
Frau’n ...“ nicht zum Weihnachtsshopping,<br />
sondern um heimisches Musikgut<br />
wiederzubeleben, neu zu entdecken und<br />
ganz einfach zu genießen.<br />
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G‘SUNGEN & G‘SPIELT | 41. JAHRGANG | HEFT 04 | DEZEMBER <strong>2016</strong>