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Unser tägliches Brot - Kirchenbezirk Geislingen

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Tu den Mund auf für die Armen<br />

Weltweit Verantwortung leben, predigen und einfordern<br />

KLAUS RIETH<br />

Das Thema der Vollversammlung des<br />

Lutherischen Weltbundes 2010 in Stuttgart<br />

ist die Vaterunser-Bitte: „<strong>Unser</strong> <strong>tägliches</strong><br />

<strong>Brot</strong> gib uns heute“. Diese Bitte soll von den rund<br />

400 Delegierten und den Gästen aus der weltweiten Ökumene<br />

während acht Tagen behandelt werden, sodass am<br />

Ende der Vollversammlung ein deutlicher Impuls an alle<br />

140 lutherischen Mitgliedskirchen in 79 Ländern mit rund<br />

70 Millionen Christinnen und Christen weltweit ergeht.<br />

Was bedeutet „<strong>Unser</strong> <strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong>“<br />

Viele Lutheraner weltweit bitten heute in ihren Gebeten<br />

nicht nur um <strong>Brot</strong>, sondern vor allem um Mais, Hirse oder<br />

Reis. Das verstehen sie unter „<strong>Brot</strong>“. Das sind ihre Grundnahrungsmittel.<br />

Allein dieser Aspekt zeigt uns, wie vielfältig<br />

wir den Satz aus der Bibel zu verstehen haben. Und<br />

deshalb sind auch wir hier in Württemberg dazu aufgerufen,<br />

unser <strong>tägliches</strong> <strong>Brot</strong> zu definieren, genauer zu bestimmen.<br />

