O+P Fluidtechnik 4/2017
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VERBINDUNGSELEMENTE<br />
FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG PEER REVIEWED<br />
∆ a a0 − a =<br />
(35)<br />
a a<br />
Da in der vorliegenden Arbeit drei verschiedene Lagerungsbedingungen<br />
behandelt wurden, ergibt sich eine entsprechende Anzahl<br />
unterschiedliche Fehlermaße. Wie im vorigen Abschnitt gezeigt<br />
wurde, unterscheiden sich die Schallgeschwindigkeiten der verschiedenen<br />
Randbedingungen für μ = 0,3 untereinander nur sehr<br />
wenig, weswegen der Einfachheit halber das arithmetische Mittel<br />
aus allen drei Fehlermaßen angegeben wird. Auch hier hängt das<br />
(mittlere) Fehlermaß neben der relativen Wandstärke vom Steifigkeitsverhältnis<br />
ab. Zur Veranschaulichung dieses Sachverhalts sind<br />
die Fehlermaße daher für verschiedene Steifigkeitsverhältnisse<br />
1 > K s<br />
/E > 0,01 in Bild 03 dargestellt.<br />
Naturgemäß steigt der durch die Näherungsgleichungen eingeführte<br />
Fehler mit größer werdender relativer Wandstärker an. Ist<br />
der Kompressionsmodul der Druckflüssigkeit mit dem Elastizitätsmodul<br />
der Rohrwand vergleichbar (K s<br />
/E ≈ 1), so führt die Annahme<br />
einer vereinfachten Spannungsverteilung bereits bei<br />
dünnwandigen Rohren im Sinne der DIN 2413 zu Fehlern von etwa<br />
8,6 %; für größere Wandstärken ergeben sich entsprechend<br />
deutlich höhere Fehlermaße. Eine Verwendung der Näherungsgleichungen<br />
kann daher nur für Steifigkeitsverhältnisse K s<br />
/E < 0,01<br />
empfohlen werden, wo selbst dickwandige Rohren ein maximales<br />
Fehlermaß von lediglich 1 % erreichen. Ein solches Steifigkeitsverhältnis<br />
tritt beispielsweise bei mit Wasser oder Hydrauliköl gefüllten<br />
Stahlleitungen und druckluftführenden Elastomerleitungen<br />
auf. Würden dieselben Elastomerleitungen jedoch der<br />
Förderung von Flüssigkeiten dienen (Beispiel: PKW-Kraftstoffleitungen<br />
mit K s<br />
/E ≈ 1), so würde die Anwendung der Näherungsgleichungen<br />
wiederum unverhältnismäßig große Fehler in die Berechnung<br />
einführen.<br />
Da in der Praxis durchgeführte Berechnungen der effektiven<br />
Schallgeschwindigkeit ohnehin meist mit Tabellenkalkulationsprogrammen<br />
oder Simulationssoftware durchgeführt werden,<br />
sollte von der Verwendung der Näherungsgleichungen Abstand<br />
genommen und den in dieser Arbeit vorgestellten, exakten Volumenänderungsfunktionen<br />
(bzw. der gemittelten Volumenänderungsfunktion)<br />
Vorzug gegeben werden. Diese sind für sämtliche<br />
linear-elastischen und isotropen Rohrwerkstoffe bei allen Wandstärken<br />
gültig und erübrigen somit die umständliche Überprüfung,<br />
ob die jeweilige Näherung innerhalb ihres Gültigkeitsbereiches<br />
verwendet wird.<br />
4.5. STELLUNGNAHME BEZÜGLICH DER<br />
VERNACHLÄSSIGUNG VON AXIALDEHNUNGEN<br />
Verschiedentlich wird die Ansicht vertreten, dass sich die „Volumenzunahme<br />
durch Dehnung in Längsrichtung des Rohres“ weitgehend<br />
„mit der Abnahme infolge Querkontraktion“ bei dünnwandigen<br />
Rohren aufheben würde [4]. Die generelle Gültigkeit dieser<br />
Aussage wird im Folgenden untersucht.<br />
Gemäß der vertretenen Ansicht soll die axiale (Gesamt-)Dehnung<br />
ε z<br />
näherungsweise gleich Null sein. Nach dem Hookeschen<br />
Gesetzes folgt daraus für die Spannungen (siehe Gleichung 26):<br />
z<br />
( ϕ r) (36)<br />
σ ≈ µ σ + σ<br />
