Rojava Report
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Internationalistin<br />
«Ich glaube, dass wir die Frauen, die schon<br />
organisiert sind, weiter fördern müssen. Wir<br />
müssen ein Bewusstsein dafür schaffen, dass<br />
der Kampf für die Befreiung der Frau unsere<br />
Aufgabe ist.»<br />
Du bist vor Kurzem aus <strong>Rojava</strong> zurückgekommen.<br />
Kannst du zu deinem politisch-biographischen<br />
Hintergrund was sagen und was dich dorthin<br />
verschlagen hat?<br />
Ich hatte in meiner Jugend Kontakt zu Gewerkschaften.<br />
Aber es hat mich damals noch nicht wirklich<br />
motiviert, da mitzuarbeiten. Später habe ich dann<br />
die Widersprüchlichkeiten in diesem System erkannt<br />
und habe dann versucht, mich weiter zu informieren.<br />
Dann habe ich angefangen in der antimilitaristischen<br />
Bewegung mitzuarbeiten.<br />
Dazwischen hatte ich auch mal einen Unterbruch,<br />
wonach ich aber wieder in die politische Arbeit<br />
reingekommen bin. Ich glaube dieser Unterbruch war<br />
für mich notwendig, um einen Schritt vorwärts zu<br />
kommen. Ich habe dann ein paar Jahre mitgearbeitet<br />
und irgendwann hat sich das alles so verändert, dass sich<br />
die Bedeutung der politischen Arbeit gesteigert und ich<br />
mit Verantwortung und Bewusstsein da rangegangen<br />
bin. Das war nicht losgelöst von der ideologischen<br />
Entwicklung, die ich gelebt habe.<br />
Ich glaube dieser ideologische Schritt, der für mich<br />
sehr wichtig war, war auch der Entscheidungsgrund,<br />
warum ich nach <strong>Rojava</strong> gehen wollte. Insbesondere<br />
weil wir immer von der Perspektive sprechen. Ich bin<br />
Kommunistin und ich habe eine Perspektive und ein<br />
Ziel, woran ich glaube, ich weiss, dass es viel Arbeit<br />
kostet. Im Mittleren Osten ist eine Revolution passiert<br />
und ich denke, dass wir das nicht nur so sehen sollten,<br />
sondern ich wollte die Revolution lebend erfahren und<br />
von ihr lernen und für mich auch was mitnehmen.<br />
Nachdem ich mich entschieden hatte hinzugehen, war für<br />
mich klar, dass ich im zivilen Bereich arbeiten will. Als<br />
ich dann aber dort war, habe ich meine Ideen geändert<br />
und ich wollte in den militärischen Bereich gehen,<br />
einfach weil Frauen immer in der Reproduktionsarbeit<br />
stecken und ich denke, dass der bewaffnete Widerstand<br />
immer sehr weit entfernt war. Von mir war er vielleicht<br />
besonders entfernt, weil ich eine Frau bin oder weil ich in<br />
Deutschland lebe. Das wollte ich für mich durchbrechen<br />
und aus dieser Rolle rauskommen.<br />
In <strong>Rojava</strong> habe ich unterschiedliche Erfahrungen<br />
gemacht. Zum einen wie es ist, als Frau im bewaffneten<br />
Widerstand zu sein, mit all den Schwierigkeiten, die man<br />
als Frau aber auch mit den Genossinnen oder mit den<br />
Genossen hat. Ich kann sagen, dass das schon ein tiefer<br />
Kampf war, den ich auch mit mir selber geführt habe,<br />
um als Frau eine andere Freiheit zu entwickeln und um<br />
politisch besser agieren zu können.<br />
Bevor ich in <strong>Rojava</strong> war, wusste ich zwar, was diese<br />
Revolution gerade im Mittleren Osten bedeutet, dass sie<br />
eine Perspektive ist, die man unterstützen muss. Aber<br />
ich habe nie so wirklich verstanden, was das für die<br />
Frauenbewegung heisst. Beispielsweise war mir nicht<br />
klar, dass hier wichtige Schritte geschehen, die wir als<br />
Frauen in Europa gar nicht wahrnehmen, die einem aber<br />
mit Stolz erfüllen, wenn man das dann versteht und sieht,<br />
hey, Frauen sind in <strong>Rojava</strong> sowohl im zivilen Bereich aber<br />
auch im militärischen Bereich aktiv. Das gibt Hoffnung<br />
und Kraft, insbesondere zurück in Deutschland.<br />
Mit dem Blick zurück kann man auch feststellen, dass<br />
wir die Unterdrückung, die wir hier tagtäglich erleben<br />
oftmals gar nicht mehr spüren, weil das alles im System<br />
so fest eingebettet ist und wir SklavInnen unserer<br />
Lohnarbeit und unserer Geschlechterrollen sind.<br />
Was ich auf jeden Fall auch mitgenommen habe aus der<br />
Zeit, in der ich in <strong>Rojava</strong> war, ist das Wissen, dass wir<br />
in allem, was wir machen, undogmatischer vorgehen<br />
müssen. Wir müssen zwar unsere Linie behalten aber wir<br />
dürfen nicht so festgefahren sein. Wir müssen in unserer<br />
politischen Arbeit auf Gemeinsamkeiten zurückgreifen,<br />
ein etwas weiteres Blickfeld dafür entwickeln, wie wir<br />
was einbetten können, wie wir eine internationalistische,<br />
antimilitaristische Bewegung stärken können, gerade<br />
jetzt, wo Deutschland oder Europa sich im Rechtsruck<br />
befinden. Wie wir vielleicht auch eine Frauenbewegung<br />
wieder mehr mobilisieren können.<br />
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