ROTWILDES 6 - Schweizer Jäger
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dahinschwinden. Der Waldrapp als circummediterrane<br />
Vogelart war von dieser<br />
Klimaentwicklung sicherlich besonders<br />
hart betroffen.<br />
Anders als bei besonders auffälligen<br />
Tier- und Vogelarten wie Wolf, Bär und<br />
Luchs oder Steinadler und Bartgeier<br />
gibt es für den Waldrapp aber keinerlei<br />
Nachrichten über die Sichtung oder Erlegung<br />
regional letzter Exemplare. Mitteilungen<br />
zur Existenz des Waldrapps<br />
verstummen einfach mit dem Ende des<br />
16., spätestens in der ersten Hälfte des<br />
17. Jahrhunderts, als zudem der Dreissigjährige<br />
Krieg grosse Not über ganz<br />
Europa brachte. In der Schweiz gilt als<br />
eines der letzten Lebenszeichen bereits<br />
eine Graubündner Chronik aus dem<br />
Jahre 1573, in Deutschland ein Reisebericht<br />
aus Breisach am Rhein aus<br />
dem Jahre 1593 und in Österreich eine<br />
«Fischerei Instruk tion», die zur Hege<br />
der Waldrappe anhielt, aus dem Jahre<br />
1621.<br />
So frühzeitig und so schnell war der<br />
schwarze Vogel aus dem Alpenraum verschwunden,<br />
dass im ornithologischen<br />
Schrifttum des 18. und 19. Jahrhunderts<br />
zunächst die systematische Einordnung<br />
wieder völlig durcheinander geriet und<br />
der schwarze Ibis, je nach Sinnesrichtung<br />
des jeweiligen Naturforschers, erneut<br />
zu einer Wiedehopf-, Brach- oder<br />
Rabenvogelart wurde. Dann jedoch widerfuhr<br />
dem Waldrapp ein Schicksal,<br />
das in der Naturgeschichte der Tier-<br />
und Vogelwelt wohl kaum ein Beispiel<br />
Aus der 36-bändigen «Allgemeinen und speziellen<br />
Geschichte der Natur» des französischen<br />
Forschers Georges Louis Marie Leclerc, Comte<br />
de Buffon (1707–1788), der einen bedeutenden<br />
Einfluss auf die Naturwissenschaft seiner<br />
Zeit hatte, stammt diese anschauliche Darstellung<br />
des damals schon seltenen Vogels.<br />
hat: Er wurde nicht etwa nur vergessen,<br />
sondern sogar regelrecht aus der<br />
wissenschaftlichen Literatur verdrängt.<br />
Ausgewiesene Fachleute wie, um nur einige<br />
zu nennen, Daniel Sprüngli in seiner<br />
«Ornithologia Helvetica», Johann<br />
Matthäus Bechstein in einer 1805 erschienenen<br />
Überarbeitung seines «Ornithologischen<br />
Taschenbuches» und<br />
Friedrich Meisner im «Museum der<br />
Naturgeschichte Helvetiens» (1817) erklärten,<br />
dass es den Waldrapp niemals<br />
gegeben habe, er ein Fabeltier sei und<br />
alle Berichte da rüber in Wahrheit die<br />
Alpenkrähe, auch als Steinkrähe oder<br />
ähnlich bezeichnet, beschrieben hätten.<br />
In der 1864/1869 erschienenen Erstausgabe<br />
von Alfred Edmund Brehms<br />
«Illustrirtem Thierleben», gewöhnlich<br />
eine reichhaltige Fundstelle für Naturhistoriker,<br />
sucht man ihn vergeblich.<br />
Noch in der «Naturgeschichte der deutschen<br />
Vögel» aus dem Jahre 1891 von<br />
Carl Gustav Friderich war sogar zu lesen,<br />
dass es sich bei dem «Waldraben»<br />
um ein aus Teilen verschiedener Vögel<br />
zusammengesetztes Präparat gehandelt<br />
habe und selbst diese Albernheit stiess<br />
in der Fachwelt nicht überall auf die gebotene<br />
Skepsis.<br />
«Wiederentdeckung» in<br />
Kleinasien und Nordafrika<br />
Nur sechs Jahre später aber folgte<br />
die grosse Überraschung. Die Ornithologen<br />
Ernst Hartert, Otto Kleinschmidt<br />
und Lionel Walter Rothschild<br />
verglichen die Darstellung eines Waldrapps<br />
in Johann Matthäus Bechsteins<br />
Werk mit einer Abbildung in der 1880<br />
erschienenen «History of the birds of<br />
Europe» des englischen Ornithologen<br />
Henry Eeles Dresser (1838–1915), die<br />
den erst um 1825 am Roten Meer entdeckten<br />
Mähnen- oder Schopfibis mit<br />
dem wissen schaftlichen Namen Ibis<br />
comata zeigte. Sie konnten eindeutig<br />
feststellen, dass dieser Vogel mit dem<br />
Waldrapp identisch ist. Dort, in den<br />
kleinasiatischen und nordafrikanischen<br />
Ländern um das Mittelmeer bis an die<br />
marokkanische Atlantikküste, bestanden<br />
zum Ende des 19. Jahrhunderts offenbar<br />
noch recht zahlreiche und grosse<br />
Kolonien der schwarzen Ibisse und in<br />
der Religion und Mythologie der islamischen<br />
Völker und der Wüstenbewohner<br />
spielte der schwarze Ibis keine geringe<br />
Rolle.<br />
So soll er nach Meinung mancher<br />
Forscher sogar der eigentliche «Heilige<br />
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