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Gsungen & G\'spielt 4/2016

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einer Methode, die damals als „wissenschaftlich“<br />

galt: Seine Verkündigungsund<br />

Seher-Szenen, aus denen zum Teil<br />

Gebete wurden (Magnificat, Benedictus<br />

und Completorium), sind Montagen von<br />

Zitaten von Prophezeihungen im Alten<br />

Testament.<br />

Das bringt es mit sich, dass der Text<br />

spröde ist. Wenn man daraus ein Stück<br />

machen will, muss man das, was in einem<br />

Drama interessiert – das Menschliche,<br />

Emotionale – dazuerfinden. Norbert<br />

Mladek und ich einigten uns auf eine<br />

Erzählerfigur, die nicht in der Bibel erwähnt<br />

ist, aber die Weihnachtsgeschichte<br />

aus ihrer Warte schildern bzw. wiedererleben<br />

kann.<br />

Dramaturgischer Kunstgriff<br />

Diese Erzählerin und Hauptperson der<br />

Geschichte ist eine Putzfrau. Damit<br />

sie arbeiten kann, wird sie von einer<br />

Dachluke im Herodianischen Tempel in<br />

Jerusalem abgeseilt, denn Nichtpriestern<br />

war untersagt, die Schwelle zu übertreten.<br />

Das ist historisch. Die jüdischen<br />

Schriftgelehrten waren – und sind heute<br />

noch – Meister in der spitzfindigen Umgehung<br />

von Geboten. Aufgrund ihrer<br />

Tätigkeit lernt unsere Heldin der Reihe<br />

nach alle anderen Figuren kennen, die<br />

in den ersten zwei Kapiteln des Lukas-Evangeliums<br />

vorkommen.<br />

Das oben erwähnte Team Kostner-Mladek-Tschörner<br />

hat dann diese Struktur<br />

aufgebrochen und erweitert. So bekamen<br />

etwa die Hirten eine eigene Szene,<br />

in die weitere Lieder eingebaut werden<br />

konnten, und Norbert Mladek hat noch<br />

viele Ideen, die das Personal des Stücks<br />

und seine Umsetzung betreffen, die er<br />

jedoch hier noch nicht verraten möchte.<br />

Schließlich liefert ein guter Regisseur<br />

nicht nur ein schlüssiges, kohärentes<br />

Konzept, sondern muss auch flexibel<br />

bleiben. Er beschäftigt sich zwar detailliert<br />

mit dem Text und dessen Hintergrund,<br />

versucht aber dann alles zu<br />

nutzen, was die Schauspieler aufgrund<br />

ihrer unterschiedlichen Persönlichkeiten<br />

mitbringen, was sie ihm anbieten und<br />

was sich aus der Dynamik des Probenprozesses<br />

an Erkenntnissen und szenischen<br />

Einfällen ergibt. Mladek kümmert<br />

sich auch um bzw. kreiert die Kostüme<br />

und schafft das Bühnenbild. Nach seinem<br />

Konzept gefragt, meint er, was<br />

er zu sagen habe, würde sich in seiner<br />

Inszenierung, also durch den formalen<br />

Ablauf, durch szenische und projizierte<br />

Bilder und durch sprachliche Mittel ausdrücken.<br />

Toleranz der Religionen<br />

Vielleicht sollte ich noch die wichtigste<br />

– oder sagen wir – die Erkenntnis<br />

mit dem stärksten Zeitbezug erwähnen,<br />

die mir die Arbeit am Stück bisher gebracht<br />

hat. Meine Figuren, die bis auf<br />

die Putzfrau historisch sind, waren alle<br />

gläubige Juden, die die Gesetze ihrer<br />

Religion auf exemplarische Weise befolgten.<br />

Trotzdem wurden sie heiliggesprochen<br />

und werden von Katholiken<br />

verehrt. Das macht Hoffnung, dass einer<br />

der weisesten und menschlichsten Texte<br />

der deutschen Literatur, die berühmte<br />

„Ringparabel“ in Lessings Drama Nathan<br />

der Weise nicht nur eine Utopie ist:<br />

Das Christentum ist die zweite der drei<br />

großen Religionsgemeinschaften, die<br />

einander heute auch in Mitteleuropa oft<br />

mit Argwohn, mit Angst und manchmal<br />

mit Hass begegnen. Als dieses Christentum<br />

entstand, war es aber offenbar möglich,<br />

dass eine Religionsgemeinschaft<br />

(die Christen) anerkannte, dass Mitglieder<br />

einer anderen (die Juden) nicht nur<br />

danach strebten, sondern es tatsächlich<br />

fertigbrachten, die Richtigkeit ihrer Religion<br />

durch ein gottgefälliges Leben zu<br />

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