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Rojava Report

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YPG-Einheiten an der Front, meistens in Teams oder<br />

Taqims mit anderen Internationalen, um das Übersetzen<br />

zu vereinfachen.<br />

Die Ausbildung dauert in der Regel einen Monat und<br />

besteht zur Hälfte aus militärischer, zur Hälfte aus<br />

ideologischer Bildung. Zu Letzterer gehören mehrtägige<br />

Seminare über die Geschichte der Frau und die des<br />

Mittleren Ostens, den Demokratischen Konföderalismus<br />

und den Moralkodex der YPG.<br />

Auf welche militär-strategischen TheoretikerInnen<br />

und historische Erfahrungen bezieht ihr euch?<br />

Aufgrund der hohen Diversität ist die Grundlage der<br />

Militärtheorie, die in der Akademie unterrichtet wird,<br />

eine abgehalfterte Version der allgemeinen YPG-Taktik<br />

und beruht vor allem auf den Erfahrungen des Guerrilla-<br />

Krieges in den anderen Teilen Kurdistans, doch seit<br />

etwa einem Jahr auch auf den jüngeren Erfahrungen<br />

des Häuserkampfes in Aleppo und Kobanê, sowie zu<br />

einem begrenzten Maße auf dem Wissen der westlichen<br />

Ex-Soldaten, von denen viele in Afghanistan und Irak<br />

gekämpft haben.<br />

Erlaubt der militärische Charakter und Einsatz<br />

des Battalions politische Debatten zwischen den<br />

verschiedenen Positionen die im Battalion vertreten<br />

sind? Wir meinen nicht, „simple“ Diskussionen<br />

zwischen KämpferInnen, sondern organisierte<br />

Debatten. Wenn ja: Wie werden diese organisiert,<br />

was ist das Hauptthema?<br />

Auf Wunsch der Rekruten fanden mehrfach organisierte<br />

Debatten in der Akademie statt. Die beiden Themen,<br />

die am häufigsten diskutiert wurden, waren zum einen<br />

die Praxis des revolutionären Systems in <strong>Rojava</strong><br />

(Funktioniert es? Funktioniert es nicht? Wie sind<br />

Politik und Wirtschaft organisiert? Was ist der Plan<br />

für die Zukunft?), und zum anderen die Ethik der YPG<br />

(kommunales Miteinander, Autonomie der Frauen, die<br />

Rolle von Kadern als „BerufsrevolutionärInne“, das<br />

Tekmil-System). An diesen Debatten nahmen auch<br />

regelmäßig politische KommissarInne der YPG und<br />

KommandantInnen aus anderen Teilen <strong>Rojava</strong>s teil, um<br />

die Fragen der Teilnehmenden zu beantworten.<br />

Wie funktioniert die politische Arbeit innerhalb<br />

des Bataillons? Gibt es Akademien, politische<br />

Diskussionen?<br />

An der Front gab es kaum politische Arbeit in den<br />

internationalen Teams, vor allem aufgrund der<br />

Sprachbarriere. Auch beschreiben sich die RekrutInnen<br />

zum großen Teil als „unpolitisch“ - einige von ihnen<br />

wussten absolut nichts über die Situation, als sie hier<br />

ankamen, und dachten, sie würden den Pêşmerga<br />

beitreten. Daher geht es vor allem darum, überhaupt<br />

ein Bewusstsein für politische Ethik, die Werte der<br />

Revolution und den Gesellschaftsentwurf <strong>Rojava</strong>s zu<br />

schaffen. In der Akademie habe ich ein Portrait von<br />

Thomas Sankara aufgehängt mit einem Zitat von ihm:<br />

„Ein Soldat ohne politische oder ideologische Bildung<br />

ist ein potentieller Krimineller.“<br />

Welches Verhältnis haben die verschiedenen<br />

Bataillone zueinander und welche Rolle spielt<br />

dabei die YPG? Gibt es Zusammenschlüsse an der<br />

Front, oder unabhängige Operationen? Wenn ja,<br />

welche und warum? Zum Beispiel stellen wir uns<br />

vor, dass die Lions durch ihre internationalistische<br />

Herangehensweise eine grosse Bedeutung haben.<br />

Alle Einheiten mit internationalen KämpferInnen<br />

gehören in letzter Instanz den YPG an. Wie bereits<br />

erwähnt, kämpfen die „Lions of <strong>Rojava</strong>“-RekrutInnen<br />

meist in internationalen Teams als Teil regulärer YPG-<br />

Tabûrs. Eine Ausnahme ist das Tabûr Şehîd Bagok, auch<br />

als 22-3-Tabûr bekannt, als Referenz zu dem Datum,<br />

an dem Bagok Serhat letztes Jahr als erster westlicher<br />

Kämpfer fiel. Es besteht ausschließlich aus Westlern,<br />

hauptsächlich Ex-Soldaten, die über die Lions of <strong>Rojava</strong><br />

herkamen. Deshalb ist seine Praxis eng an die der<br />

NATO-Armeen angelehnt, es kämpft aber ebenfalls als<br />

mehr oder weniger reguläre YPG-Einheit.<br />

Insgesamt werden viele Internationale nie an vorderster<br />

Front eingesetzt, vor allem wegen fehlender sprachlicher<br />

und militärischer Fähigkeiten. Andere wiederum haben<br />

sich bewiesen und sind Teil der mobilen Einheiten,<br />

Artillerie- und Scharfschützen-Tabûrs geworden, welche<br />

die Hauptkraft jeder YPG-Offensive sind.<br />

Haben die Lions neben militärischen auch<br />

politische oder gesellschaftliche Aktivitäten mit den<br />

Menschen in <strong>Rojava</strong>? Welche und mit welchem Ziel?<br />

Mittlerweile haben einige Internationale, vor allem<br />

jene, die aus politische Gründen kamen, die Front<br />

verlassen, um mehr über die eigentliche Revolution zu<br />

erfahren. Sie arbeiten in verschiedenen Projekten in<br />

der Zivilgesellschaft. Als Schwerpunkte können hier<br />

Medienarbeit und Medizin genannt werden. Es gibt<br />

mittlerweile mehrere Initiativen von sozialistischen und<br />

anarchistischen Kräften, die sich politischer und sozialer<br />

Arbeit in <strong>Rojava</strong> gewidmet haben, diese haben aber nur<br />

indirekt mit den Lions zu tun.<br />

Welche anderen internationalistischen Einheiten<br />

sind in <strong>Rojava</strong>, was ist das Besondere an ihnen, ihrer<br />

politischen Motivation, ihren Beziehungen zu euch<br />

und der YPG / J.<br />

Das sind vor allem türkische MarxistInnen, allen<br />

voran das Internationale Freiheitsbatallion und die<br />

anderen Einheiten der MLKP, doch auch viele kleinere<br />

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