O+P Fluidtechnik 4/2017
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VERBINDUNGSELEMENTE<br />
1. EINLEITUNG<br />
Bei der Auslegung von transient durchströmten Rohrleitungen<br />
kommt dem Druckstoß häufig die Rolle des dimensionierenden<br />
Lastfalls zu. Ein Druckstoß stellt sich beispielsweise dann ein, wenn<br />
ein durch eine Rohrleitung strömender Volumenstrom Q infolge<br />
eines abrupten Ventilschließvorgangs eine rasche Änderung um<br />
∆Q erfährt. Die Änderung des Impulses der Fluidsäule wird dabei<br />
in einen Druckanstieg ∆p umgesetzt. Gemäß der vereinfachten<br />
Theorie von Joukowski lässt sich der Druckanstieg aus der folgenden<br />
Beziehung ermitteln, wobei a die effektive Schallgeschwindigkeit<br />
im Fluid bezeichnet [1]:<br />
ρa<br />
∆ p = ∆Q<br />
A<br />
Die bei einem Druckstoß zu beobachtende Druckerhöhung hängt<br />
also wesentlich von der effektiven Schallgeschwindigkeit a ab.<br />
Neben der Höhe von Druckstößen beeinflusst die effektive Schallgeschwindigkeit<br />
ebenfalls die Frequenzlage von Leitungsresonanzen.<br />
Da ein Zusammentreffen der erregenden Frequenzen<br />
(z. B. Pulsationsfrequenz einer Kolbenpumpe) und Resonanzfrequenzen<br />
der Rohrleitung durch konstruktive Maßnahmen<br />
möglichst vermieden werden sollte, wird die effektive Schallgeschwindigkeit<br />
teilweise bereits im Entwurfsstadium einer Anlage<br />
benötigt. Eine rationelle Dimensionierung von dynamisch belasteten<br />
Rohrleitungen setzt daher eine möglichst genaue Kenntnis<br />
dieser Größe voraus.<br />
Wird das Fluid in einer unendlich steifen Leitung geführt, so entspricht<br />
die effektive Schallgeschwindigkeit a der isentropen Schallgeschwindigkeit<br />
a s<br />
des reinen Fluids. Für Leitungen mit endlicher<br />
Steifigkeit ist a teilweise erheblich gegenüber a s<br />
reduziert.<br />
In der Literatur werden zahlreiche Verfahren zur rechnerischen<br />
Ermittlung der effektiven Schallgeschwindigkeit aus Fluideigenschaften<br />
und Konstruktionsdaten der Leitung angegeben [2] [3] [4].<br />
Die mitgeteilten Ansätze basieren in der Regel auf vereinfachenden<br />
Annahmen bezüglich der Spannungsverteilung innerhalb der<br />
Rohrwand. Darüber hinaus wird der Beitrag der Längenänderung<br />
der Leitung zur Änderung des von der Leitung umschlossenen Volumens<br />
von vielen Autoren vernachlässigt.<br />
In der vorliegenden Arbeit wird von diesen Vereinfachungen Abstand<br />
genommen; stattdessen erfolgt eine ausführliche Herleitung<br />
der exakten Beziehungen zur Ermittlung der effektiven Schallgeschwindigkeit,<br />
die um Betrachtungen zur praktischen Anwendung<br />
der Gleichungen ergänzt wird. Zunächst werden die wesentlichen<br />
physikalischen Grundlagen behandelt.<br />
2. GRUNDLAGEN<br />
Die theoretische Ermittlung der effektiven Schallgeschwindigkeit<br />
beruht auf der Analyse bestimmter Terme der Kontinuitätsgleichung.<br />
Bevor diese Untersuchung durchgeführt wird, werden<br />
einige vereinfachende Annahmen eingeführt:<br />
n Der durchströmte Querschnitt A der Leitung ist kreisförmig und<br />
stets vollständig vom Fluid ausgefüllt.<br />
n Die Strömung ist rotationssymmetrisch um die Rohrlängsachse<br />
(z-Richtung). Dementsprechend sind die Umfangskomponente<br />
u ϕ<br />
der Strömungsgeschwindigkeit sowie alle Derivativa der Strömungsgrößen<br />
in Umfangsrichtung ∂/∂ϕ gleich Null.<br />
n Die Betrachtungen werden auf den Frequenzbereich beschränkt,<br />