Ist es die Sicherheit, einen Arbeitsplatz zu haben?<br />

Ist es die Hoffnung, den eigenen Kindern eine gute Schulund<br />

Berufsausbildung geben zu können? Ist es der<br />

Wunsch, ohne Angst auf die Straße gehen zu können?<br />

Ist es das Bedürfnis, in einer beglückenden Partnerschaft<br />

leben zu können? Ist es die Sehnsucht nach Glück und<br />

Zufriedenheit? Oder die Suche nach dem Sinn unseres<br />

Daseins? „<strong>Brot</strong>“ kann so viel bedeuten. Und bei nicht<br />

wenigen ist auch wirklich das <strong>Brot</strong>, die Nahrung, das<br />

tägliche Sattwerden gemeint, wenn die Vaterunser-Bitte<br />

ausgesprochen wird.<br />

Was bedeutet Glaube?<br />

Bei dieser Vollversammlung im nächsten Jahr werden uns<br />

Christinnen und Christen aus aller Welt deutlich machen,<br />

wo der Schuh drückt. Sie werden uns sagen, dass Glaube<br />

hier in Deutschland nicht nur mit uns selbst, unseren<br />

Strukturen und unseren Problemen in Kirche und<br />

Gemeinde zu tun. Es gibt einen weltweiten Horizont, in<br />

dem unsere Sorgen oft zusammenschrumpfen gegenüber<br />

den Existenznöten in anderen Teilen unserer Erde. Deshalb<br />

freuen wir uns auf die Ideen, Glaubenszeugnisse und<br />

Hoffnungen unserer Schwestern und Brüder weltweit.<br />

Etwa die Hoffnungen der Christen im Irak. Die kleine<br />

Schar ist durch Verfolgung und Vertreibung in den letzten<br />

Monaten und Jahren noch kleiner geworden. Viele haben<br />

es in ihrem angestammten Land, in ihrer Heimat, nicht<br />

mehr ausgehalten und mussten fliehen. Einige wenige<br />

sind derzeit auf dem Weg nach Europa, nach Deutschland<br />

und auch nach Württemberg. Wie werden wir sie aufnehmen?<br />

Und wie können wir die unterstützen, die dort<br />

geblieben sind, im Nordirak, in der Ninive-Ebene? Kann<br />

unsere geringe finanzielle Unterstützung ihre Existenz<br />

sichern? Oder müssten wir hier nicht viel mehr tun auch<br />

im Verbund mit betroffenen Politkern? Und wie steht es<br />

mit den zahlreichen Bootsflüchtlingen aus Afrika, die Leib<br />

und Leben riskieren, um eine bessere Zukunft in Europa<br />

zu gewinnen? Nehmen wir nicht schon viel zu abgestumpft<br />

die Bilder im Fernsehen auf, wenn wieder einmal<br />

von einem völlig überladenen und untergegangenen Boot<br />

berichtet wird, auf dem Männer, Frauen und auch Kinder<br />

elendiglich umgekommen sind? Ein Pfarrer unserer Landeskirche<br />

hat diese Not und diese Berichte nicht mehr ausgehalten<br />

und dazu aufgerufen, eine Luftbrücke von der italienischen<br />

Insel Lampedusa nach Deutschland einzurichten.<br />

Ein Spinner? Ein hoffnungsloses Unterfangen oder ein<br />

Anfang, um dem Elend ein Ende zu bereiten?<br />

Weltweites Christentum heißt<br />

weltweite Verantwortung<br />

Wir erleben die Globalisierung immer mehr hautnah. Vor<br />

unserer Haustür. Und wir können und dürfen als Christen<br />

nicht die Augen verschließen. Wir haben Verantwortung<br />

füreinander. Diese Verantwortung hat uns der Apostel<br />

Paulus ins Herz geschrieben. Er hat als erster Christ global<br />

und weltweit gedacht. Für ihn waren die herkömmlichen<br />

Grenzen schon gefallen. Er hat ein weltweites Christentum<br />

und somit auch eine weltweite Verantwortung<br />

gelebt, gepredigt und eingefordert.<br />

Konkrete Hilfe vor Ort<br />

Auf einer Lateinamerika-Reise zu Projekten des Gustav-<br />

Adolf-Werkes wurde mir deutlich, wie konkret und vielfältig<br />

die Hilfe vor Ort sein kann. Wie mit unserem Geld<br />

und unseren Spenden Sozialstationen in Armenvierteln<br />

finanziert werden, wie Menschenrechtsorganisationen<br />

unterstützt werden, die sich um die Rechte der Armen<br />

kümmern, wie alten oder behinderten Menschen zu<br />

einem würdevollen Leben verholfen wird. Dass dabei oft<br />

junge Menschen aus unserer Kirche in einem freiwilligen<br />

sozialen Jahr mithelfen und mitwirken, ist ermutigend und<br />

beispielhaft. Diese jungen Menschen lassen sich ein, ein<br />

auf die Erfahrung mit anderen Christen weltweit, ein auch<br />

auf die Arbeit in einem feindlichen Umfeld von Gewalt<br />

und Hass. Aber sie geben nicht auf und sie tragen ihre<br />

Hoffnung weiter. Von dieser Hoffnung können auch wir<br />

leben.<br />

Gut ist es auch, wenn viele dieser Projekte der Entwicklungszusammenarbeit<br />

nicht alleine gemacht werden müssen<br />

sondern gemeinsam durchgeführt und gefördert werden.<br />

Oft ist die Zusammenarbeit zwischen katholischen<br />

und evangelischen Christen vor Ort problemloser als in<br />

Deutschland. Ich habe gelernt, dass vieles nur gemeinsam<br />

möglich ist und freue mich über jede ausgestreckte Hand<br />

unserer katholischen Schwestern und Brüder. Ökumene,<br />

Entwicklungszusammenarbeit und Mission gehören<br />

untrennbar zusammen. Das werden wir nicht nur bei der<br />

lutherischen Vollversammlung erleben, sondern immer<br />

wieder und hoffentlich immer mehr<br />

auch in unserem Alltag in der Kirchengemeinde.<br />

Klaus Rieth ist Kirchenrat für Mission,<br />

Ökumene und Entwicklungsdienst<br />

beim Evangelischen Oberkirchenrat<br />

in Stuttgart<br />

EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

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