DER KONSTRUKTEUR 11/2017
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AUTOMATISIERUNGSTECHNIK<br />
Industrie 4.0 stellt große Herausforderungen an Maschinenbauer<br />
und Automatisier – auch an Sensorhersteller. Die Anforderungen<br />
an Sensorik und deren Konzeption werden neu definiert. Die<br />
Redaktion sprach hierüber mit Michael Bozek, Produkt- und<br />
Business Development Manager bei Pepperl+Fuchs in Mannheim.<br />
Wie definieren Sie für sich als<br />
Sensorhersteller Industrie 4.0?<br />
Was zeichnet einen Industrie-<br />
4.0-fähigen Sensor aus?<br />
Können Sie uns ein Beispiel für<br />
einen bereits realisierten<br />
Sensor 4.0 geben?<br />
Industrie 4.0 ist in ihrer<br />
Komplexität für viele noch<br />
schwer greifbar. Wie begegnen<br />
Sie dieser Komplexität?<br />
Sie haben auch eine Tochtergesellschaft<br />
gegründet, die Ihre<br />
Kunden auf dem Weg in die<br />
Digitalisierung begleiten soll?<br />
Industrie 4.0 steht für die umfassende Nutzung von Daten und Informationen aus<br />
Maschinen und Anlagen. Dies geschieht aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln und<br />
auf unterschiedlichen Organisationsebenen innerhalb und außerhalb des Unternehmens.<br />
Es entsteht das Bild der Transformation, von einer streng hierarchischen, zu einer netzwerkgleichen<br />
Informations- und Kommunikationsstruktur im Unternehmen.<br />
Für uns als Sensorhersteller bedeutet es, dass sich die ursprüngliche Funktion unserer<br />
Produkte verändert. Im klassischen Bild der Automatisierungspyramide waren Sensoren<br />
lediglich terminale „Messwertfühler“, die Ihre Daten unverändert und ungefiltert an die<br />
übergeordnete Maschinensteuerung auslieferten. Im neuen Bild der vernetzten Informationssysteme<br />
ist der Sensor eingebunden in ein Netz aus Informationen. Das bedeutet, er<br />
sendet seine Daten nicht nur unidirektional in Richtung Steuerung sondern kommuniziert<br />
bidirektional mit mehreren und oftmals auch unterschiedlichen Kommunikationspartnern<br />
auf unterschiedlichen Prozessebenen. Somit wird der Messfühler zum Datenserver,<br />
der selbst entscheiden muss, welchen Kommunikationspartner er mit welchen Zustandsinformationen<br />
über die Maschine versorgt und was die dafür geeignete Sprache ist.<br />
Um die oben genannten Anforderungen erfüllen zu können, muss ein Industrie-4.0-<br />
fähiger Sensor grundsätzlich „smart“ sein. Von smarten Sensoren sprechen wir immer<br />
dann, wenn sie einen Mikrokontroller mit einem Datenspeicher enthalten, um digital<br />
kommunizieren zu können. Außerdem muss ein smarter Sensor in der Lage sein, sich<br />
eigenständig oder auf Anfrage eindeutig identifizieren zu können. Ein Sensor 4.0 leistet<br />
aber noch deutlich mehr. An ihn wird die Forderung gestellt, nicht nur ein Protokoll „zu<br />
sprechen“, sondern gemäß der Anfragen seiner Kommunikationspartner die Sprache<br />
anpassen zu können. Außerdem wird er Sensordaten aus mehreren, vielleicht sogar<br />
physikalisch unterschiedlichen Datenquellen fusionieren, um sie fragestellungsgerecht<br />
aufzubereiten und auszuliefern zu können. Auch ist es denkbar, dass sich die Anforderungen<br />
über die Zeit verändern. Dann muss der Sensor selbst entscheiden können,<br />
welche geänderten Informationen er seinen Kommunikationspartnern bereitstellt. Das<br />
Verwaltungsschalenmodell hilft dabei, diesen Gedanken weiterzuentwickeln.<br />
I4.0-fägige Sensoren im weiteren Sinne sind für uns Industriesensoren mit IO-Link-<br />
Schnittstelle. Sie erfüllen alle Attribute eines smarten Sensors, indem sie sich eindeutig<br />
identifizieren können, Parameter speichern und standardisiert kommunizieren können.<br />
Pepperl+Fuchs bietet schon seit einigen Jahren ein stetig wachsendes Portfolio an IO-<br />
Link-Sensoren. Produkte, die im engeren Sinne als Sensor 4.0 bezeichnet werden können,<br />
befinden sich in der Konzeptphase. Das Konzept sieht vor, dass solche Sensoren mit Hilfe<br />
von neuronalen Netzen für ihren Einsatz in der Maschine oder Anlage auf bestimmte<br />
Fragestellungen hin trainiert werden können. Einen entsprechenden Prototyp haben wir<br />
in diesem Frühjahr auf der Hannover Industriemesse vorgestellt.<br />
Wie überall gilt es auch hier, die Komplexität durch gezielte Fragmentierung in Teilfragen<br />
zu überwinden. Im Sinne der Automatisierungs- oder Sensortechnik besteht eine Industrie-<br />
4.0-Lösung technisch aus nur drei Systemkomponenten: smarter Sensorik, einem<br />
Datengateway für Übermittlung der Daten ins Internet sowie einer Datenplattform, die<br />
als Gegenstelle fungiert und die Speicherung bzw. Verwertung der Sensordaten vollzieht.<br />
So weit, so einfach. Natürlich stecken die ungelösten Fragen hinsichtlich Sensorfunktionen,<br />
Protokollstandards und Datensicherheit auf den tieferen Ebenen des Modells. Aber<br />
genau das macht für uns Techniker ja den Reiz aus.<br />
Die Neoception GmbH soll uns und unseren Kunden den Zugang zu den beiden letztgenannten<br />
Systemkomponenten „Datengateway“ und „Sensordatenplattform“ einer I4.0-<br />
Lösung erleichtern. Dabei konzentrieren sich die jungen Kollegen im Wesentlichen auf<br />
die Fragen rund um die notwenigen Softwarekomponenten. So werden z. B. bei einem<br />
Gateway, das primär in Hardware ausgeführt ist, auch Software-Konnektoren zum<br />
Anschluss an unterschiedlichste Datenplattformen benötigt.<br />
Neben diesem projektbezogenen Anpassungsengineering bietet Neoception aber auch<br />
eine Sensordatenplattform als eigenständiges Produkt an. Auch hier stellt das Unterneh-<br />
<strong>DER</strong> <strong>KONSTRUKTEUR</strong> <strong>11</strong>/<strong>2017</strong> 73