Band40
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Forschung (Schöllhorn, 2016). Dem graduellen differenziellen Lernen kann hierbei ein<br />
höheres Maß an Ordnung und Kontrolle des Prozesses durch planbare, zu erwartende<br />
Veränderungen zugeschrieben werden.<br />
4. Differenzielles Lernen und Gehirnzustände<br />
Da die Dopaminbereitstellung in ausgewählten Zentren des Gehirns von der Unsicherheit in<br />
Verbindung mit der zu erwartenden Belohnung durch Gelingen des Vorhabens abhängig<br />
scheint (Schultz, 1998; Fiorillo, Tobler & Schultz, 2003), wäre in der Folge bei Wiederholungslernen<br />
im Mittel ein niedrigeres Niveau an Dopamin oder Theta-Frequenzen (Kjaer,<br />
Bertelsen, Piccini, Brooks Alving & Lou, 2002) zu erwarten. Hierbei ist zu beachten, dass die<br />
Ausschüttung nicht ausschließlich vom Ergebnis abhängt, sondern der Erwartungshaltung und<br />
der begleitenden Unsicherheit eine wesentliche Rolle zukommt. Welche Rolle dabei die<br />
individuellen Voraussetzungen oder die fehlende externe Rückmeldung, interpretiert als<br />
Handlungskritik, spielen, ist Gegenstand laufender Forschung. Im Unterschied zum<br />
graduellen differenziellen Lernen ist das chaotische differenzielle Lernen durch ein höheres<br />
Maß an Unordnung bzw. Information gekennzeichnet und eher an das Prinzip der maximalen<br />
Informationsentropie bei selbstorganisierenden Systemen angelehnt (Haken, 1985; Jaynes,<br />
1957). Aufgrund der höheren Unsicherheit in Verbindung mit der entsprechenden<br />
Erwartungshaltung wäre bei chaotischem differenziellen Lernen eine höhere<br />
Dopaminbereitstellung zu erwarten.<br />
Hinweise auf einen Zusammenhang von Dopamin und EEG-Theta-Frequenzen im Gehirn<br />
lieferten Kjaer et al (2002) bei meditations-induzierten Änderungen des Bewusstseins. Eine<br />
Ähnlichkeit der Gehirnzustände nach chaotischem differenziellen Lernen und nach Qi-Gong<br />
(Henz & Schöllhorn, 2015) legen Parallelen nahe und stellen damit die Brücke zu zahlreichen<br />
Erkenntnissen aus der Meditationsforschung her. Es ist ein Ziel von Qi-Gong als einer Form<br />
fernöstlicher Meditation, mit der gesteigerten Achtsamkeit das Bewusstsein auf den<br />
gegenwärtigen Moment zu richten. Im Falle eines Zutreffens hätte dies zur Konsequenz, dass<br />
die mittels differenziellem Lernen erlernten Bewegungen auch unter größeren Störeinflüssen<br />
von außen stabiler zu produzieren wären. Für eine größere zeitliche Stabilität der<br />
Bewegungen nach chaotischem differenziellen Lernen lieferten bereits Beckmann und<br />
Schöllhorn (2006) Hinweise. Stabilere Basketballfreiwürfe mit höheren Trefferraten nach<br />
differenziellem Lernen unter umfangreichen äußeren Störungen im Rahmen eines<br />
Experiments zu „choking under pressure” weisen in die gleiche Richtung (Lattwein, Henz &<br />
Schöllhorn, 2014). Das im 2. Teil dieses Beitrags in der nächsten Ausgabe dargestellte<br />
Experiment untersucht die unterschiedlichen Gehirnzustände nach Wiederholungslernen,<br />
Kontext-Interferenz-Lernen (CI), graduellem differenziellen Lernen und chaotischem<br />
differenziellen Lernen, um der Frage nachzugehen, inwiefern ein Einfluss des resultierenden<br />
Gehirnzustands auf das vorangehende, zeitlich überdauernde Lernverhalten vorliegen könnte.