Mit den exakten Spannungen an der Innenseite der Rohrwand ergibt<br />
sich:<br />
µ ≈ 0,5 (37)<br />
Bemerkenswerterweise ist dieses Ergebnis unabhängig vom Radienverhältnis<br />
der Rohrwand, sodass diese Beziehung auch für dickwandige<br />
Rohre gilt. Die Behauptung, dass sich die Volumenzunahme<br />
infolge axialer Dehnung mit der Volumenabnahme infolge<br />
Querkontraktion näherungsweise aufheben würde, ist also bei exakter<br />
Spannungsverteilung nur für näherungsweise als inkompressibel<br />
anzusprechende Werkstoffe erfüllt.<br />
Legt man die Spannungsverteilung für dünnwandige Rohre zugrunde<br />
(σ r<br />
« σ ϕ<br />
), so ergibt sich:<br />
ϲ 1<br />
µ ≈ =<br />
1+ ϲ ⎛ e ⎞<br />
2⎜1+<br />
⎟<br />
⎝ d ⎠<br />
(38)<br />
Für dünnwandige Rohre im Sinne der DIN 2413 ergeben sich nach<br />
dieser Beziehung Querkontraktionszahlen 0,45 < µ < 0,5, wie sie<br />
bei weichen, hochelastischen Kunststoffen vorzufinden sind [10].<br />
Für Rohre aus den häufig verwendeten metallischen Konstruktionswerkstoffen<br />
Stahl, Aluminium und Titan (μ ≈ 0,3) ist die Behauptung<br />
offenbar nicht zutreffend. Von der Verwendung dieser<br />
Vereinfachung und den daraus abgeleiteten Näherungsgleichungen<br />
zur Berechnung der effektiven Schallgeschwindigkeit wird<br />
abgeraten.<br />
5. ZUSAMMENFASSUNG<br />
Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit lassen sich folgendermaßen<br />
zusammenfassen:<br />
1. Die effektive Schallgeschwindigkeit für Leitungen aus linear-elastischen<br />
Werkstoffen kann gemäß der folgenden Beziehung berechnet<br />
werden:<br />
as<br />
a =<br />
Ks<br />
1+<br />
E ψ<br />
Gleichungen zur Ermittlung der Volumenänderungsfunktion ψ,<br />
die die Lagerungsbedingungen der Leitung berücksichtigt, finden<br />
sich in den Abschnitten 4.1 und 4.2 der Arbeit.<br />
2. Das Verhältnis von Fluid-Schallgeschwindigkeit a s<br />
zu effektiver<br />
Schallgeschwindigkeit a wird im Wesentlichen vom Verhältnis<br />
von Fluid-Kompressionsmodul K s<br />
zu Wand-Elastizitätsmodul E<br />
bestimmt.<br />
3. Bei inkompressiblen Werkstoffen (μ ≈ 0,5) ist die effektive Schallgeschwindigkeit<br />
von den Lagerungsbedingungen der Leitung<br />
unabhängig. Für die Volumenänderungsfunktion ψ ergibt sich<br />
der folgende Ausdruck:<br />
3<br />
ψ µ = =<br />
1 − ϲ<br />
( 0,5) 2<br />
4. Bei Werkstoffen mit μ < 0,5 hängt die Schallgeschwindigkeit von<br />
den Lagerungsbedingungen der Leitung ab. Für μ = 0,3 ergibt sich<br />
ein höchster Fehler von ca. 6 % bei Auswahl einer für die jeweils<br />
vorliegenden Randbedingungen ungeeigneten Volumenänderungsfunktion.<br />
5. Sind die Randbedingungen unklar oder besteht das Bedürfnis,<br />
alle Lagerungsfälle unter Inkaufnahme von Fehlern mit nur einer<br />
Gleichung abzudecken, so kann eine gemittelte Volumenänderungsfunktion<br />
ψ verwendet werden:<br />
2 ⎛1<br />
⎞<br />
21 ( + µ ) + 5ϲ<br />
⎜ − µ ⎟<br />
2<br />
ψ =<br />
⎝ ⎠<br />
2<br />
1−<br />
ϲ<br />
Dadurch sinkt die größte Abweichung ∆a/a für μ = 0,3 auf<br />
ca. 3 %.<br />
6. Die mit den exakten Spannungsverteilungen hergeleiteten Volumenänderungsfunktionen<br />
ermöglichen eine genauere Berechnung<br />
der effektiven Schallgeschwindigkeit, als es mit den in der<br />
Literatur häufig anzutreffenden Näherungsformeln für dünnwandige<br />
Rohre möglich ist. Der Genauigkeitszuwachs gegenüber<br />
72 <strong>O+P</strong> <strong>Fluidtechnik</strong> 4/<strong>2017</strong>