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Gsungen & G\'spielt 4/2016

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RÜCKSICHT<br />

Der Herma Haselsteiner-Preis als besondere Auszeichnung für Ausgezeichnete. (Foto: Ralph Kapavik)<br />

zauberten und durchrationalisierten Welt<br />

verstanden werden.<br />

Beim Festabend<br />

Während am samstäglichen Vormittag<br />

und Nachmittag die Innsbrucker Innenstadt<br />

bei „Aufg´horcht“ mit echter<br />

Volksmusik und deren verschiedenen<br />

Spielarten feinst bespielt wurde, war die<br />

Situation beim Festabend gänzlich anders.<br />

Die gesamte Innenstadt und deren schönste<br />

Plätze wurden durch eine einzige Festbühne<br />

getauscht. Das hat natürlich Konsequenzen.<br />

Während es in der Stadt um das<br />

atmosphärische Gesamterlebnis und die<br />

Erfahrung der fast schon überwältigenden<br />

Vielseitigkeit der verschiedensten Trachten<br />

und Klein-Konzerte ging, war am<br />

Abend das Ohr genauestens auf die Musikalität<br />

der Interpreten gerichtet. Schließlich<br />

wollte an die herausragenden Interpreten<br />

auch der mit je 4000 Euro dotierte<br />

Herma Haselsteiner-Preis verliehen sein.<br />

Neben die bloße Freude am gemeinsamen<br />

Musikmachen und der Begegnung an sich<br />

gesellte sich somit dann doch ein dezenter<br />

Leistungsgedanke. Natürlich lassen sich<br />

Musik und Musikalität nicht vollständig<br />

objektiv bewerten. Die Jury bewies dennoch,<br />

dass herausragende Musikalität und<br />

Innovations-Potential hörbar sind, zumal<br />

exakt jene Musikerinnen und Musiker<br />

ausgezeichnet wurden, die sich auf besonders<br />

interessante Weise zwischen den<br />

Polen Tradition und Neuerung bewegten.<br />

Dadurch wurden auch die unterschiedlichen<br />

Funktionen von authentischer Volksmusik<br />

offengelegt. Zum einen geht es darum,<br />

Traditionen zu wahren, Überlieferung<br />

von altem Liedgut zu gewährleisten und<br />

die Lust am Musizieren an sich zu forcieren.<br />

Damit werden die bereits beschriebenen<br />

Nuancen und Unterschiede in den<br />

jeweiligen Regionen erhalten und vor einer<br />

Angleichung geschützt. Andererseits<br />

sollen die Traditionen auch weitergedacht<br />

und altbekannte Lieder neu interpretiert<br />

oder gar neue gefunden und komponiert<br />

werden. Dabei ist nicht vorrangig Virtuosität<br />

um der Virtuosität Willen gefragt,<br />

sondern vor allem Wagemut und Spielfreude.<br />

Nicht der virtuoseste Musiker oder<br />

die virtuoseste Musikerin wird eine Auszeichnung<br />

einheimsen, sondern der- oder<br />

diejenige mit der größten Sensibilität den<br />

Traditionen und Konventionen der Volksmusik<br />

gegenüber, bei der gleichzeitigen<br />

Gabe, diese auf möglichst musikalische<br />

Art und Weise zu erweitern und zu ergänzen.<br />

Es gilt, das Vokabular und die Spielarten<br />

zu beherrschen, die tradiert wurden<br />

und zugleich diese Spielarten und dieses<br />

Vokabular neu zu beleuchten und auszulegen.<br />

Gutes und Herausragendes<br />

Aus den verschiedenen Funktionen der<br />

Volksmusik und aus dem unterschiedlichen<br />

musikalischen Niveau der Teilnehmer<br />

resultierte auch ein höchst bunter<br />

und hochinteressanter Abend. Tatsächlich<br />

stand die Freude am gemeinsamen<br />

Musizieren und der Begegnung im Vordergrund.<br />

Insgesamt lässt sich von einer<br />

bemerkenswerten Bestandsaufnahme des<br />

Zustandes der alpenländischen Volkmusik<br />

in der Gegenwart sprechen. Im Laufe des<br />

fast dreistündigen Festabends traf Gutes<br />

auf Herausragendes. Das Gute zeigte auf,<br />

in welchem Umfeld auf welche Weise musiziert<br />

wird. Vor allem die vielen jungen<br />

Musikantinnen und Musikanten rissen das<br />

Publikum ob ihrer unverstellten Musikalität<br />

zu Begeisterungsstürmen hin. Dass die<br />

Familie eine tragende Säule der Weitergabe<br />

dieser Musik ist, hat der Abend außerdem<br />

nur allzu eindrucksvoll bewiesen.<br />

Die Jury befand letzten Endes aufgrund<br />

der vorangegangenen Wertungsspiele an<br />

den Tagen zuvor fünf Gruppierungen als<br />

preiswürdig. In der Kategorie „Singende<br />

Familie“ war es der „Junge Egger 3/4<br />

Gesang“, in der Kategorie „Singende Geschwister“<br />

der „Lämmerer Viergesang“,<br />

bei der „Spielenden Familie“ die „Familienmusik<br />

Huber“, im Bereich Instrumentalgruppe<br />

„Die Wengerboch Musi“ und<br />

das „Harfenduo Außerlechner/Strasser“.<br />

Tatsächlich ragten, mit „freiem Ohr“ gut<br />

hörbar, diese Musikerinnen und Musiker<br />

heraus. Sie gingen noch eine Spur sensibler<br />

ans Werk. Sie erweiterten das verinnerlichte<br />

Vokabular um so manch interessante<br />

Nuance, die man so noch nicht gehört<br />

hatte. Zum Traditionsbewusstsein gesellte<br />

sich mehr als nur eine Brise Kunstsinnigkeit.<br />

Nach dem Abend war klar, dass man<br />

sich keine Sorgen machen musste. Weder<br />

um die Jugend noch um die Volksmusik.<br />

Sie wird, gerade bei solchen Veranstaltungen,<br />

gehegt und gepflegt und nicht zuletzt<br />

auch weitergedacht.<br />

G‘SUNGEN & G‘SPIELT | 41. JAHRGANG | HEFT 04 | DEZEMBER <strong>2016</strong> 29

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