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Der Burgbote 1974 (Jahrgang 54)

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Die Kölnische Rundschau veröffentlichte am 21. Januar <strong>1974</strong> diesen Bericht über die Proben<br />

der „Cäciiia Woikenburg".<br />

»Fair Lady^ auf kölsdi<br />

Cacilia Woikenburg probt seit Oktober zweimai wöchentiich<br />

Wenn gesetzte Herren im Straßenanzug oder<br />

seriösen Pullover über eine Bühne hopsen<br />

und „Kuckuck, Kuckuck" rufen, denkt man<br />

noch nicht unbedingt an Karneval. Doch dar<br />

auf kommt es im Moment auch noch nicht an<br />

— schließlich sind bis zur Premiere des dies<br />

jährigen Divertissementchens „My Fair Zillche"<br />

von Klaus Rohr am 10. Februar noch<br />

fast drei Wochen Zeit, und das echte karnevalistische<br />

Kolorit ergibt sich erst bei den<br />

Kostümproben, wenn sich die seriösen Her<br />

ren des Kölner Männer-Gesang-Vereins in<br />

echte kölsche Typen verwandeln.<br />

Zuvor aber muß die Kleinarbeit erst eisern sit<br />

zen. Dafür opfern die KMGV-Mitglieder, die<br />

zur Bühnenspielgemeinschaft der Cäciiia Wol<br />

kenburg gehören, nun schon seit Anfang<br />

Oktober alle Dienstagabende und Sonntagvor<br />

mittage, um auf der Großen Probebühne des<br />

Kölner Opernhauses die sieben Bilder zu er<br />

arbeiten.<br />

<strong>Der</strong> bewährte Cäcilia-Autor und -Regisseur<br />

Klaus Rohr hat das Zillche zu seinem 100. Ge<br />

burtstag - 1874 fand das erste Divertisse<br />

mentchen statt — personifiziert und in eine<br />

„My Fair Lady"-ähnliche Handlung hineinge<br />

stellt: Die Tochter des Blumenhändlers Köl<br />

len (wie in jedem Jahr spielt Wilhelm Schmidt<br />

die weibliche Hauptrolle) soll „vürnehm" hei<br />

raten, liebt aber ihren Ambrosius und kriegt<br />

ihn natürlich auch, nach vielerlei Wirren. Mu<br />

sikalisch liegt im Thema soviel „Blumiges",<br />

daß dem Arrangeur und Dirigenten Christoph<br />

Klöver die Ideen nur so zuflogen. So gibt es<br />

unter anderem eine neue Chorversion von<br />

„Wenn der weiße Flieder wieder blüht", und<br />

das jugoslawische KMGV-Mitglied Drage<br />

Sauperl überreicht in einem Tenor-Solo „Rote<br />

Orchideen".<br />

Bei einer Sonntagsprobe zum zweiten Bild<br />

konnte sich der unbefange Beobachter ein<br />

Bild davon machen, mit wieviel Schwierigkei<br />

ten die Cäcilianer drei Wochen vor der Pre<br />

miere noch zu kämpfen haben.<br />

Ambrosius (KMGV-Vize Horst Massau) hat<br />

Probleme mit der Steuer - der Gerichtsvoll<br />

zieher mit besagtem „Kuckuck" (in blumigem<br />

Hochdeutsch: Dr. Helmut Schulz) ist Stamm<br />

gast bei ihm. Wenn die zwei die Außen<br />

stände bei sämtlichen erdenklichen Steuer<br />

arten runterrasseln sollen, muß der Souffleur<br />

noch kräftig mithelfen und die Szene mehr<br />

fach geprobt werden. Massau: „Ich spreche<br />

die Rolle schon seit Wochen ,auswendig',<br />

ohne den Text zu können!"<br />

Es gibt noch keine Kulissen, nur schwarze<br />

Hintergrundprospekte und ein paar Sitzgele<br />

genheiten; sämtliche Requisiten existieren nur<br />

in der Phantasie. Dafür aber klappt musika<br />

lisch - zur Klavierbegleitung wechselnder<br />

KMGV-Mitglieder - alles schon recht gut,<br />

trotz organisatorischer Klippen: <strong>Der</strong> ständige<br />

Probendirigent Ludwig Weber, Stellvertreter<br />

des KMGV-Leiters Professor Hermannjosef<br />

Rübben, leidet unter einem eingeklemmten<br />

Ischiasnerv; Chormitglied Walter Schmitz<br />

sprang ebenso kurzfristig wie beherzt ein. <strong>Der</strong><br />

vielbeschäftigte Christoph Klöver findet dann<br />

bei den Hauptproben fast fertige Arbeit vor,<br />

denn auch das Orchester und das berühmte<br />

Cäciiia Wolkenburg-Ballett sind dann voll auf<br />

Vordermann.<br />

Genau wie Profis schenken sich auch die<br />

Laien der Cäciiia bei den Proben nichts; sie<br />

wiederholen lieber einmal zuviel als zuwenig.<br />

Das Publikum weiß diesen liebevollen Einsatz<br />

zu honorieren ~ alle elf Vorstellungen sind<br />

schon seit Wochen ausverkauft.<br />

Barbro Schuchardt

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