Der Betriebsleiter 10/2018
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ADDITIVE FERTIGUNG I SPECIAL<br />
Individuell konfiguriert, schnell gefertigt<br />
3D-Druck von magnetfeldoptimierten Induktoren aus hochleitfähigem Kupfer<br />
02 03<br />
Werden komplexe Induktoren<br />
konventionell hergestellt, kostet<br />
dies viel Zeit und Geld. Dass es<br />
anders gehen kann, zeigt die Protiq<br />
GmbH. Auf der Online-Plattform<br />
des Unternehmens lassen sich<br />
selbst Bauteile aus hochleitfähigem<br />
Kupfer individuell konfigurieren<br />
sowie schnell und kostengünstig im<br />
3D-Druckverfahren produzieren.<br />
<strong>Der</strong> 3D-Druck – auch additive Fertigung<br />
genannt – sorgt in zahlreichen Bereichen<br />
der industriellen Produktion für vielfältige<br />
Innovationen. Durch die neu gewonnenen<br />
Gestaltungsfreiheiten lassen sich jetzt Bauteile<br />
wirtschaftlich herstellen, deren konventionelle<br />
Fertigung bislang nicht möglich war.<br />
Wird bereits in der Entwicklungsphase auf<br />
eine rechnergestützte Optimierung zurückgegriffen,<br />
können die Bauteile zudem optimal<br />
ausgelegt und ihre Eigenschaften im<br />
Betrieb verbessert werden. Die sich daraus<br />
ergebenden Möglichkeiten nutzt die Protiq<br />
GmbH u.a. zur Herstellung innovativer Spulen<br />
für die induktive Erwärmung.<br />
Seit der Erfindung des 3D-Drucks in den<br />
1980er Jahren hat sich die Technologie<br />
Autor: Johannes Lohn, Entwicklungsleiter, und<br />
Max Wissing, Konstrukteur und Entwicklungsingenieur,<br />
Protiq GmbH, Blomberg<br />
01<br />
rasant weiterentwickelt. Mittlerweile hat<br />
sich eine Vielzahl neuer 3D-Druckverfahren<br />
etabliert – zum Beispiel das selektive<br />
Laserschmelzen oder Lasersintern –, die eine<br />
Fertigung von Serienbauteilen ermöglichen.<br />
Sogar hochgradig komplexe Geometrien<br />
wie aufwändige Freiformflächen oder<br />
innenliegende Strukturen können effizient<br />
hergestellt werden. Die Fülle der vorhandenen<br />
3D-Druckverfahren erlaubt ferner die<br />
Verarbeitung einer großen Bandbreite an<br />
Werkstoffen. Als Dienstleister für den industriellen<br />
3D-Druck setzt die Protiq GmbH<br />
zahlreiche technische Kunststoffe und<br />
metallische Werkstoffe in der additiven Fertigung<br />
ein. 2016 als Teil der Phoenix Contact-Gruppe<br />
gegründet, zeichnet sich das<br />
Unternehmen seither durch hohe Produktionsqualität<br />
und geringe Lieferzeiten aus.<br />
Elektrische Leitfähigkeit von<br />
bis zu 50 MS/m<br />
Eine Besonderheit stellt der durch Protiq<br />
entwickelte hochleitfähige Kupferwerkstoff<br />
dar. Kupfer wird insbesondere in der Elektroindustrie<br />
für seine hohe elektrische Leitfähigkeit<br />
von bis zu 58 MS/m geschätzt. Bei<br />
der additiven Fertigung von Metallbauteilen<br />
auf Basis des selektiven Laserschmelzens erzeugt<br />
ein starker Laser durch das schichtweise<br />
Verschmelzen feiner Metallpulver komplizierte<br />
Bauteile. Lange Zeit galt die Verarbeitung<br />
elektrisch hochleitfähiger Kupferwerkstoffe<br />
in diesem Prozess als nicht<br />
umsetzbar. Aufgrund der Wellenlänge des<br />
verwendeten infraroten Lasers wird ein<br />
Großteil der Laserenergie durch den roten<br />
Kupferwerkstoff reflektiert. Dadurch können<br />
die komplexen Produktionsanlagen von innen<br />
beschädigt und im schlimmsten Fall<br />
kann die teure Laserquelle zerstört werden.<br />
Das Einkoppeln des Lasers lässt sich u.a.<br />
durch die Zugabe von Legierungselementen<br />
verbessern. Auf diese Weise wird allerdings<br />
die elektrische Leitfähigkeit des Werkstoffs<br />
gesenkt, sodass bisherige Lösungen mit einer<br />
Leitfähigkeit von lediglich 25 MS/m<br />
nicht für stromführende Anwendungen genutzt<br />
werden konnten. Im Rahmen einer intensiven<br />
mehrjährigen Forschung hat Protiq<br />
nun einen Prozess für die additive Verarbeitung<br />
hochleitfähigen Kupfers entwickelt.<br />
<strong>Der</strong> Werkstoff erreicht eine elektrische Leitfähigkeit<br />
von bis zu 50 MS/m und weist<br />
einen Kupferanteil von 99 Prozent auf. In<br />
ersten vielversprechenden Fertigungsversuchen<br />
ist es Protiq zudem schon gelungen,<br />
reines Kupfer für den 3D-Druck einzusetzen<br />
und noch höhere Leitfähigkeiten zu erzielen.<br />
Durch die Verwendung alternativer Laserquellen<br />
mit grünen oder sogar blauen<br />
Wellenlängen wird das Reflektionsverhalten<br />
des Kupfers optimiert und das Material lässt<br />
sich kontrolliert aufschmelzen.<br />
Bessere Reproduzierbarkeit und<br />
höhere Genauigkeit<br />
In diesem Kontext eröffnet insbesondere der<br />
3D-Druck von komplexen Induktoren aus<br />
hochleitfähigem Kupfer, die zur induktiven<br />
Erwärmung genutzt werden, großes Potenzial.<br />
Bei der induktiven Erwärmung generiert<br />
der Induktor ein magnetisches Wechselfeld,<br />
wodurch im Bauteil ein elektrischer<br />
Strom induziert und das Material durch<br />
joulesche Erwärmung aufgeheizt wird. Das<br />
effektive und gut reproduzierbare Verfahren<br />
hat sich vor allem bei der Randschichthärtung<br />
von hochbeanspruchten Bauteilen wie<br />
Zahnrädern oder Getriebebauteilen als industrieller<br />
Standard durchgesetzt. Die Qualität<br />
des eingestellten Härtebildes hängt dabei<br />
unmittelbar vom erzeugten Magnetfeld und<br />
somit von der Form des Induktors ab.<br />
Konventionell werden Induktoren durch<br />
das Biegen und Verlöten von Kupferprofilen<br />
34 <strong>Der</strong> <strong>Betriebsleiter</strong> <strong>10</strong>/<strong>2018</strong>