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Lebensordnungen entfernt hat. Als vergeblich<br />
erwiesen sich dabei die Bemühungen mancher<br />
Mitarbeiter der Kölner Kirchenbehörde, an<br />
der Verbindlichkeit der Bestimmungen jener<br />
Kölner Synode auch nach dem Konzil fest<br />
zuhalten.<br />
<strong>Der</strong> Kardinal selbst hatte nach seinen eigenen<br />
Worten in der römischen Bischofsversamm<br />
lung „die Schule des Heiligen Geistes durch<br />
gemacht und sich umschulen lassen". Das<br />
Konzil lernte ihn als einen Mann kennen, der<br />
nicht mehr das ängstliche Festhalten an kirch<br />
lichen Formen und Einrichtungen als einziges<br />
Zeichen der Glaubenstreue ansah. Er verstand<br />
rechtzeitig, daß solche Treue und solcher<br />
Glaube auch den mutigen Aufbruch aus leer<br />
gewordenen und versteinerten Traditionen zu<br />
fordern vermag.<br />
Bei einem Vortrag in Genua schilderte der<br />
Kölner Erzbischof im November 1961 die ver<br />
änderten Perspektiven des Lebens, die den<br />
abendländischen Christen „eine der wichtig<br />
sten Stützen an die Absolutheit des Christen<br />
tums weggezogen und ihn einem Relativismus<br />
ausgeliefert, der zu den kennzeichnenden Zü<br />
gen unserer Zeit gehört." Damals erklärte er<br />
auch: „Relativismus muß nicht in allen Stükken<br />
etwas Schlechtes sein. Wenn er dazu<br />
dient, das Relative und daher Veränderliche<br />
der bloß menschlichen Formen und Einrich<br />
tungen zu erkennen, kann er dazu beitragen,<br />
das wirklich Absolute von der Umklammerung<br />
durch das Scheinabsolute zu befreien und es<br />
in seiner wahren Reinheit deutlicher zu se<br />
hen." Er schlug der Kirche vor, sich „mehr als<br />
bisher jener ganzen Vielfalt des menschlichen<br />
Geistes zu öffnen, die ihr als Catholica zu<br />
kommt", und erwartete einen „wahrhaft ka<br />
tholisch gewordenen Katholizismus, der sich<br />
immer mehr darauf einstellt, daß nicht alle<br />
Gesetze für jedes Land gleichermaßen gelten<br />
können."<br />
Allerdings mußte er auch die Verzögerungen<br />
dieses Aufbruchs in die Mannigfaltigkeit ver<br />
antworteter chriftlicher Freiheit beobachten.<br />
Schon während des Konzils, als er — wie beim<br />
Mischehenrecht — mit seinen mutigen Vor<br />
schlägen kein Gehör fand. Und es mag ihm<br />
klar geworden sein, daß manche Unruhe in<br />
der Kirche, manche als revolutionär angese<br />
henen Bestrebungen nach Demokratisierung,<br />
nach Verlegung der Grenzen zwischen Autori<br />
tät und Freiheit, nach dialogischer Offenheit<br />
statt kirchenbehördlicher Verfügung auch zu<br />
rückgehen auf die mangelnde Bereitschaft<br />
von Kirchenmännern, das Schein-Absolute<br />
bisheriger Ordnungen eben nicht mehr abso<br />
lut zu setzen und seine Anerkennung als un<br />
veränderlichen Gotteswillen zu erzwingen.<br />
Er selbst hat jedenfalls mitgeholfen, den Geist<br />
verantworteter Freiheit in der Kirche zu Wort<br />
kommen zu lassen. Er braucht nicht zu er<br />
schrecken, wenn er seinen Anteil an dem<br />
langen Weg aus dem Brauchtum der katholi<br />
schen Familie in Neuss bis in die geistige und<br />
kirchliche Situation der unmittelbaren Gegen<br />
wart überschaut. Gerade an ihn waren die<br />
Worte gerichtet, die Professor Dr. Max Engel<br />
meier bei der Schlußkundgebung des Katho<br />
likentages in Essen den deutschen Bischöfen<br />
sagte: „Während des Konzils waren Sie auf<br />
der Höhe Ihrer Autorität, weil Sie inmitten des<br />
Bischofskollegiums an der Spitze derer stan<br />
den, die das Gegenwärtigwerden der Kirche<br />
in unserer Zeit mutig förderten. Dadurch<br />
zeichnet sich ja Autorität gegenüber der Subalternität<br />
aus: Sie geht voraus und bleibt ge<br />
genwärtig — besonders in Gefahr und Zwei<br />
fel."<br />
Trotz aller Schwierigkeiten hat sich der schei<br />
dende Erzbischof der Bitte nicht versperrt, die<br />
bei jener Schlußkundgebung in seiner Gegen<br />
wart erklang: „Uns zu helfen, dieser Freiheit<br />
des lebendigen Gewissens mehr und mehr<br />
mächtig und froh zu werden. Was nützt promp<br />
ter Gehorsam, wenn er Opportunismus ist,<br />
wenn er einem vergewaltigten Gewissen ent<br />
springt ... Was wir von unserer Kirche in<br />
großer Bedrängnis und Unruhe erwarten, ist<br />
mehr als Einzelanweisungen und Gesetze. Wir<br />
bitten sie, sie möge uns alles geben, was sie<br />
verwaltet: „Das vollkommene Gesetz der Frei<br />
heit".<br />
bei deren Aufnahme Du begeistert mitgewirkt hast!