Gsungen & G\'spielt 4/2016
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KREIZWEIS<br />
BRAUCHDUMM<br />
Text: Reibeisen<br />
Was das Reibeisen BRAUCHT, UM glücklich<br />
zu sein? Das mag jetzt für viele von Ihnen<br />
pathetisch klingen, aber die zahlreichen<br />
kulturellen Highlights gelebten Brauchtums<br />
in Tirol lassen das Reibeisenherz jährlich<br />
höher schlagen! Besonders in der Zeit zwischen<br />
Mitte November und Anfang Dezember<br />
befindet sich das Reibeisen im Ausnahmezustand.<br />
Von der „Höllenrocknacht“ über<br />
„Krampus Clubbing“ bis hin zu „Krampuskränzchen<br />
& Gogo Night“: sämtliche „Teuflshows“<br />
werden landauf, landab zelebriert,<br />
um das Erbe der Väter zu bewahren. Nicht<br />
zu vergessen sind natürlich auch die Perchten<br />
im Unterinntal, die bereits um die Mittagszeit<br />
besoffen im Straßenrand liegen und<br />
mit ihren aus Benzinkanistern umfunktionierten<br />
Trommeln (Tampern) für Angst und<br />
Schrecken sorgen. Hier gäbe es noch einige<br />
andere „Bräuche“ (etwa die zahlreichen Almabtriebsevents)<br />
im Jahreskreis aufzuzählen,<br />
worauf das Reibeisen aber verzichtet.<br />
Durch die Advent- und Weihnachtszeit<br />
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Advent- und Weihnachtslieder<br />
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(G C F B / B Es As Des)<br />
ª sinnvolle und ausgeklügelte<br />
Zusammenstellung<br />
ª chronologisch und thematisch<br />
geordnete Abfolge der Stücke -<br />
beginnend mit dem 1. Advent<br />
bis hin zum Dreikönigstag<br />
ª Die gesungenen Lieder sind mit<br />
Texten versehen: eine Einladung an<br />
die ganze Familie zum Mitsingen!<br />
Es erwartet euch eine musikalische<br />
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Was ist heutzutage Brauchtum?<br />
Vielmehr möchte das Reibeisen der Frage<br />
auf den Grund gehen, was eigentlich<br />
heutzutage Brauchtum ist. In einer Zeit<br />
der Abschottungs- und Abgrenzungspolitik<br />
wird der Begriff ja geradezu inflationär<br />
verwendet: Jedes Land, ja jede Region besinnt<br />
sich mehr denn je seiner bzw. ihrer alten<br />
Traditionen und Bräuche, um sich vom<br />
Rest des Landes, Europas, der Welt abzuheben.<br />
Anstoß für diese Überlegungen war<br />
ein Gespräch im Congresshaus Innsbruck<br />
während des Alpenländischen Volksmusikwettbewerbs,<br />
das das Reibeisen zufällig<br />
mithören durfte. Ein Mann, seiner Tracht<br />
nach zu schließen aus Bayern, beklagte<br />
sich darüber, dass nun auch schon viele<br />
Mädchen Lederhosen statt Dirndln tragen<br />
würden und überhaupt seien einige BesucherInnen<br />
nicht der Veranstaltung entsprechend<br />
gekleidet. Es sei nun einmal Brauch,<br />
dass man sich an solch einem Ereignis auch<br />
dementsprechend kleidet, sprich die Burschen<br />
in Lederhosen und die Mädchen eben<br />
im Dirndl. Nun ist das Dirndlkleid ein Paradebeispiel<br />
für das Dilemma, in dem sich das<br />
Reibeisen hier befindet: Ab wann darf etwas<br />
als Brauchtum bezeichnet werden? Das<br />
Dirndl etwa, wie wir es heute kennen, setzte<br />
sich erst ab ungefähr 1870/80 in der Oberschicht<br />
des städtischen Sommerfrischepublikums<br />
als „ländliches“ Kleid durch. Darf<br />
etwas nach 150 Jahren also als Brauchtum<br />
bezeichnet werden? Was ist mit den heutigen<br />
so genannten „Oktoberfest-Dirndln“,<br />
die sich etwa durch ihre Kürze und großzügige<br />
Dekolletés „auszeichnen“? Zählt das<br />
auch schon dazu?<br />
Brauchtum oder Brauchdumm?<br />
Das Reibeisen wird Ihnen die Antwort<br />
schuldig bleiben. Faktum ist jedoch: Genauso<br />
wie unsere Sprachen (Dialekte), unsere<br />
Musik (Volksmusik) etc. einem ständigen<br />
Wandel unterworfen sind, wird sich<br />
auch das so genannte Brauchtum im Laufe<br />
der Zeit immer wieder weiterentwickeln.<br />
Ob sich dieser „Fortschritt“ dann immer<br />
noch als Brauchtum bezeichnen lässt<br />
oder Brauchdumm der bessere Begriff für<br />
manche Entwicklungen wäre, das bleibt<br />
dahingestellt. Besinnliche Weihnachten<br />
und ein gutes neues Jahr wünscht das<br />
Reibeisen!<br />
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G‘SUNGEN & G‘SPIELT | 41. JAHRGANG | HEFT 04 | DEZEMBER <strong>2016</strong>