in dem keine radialen Moden des Fluids oder der Rohrwand erregt<br />
werden, weswegen das Strömungsfeld mit den Methoden der<br />
eindimensionalen Wellentheorie vollständig beschrieben werden<br />
kann. Entsprechend wird der radiale Druckgradient für alle Zeiten<br />
und Strömungsformen gleich Null angenommen.<br />
n Die mechanischen Eigenschaften des Leitungswerkstoffs sind<br />
isotrop.<br />
(1)<br />
Im Folgenden werden die wichtigsten Grundgleichungen zur rechnerischen<br />
Ermittlung der effektiven Schallgeschwindigkeit vorgestellt.<br />
2.1. KONTINUITÄTSGLEICHUNG<br />
Unter Berücksichtigung der eingeführten Annahmen reduziert sich<br />
die Kontinuitätsgleichung für eine eindimensionale, kompressible<br />
Rohrströmung auf folgenden Ausdruck:<br />
1dρ<br />
1 ∂Q 1 dA 1dl<br />
+ + + = 0 (2)<br />
ρ dt A ∂z A dt l dt<br />
Für die fluidtechnische Praxis ist die totale Dichteänderung dρ/dt<br />
eine wenig anschauliche Größe. Diese wird daher im nächsten Abschnitt<br />
unter Verwendung der Definitionsgleichung der isentropen<br />
Schallgeschwindigkeit durch die Druckänderung dρ/dt ausgedrückt.<br />
Im übernächsten Abschnitt wird gezeigt, wie die Änderung<br />
des durchströmten Querschnitts ebenfalls in Abhängigkeit der<br />
Druckänderung formuliert werden kann.<br />
2.2. ISENTROPE SCHALLGESCHWINDIGKEIT<br />
Die Schallgeschwindigkeit ist ein Maß für die Geschwindigkeit, mit<br />
der sich Druckstörungen in einem Medium ausbreiten. Sieht man<br />
von viskosen Einflüssen ab, so geschieht die Ausbreitung von<br />
Druckstörungen praktisch verlustfrei, d. h. isentrop. Die entsprechende<br />
isentrope Schallgeschwindigkeit a s<br />
ist durch die folgende,<br />
erstmals von Laplace angegebene Beziehung definiert [5]:<br />
⎛ ∂p<br />
⎞<br />
a<br />
2 s<br />
: = ⎜ ⎟<br />
(3)<br />
⎝∂ρ<br />
⎠<br />
s<br />
Erfolgt die Dichteänderung näherungsweise isentrop (ds ≈ 0), so<br />
lässt sich die zeitliche Dichteänderung durch die Druckänderungsrate<br />
ausdrücken:<br />
dp ⎛ ∂p ⎞<br />
dρ<br />
1 dp<br />
lim = = a ⇔ lim =<br />
(4)<br />
t a t<br />
2<br />
⎜ ⎟ s<br />
ds→0 d 0<br />
2<br />
dρ<br />
ρ<br />
s→<br />
⎝∂<br />
⎠<br />
d<br />
s<br />
d<br />
s<br />
Weiterhin kann gezeigt werden, dass das Produkt der Fluiddichte<br />
und des Quadrats der isentropen Schallgeschwindigkeit dem<br />
isentropen Kompressionsmodul K s<br />
des Fluids gleich ist. Damit lässt<br />
sich schreiben:<br />
1dρ<br />
1 dp<br />
1 dp<br />
= =<br />
ρ t ρa t K t<br />
2<br />
d<br />
s<br />
d<br />
s<br />
d<br />
Der Kompressionsmodul ist daher ein Maß für den Widerstand,<br />
den ein Fluid einer Dichteänderung (respektive einer Änderung des<br />
spezifischen Volumens) infolge einer allseitig wirkenden Druckänderung<br />
entgegensetzt.<br />
2.3. KINEMATIK DER VERFORMUNGEN<br />
Die relativen Änderungen der Rohrlänge l und des durchströmten<br />
Querschnitts A können durch die axialen und tangentialen Dehnungen<br />
ausgedrückt werden. Für die Änderungsrate der Rohrlänge<br />
gilt folgende Beziehung, wobei ε z<br />
die Dehnung in Richtung der<br />
Rohrachse bezeichnet.<br />
1dl<br />
dε<br />
z<br />
=<br />
l dt dt<br />
Die relative Änderung des durchströmten Querschnitts A kann<br />
durch die Änderung des Innenradius r i<br />
der Rohrleitung ausgedrückt<br />
werden. Die relative Radienänderung wiederum kann mit<br />
der Tangentialdehnung ε ϕ<br />
formuliert werden:<br />
(5)<br />
(6)<br />
<strong>O+P</strong> <strong>Fluidtechnik</strong> 4/<strong>2017</strong> 67