25.08.2018 Aufrufe

Der Burgbote 1974 (Jahrgang 54)

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

63<br />

Lebensordnungen entfernt hat. Als vergeblich<br />

erwiesen sich dabei die Bemühungen mancher<br />

Mitarbeiter der Kölner Kirchenbehörde, an<br />

der Verbindlichkeit der Bestimmungen jener<br />

Kölner Synode auch nach dem Konzil fest<br />

zuhalten.<br />

<strong>Der</strong> Kardinal selbst hatte nach seinen eigenen<br />

Worten in der römischen Bischofsversamm<br />

lung „die Schule des Heiligen Geistes durch<br />

gemacht und sich umschulen lassen". Das<br />

Konzil lernte ihn als einen Mann kennen, der<br />

nicht mehr das ängstliche Festhalten an kirch<br />

lichen Formen und Einrichtungen als einziges<br />

Zeichen der Glaubenstreue ansah. Er verstand<br />

rechtzeitig, daß solche Treue und solcher<br />

Glaube auch den mutigen Aufbruch aus leer<br />

gewordenen und versteinerten Traditionen zu<br />

fordern vermag.<br />

Bei einem Vortrag in Genua schilderte der<br />

Kölner Erzbischof im November 1961 die ver<br />

änderten Perspektiven des Lebens, die den<br />

abendländischen Christen „eine der wichtig<br />

sten Stützen an die Absolutheit des Christen<br />

tums weggezogen und ihn einem Relativismus<br />

ausgeliefert, der zu den kennzeichnenden Zü<br />

gen unserer Zeit gehört." Damals erklärte er<br />

auch: „Relativismus muß nicht in allen Stükken<br />

etwas Schlechtes sein. Wenn er dazu<br />

dient, das Relative und daher Veränderliche<br />

der bloß menschlichen Formen und Einrich<br />

tungen zu erkennen, kann er dazu beitragen,<br />

das wirklich Absolute von der Umklammerung<br />

durch das Scheinabsolute zu befreien und es<br />

in seiner wahren Reinheit deutlicher zu se<br />

hen." Er schlug der Kirche vor, sich „mehr als<br />

bisher jener ganzen Vielfalt des menschlichen<br />

Geistes zu öffnen, die ihr als Catholica zu<br />

kommt", und erwartete einen „wahrhaft ka<br />

tholisch gewordenen Katholizismus, der sich<br />

immer mehr darauf einstellt, daß nicht alle<br />

Gesetze für jedes Land gleichermaßen gelten<br />

können."<br />

Allerdings mußte er auch die Verzögerungen<br />

dieses Aufbruchs in die Mannigfaltigkeit ver<br />

antworteter chriftlicher Freiheit beobachten.<br />

Schon während des Konzils, als er — wie beim<br />

Mischehenrecht — mit seinen mutigen Vor<br />

schlägen kein Gehör fand. Und es mag ihm<br />

klar geworden sein, daß manche Unruhe in<br />

der Kirche, manche als revolutionär angese<br />

henen Bestrebungen nach Demokratisierung,<br />

nach Verlegung der Grenzen zwischen Autori<br />

tät und Freiheit, nach dialogischer Offenheit<br />

statt kirchenbehördlicher Verfügung auch zu<br />

rückgehen auf die mangelnde Bereitschaft<br />

von Kirchenmännern, das Schein-Absolute<br />

bisheriger Ordnungen eben nicht mehr abso<br />

lut zu setzen und seine Anerkennung als un<br />

veränderlichen Gotteswillen zu erzwingen.<br />

Er selbst hat jedenfalls mitgeholfen, den Geist<br />

verantworteter Freiheit in der Kirche zu Wort<br />

kommen zu lassen. Er braucht nicht zu er<br />

schrecken, wenn er seinen Anteil an dem<br />

langen Weg aus dem Brauchtum der katholi<br />

schen Familie in Neuss bis in die geistige und<br />

kirchliche Situation der unmittelbaren Gegen<br />

wart überschaut. Gerade an ihn waren die<br />

Worte gerichtet, die Professor Dr. Max Engel<br />

meier bei der Schlußkundgebung des Katho<br />

likentages in Essen den deutschen Bischöfen<br />

sagte: „Während des Konzils waren Sie auf<br />

der Höhe Ihrer Autorität, weil Sie inmitten des<br />

Bischofskollegiums an der Spitze derer stan<br />

den, die das Gegenwärtigwerden der Kirche<br />

in unserer Zeit mutig förderten. Dadurch<br />

zeichnet sich ja Autorität gegenüber der Subalternität<br />

aus: Sie geht voraus und bleibt ge<br />

genwärtig — besonders in Gefahr und Zwei<br />

fel."<br />

Trotz aller Schwierigkeiten hat sich der schei<br />

dende Erzbischof der Bitte nicht versperrt, die<br />

bei jener Schlußkundgebung in seiner Gegen<br />

wart erklang: „Uns zu helfen, dieser Freiheit<br />

des lebendigen Gewissens mehr und mehr<br />

mächtig und froh zu werden. Was nützt promp<br />

ter Gehorsam, wenn er Opportunismus ist,<br />

wenn er einem vergewaltigten Gewissen ent<br />

springt ... Was wir von unserer Kirche in<br />

großer Bedrängnis und Unruhe erwarten, ist<br />

mehr als Einzelanweisungen und Gesetze. Wir<br />

bitten sie, sie möge uns alles geben, was sie<br />

verwaltet: „Das vollkommene Gesetz der Frei<br />

heit".<br />

bei deren Aufnahme Du begeistert mitgewirkt hast!

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!