Unser tägliches Brot - Kirchenbezirk Geislingen
Unser tägliches Brot - Kirchenbezirk Geislingen
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erinnert an einen fast vergessenen Brauch<br />
üblich, alle Weilemer Bauern kurz vor der Ernte<br />
zu einem besonderen Gottesdienst versammelt.<br />
In diesem wollte die Gemeinde Gott bitten um<br />
seinen guten Segen für Felder, Land und Vieh<br />
und um eine gute Ernte. Man habe auch, ähnlich<br />
wie zu Erntedank, Früchte und gebackenes<br />
<strong>Brot</strong> zum Altar gebracht. So lag das, was noch<br />
ausstand, schon vor aller Augen: <strong>Brot</strong>, gebacken<br />
aus dem Samen der Erde, um die sich die Menschen<br />
das ganze Jahr über gemüht hatten im<br />
Bestellen der Felder mit der schweren Arbeit des<br />
Pfluges, in der Aussaat, der Sorge um genügend<br />
Wasser, der Angst vor Unwetter, das die Ernte<br />
vernichten konnte. Doch, das wussten oder<br />
spürten die Menschen damals noch ganz genau,<br />
stand das fruchttragende Gelingen all dieser<br />
Arbeiten letztlich nicht in der eigenen Hände<br />
Macht, sondern in der Macht eines anderen.<br />
Und den wollten die Menschen bitten in ihren<br />
Liedern, Gebeten, Bitten um Segen, dass auch<br />
am Ende alles gut gehe und dass die neue Ernte<br />
ausreiche, sie über das Jahr am Leben zu erhalten.<br />
Die Ernt ist da, es winkt der Halm<br />
Einen schönen und großen Strauß von Ähren<br />
der Felder rund um Weiler hat Rosa Brombey<br />
dann liebevoll gebunden und in die Kirche zur<br />
Kanzel gebracht. Alles sollte für den Erntebitt-<br />
Gottesdienst feierlich geschmückt sein.<br />
Anfangs hat Rosa Brombey die Bauern, denen<br />
die Felder gehörten, immer gefragt, ob sie für<br />
den Gottesdienst ein paar Ähren wegschneiden<br />
dürfe. Aber später musste sie nicht mehr fragen<br />
– alle kannten ja die Mesnerin und wussten,<br />
was sie vorhatte.<br />
So hatte sich dann die ganze Gemeinde in der<br />
vollen und geschmückten Kirche zur Erntebitte<br />
versammelt. „Die Ernt’ ist da, es winkt der<br />
Halm“ – ein Lied das früher, viel früher schon,<br />
zum Erntebittgottesdienst gesungen wurde.<br />
War dieses einem neuen Pfarrer etwa unbekannt,<br />
so bat die Gemeinde den Unkundigen,<br />
eben dieses Lied singen zu dürfen.<br />
Wie es dann mit der Ernte ging? Ob gut oder<br />
schlecht – „die Menschen haben’s immer so<br />
genommen, wie es ist“, erzählt Rosa Brombey.<br />
Was sollten sie auch machen? Aber sie haben<br />
das, was sie mit der Ernte bekamen, als Gottes<br />
Gabe angenommen – sei es viel oder wenig, gut<br />
oder schlecht. Im Vertrauen und in der ruhigen<br />
Gelassenheit, dass es, so wie Gott es macht,<br />
recht und gut ist. Schlimme Missernten habe<br />
Rosa Brombey in ihrer Zeit aber, Gott sei Dank,<br />
nicht erleben müssen.<br />
Umgang mit Gottes Schöpfung<br />
Margarethenkirche in Weiler o. H.<br />
In der letzten Zeit ist das mit der Erntebitte<br />
etwas aus der Mode gekommen. In Weiler<br />
selbst gibt es nur noch ein paar wenige Großbauern,<br />
weiß Rosa Brombey zu berichten.<br />
Und deren Zahl würde kaum die erste Bank in<br />
der kleinen Kirche füllen. Aber vielleicht lohnt<br />
es sich dennoch, darüber nachzudenken, diesen<br />
alten kirchlichen Brauch wieder etwas mehr<br />
ins Bewusstsein zu rufen. Und vielleicht käme<br />
man so wieder ein wenig mehr ins Nachdenken<br />
darüber, wie Menschen mit der ihnen anvertrauten<br />
Schöpfung umgehen, und wie das<br />
zu verstehen ist mit dem biblischen Aufruf des<br />
Untertan-Machens der Erde. Ich denke, so ein<br />
Nachdenken lohnt sich immer, kann zumindest<br />
nicht schaden. Wie ist die Herrschaft des Menschen<br />
über die Erde letzten Endes zu verstehen?<br />
Ohne Gott? Ganz sicher nicht!<br />
Markus Laidig<br />
ist Pfarrer an der<br />
Stadtkirche <strong>Geislingen</strong><br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
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