29.10.2018 Aufrufe

Berliner Kurier 28.10.2018

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Horizontbögen zur Standortbestimmung<br />

Die beiden goldenen Bögenanden Rändern der Scheibe<br />

werden als Horizontbögen interpretiert.„Hält man die<br />

Scheibehorizontal, so bezeichnet der rechte Bogen den<br />

Bereich,innerhalb dessen die Sonne während eines<br />

Jahresaufgeht“, erklärtder Astronom Wolfhard<br />

Schlosser –beim vorderen Endpunktzur Wintersonnenwende,beim<br />

hinteren zur Sommersonnenwende.<br />

Der linke Bogen zeige die Sonnenuntergänge.<br />

Ausden Horizontbögenließ sich die<br />

geografische Breite des Standorts ermitteln:<br />

30 Kilometer nördlich und südlich des<br />

heutigenMagdeburg. VomMittelberg, dem<br />

späteren Fundortder Scheibe, aus<br />

gesehen,soll die Sonne zur Sommersonnenwende<br />

genau hinter dem Brocken<br />

untergegangen sein. Irgendwann fügte<br />

jemand einenweiteren goldenen<br />

Bogen am unteren Rand derScheibe<br />

hinzu.Erwirdals Schiff interpretiert.<br />

dem Orient, schreiben Sie.<br />

Am Anfang unserer see For-<br />

schungen schoben wir alles,<br />

was auf allzu entfernte Ursprünge<br />

verwies, erst einmal<br />

weit weg. Nach und nach klärten<br />

uns die metallurgischen<br />

Untersuchungen aber auf,<br />

dass die Himmelsscheibe das<br />

Produkt einer Kultur sein<br />

musste, die eingebettet war in<br />

einen Fernhandel von Gegenständen<br />

und Wissen, der weit<br />

über unsere bis dahin gepflegten<br />

Vorstellungen hinausging.<br />

Unweit des Fundortes der<br />

Himmelsscheibe gruben Sie<br />

mächtige Grabanlagen aus.<br />

Die Fürstengräber von Leubingen<br />

und Helmsdorf sind schon<br />

vor mehr als 100 Jahren ausgegraben<br />

worden. Wir haben jetzt<br />

den größten Grabhügel der mitteleuropäischen<br />

Bronzezeit entdeckt.<br />

Zuvor waren die Männer mit ihren<br />

Waffen beerdigt worden. Jetzt durfte<br />

keiner mehr Waffen mit ins Grab<br />

nehmen, nur der Fürst. Der tat das<br />

im Übermaß. Außerdem fanden sich<br />

Langhäuser, in denen bis zu 100<br />

Männer untergebracht waren, zu denen<br />

Waffendepots gehörten.<br />

Das Gewaltmonopol des Staates!<br />

Eine sehr moderne Formulierung.<br />

Aber unsere Funde sagen genau das:<br />

Der Einzelne hat keine Waffen mehr.<br />

Die gehören jetzt dem Fürsten, dem<br />

Staat. Und noch etwas: Die Siedlungen<br />

sind nicht befestigt. Keine Hinweise<br />

auf Überfälle oder Plünderungen.<br />

Das Land scheint befriedet. Die<br />

Bevölkerung ist besser ernährt als<br />

zuvor. Wir wissen aber noch nicht,<br />

wo die Truppen zum Einsatz kamen.<br />

Womöglich an den Grenzen des<br />

Territoriums?<br />

Wir suchen noch. Vielleicht waren<br />

die Truppen auch über das Reich<br />

verteilt, um Präsenz zu zeigen. „Territorium“<br />

ist aber ein wichtiger Begriff.<br />

Das „Reich von Nebra“ unterscheidet<br />

sich von anderen frühen<br />

Staaten in wichtigen Punkten. Einer<br />

ist: Es liegt offen in der Landschaft.<br />

Im<br />

pharaonischen<br />

Ägypten<br />

zum Beispiel<br />

saß die<br />

Bevölkerung in<br />

einem Käfig.<br />

Rechts und links<br />

vom Nil begann bald<br />

die Wüste. Keine Alternative<br />

für die Bauern. Hier<br />

in Mitteldeutschland ist die<br />

Frage „Warum unterwerfen sich<br />

die vielen dem einen?“ nicht mit einem<br />

Hinweis auf die Waffengewalt<br />

allein zu beantworten.<br />

Knechtschaft ist doch immer auch<br />

eine „freiwillige“.<br />

Es muss auch eine stützende Ideologie<br />

geben. In Aunjetitz, im Reich<br />

Bitte umblättern

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!