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Berliner Kurier 28.10.2018

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20 JOURNAL BERLINER KURIER, Sonntag, 28. Oktober 2018<br />

Rami<br />

HeWill,HeWill<br />

Malek<br />

Der 37-jährige Schauspieler,bekannt aus der Serie „Mr.Robot“, brilliert<br />

als Queen-Sänger Freddie MercuryimKinofilm „Bohemian Rhapsody“<br />

Du bist unser Freddie!“,<br />

sagte Brian<br />

May. Der Queen-<br />

Gitarrist pflegt außerhalb<br />

der Rockbühne das<br />

Auftreten eines höflichen,<br />

aber eindringlichen Gentlemans.<br />

Rami Malek, der Auserkorene,<br />

wagte nicht zu widersprechen:<br />

„Es war so eine<br />

Pistole-am-Kopf-Situation.<br />

Was tun? Fliehen oder kämpfen?“<br />

Rami Malek nahm den<br />

Kampf an: „Ich bin mit der<br />

Musik von Queen groß geworden.<br />

Man kann<br />

sich vorstellen,<br />

welches<br />

Gewicht ich<br />

plötzlich auf<br />

mir spürte, doch gleichzeitig<br />

begann es in mir leidenschaftlich<br />

zu arbeiten, einen<br />

Zugang zu dieser einzigartigen<br />

Persönlichkeit zu finden.“<br />

Äußerlich besitzt Malek,<br />

US-Schauspieler mit ägyptischen<br />

Wurzeln, einen ähnlichen<br />

dunklen Teint wie<br />

Freddie Mercury, der als<br />

Diplomatensohn Farrokh<br />

Bulsara auf der afrikanischen<br />

Insel Sansibar geboren wurde.<br />

Doch der 37-Jährige ist<br />

kleiner und wirkt beim Interview<br />

fragiler als der legendäre,<br />

„We Will Rock You!“-<br />

stampfende Queen-Frontmann.<br />

Umso beeindruckender ist<br />

es, wie sich Malek auf der<br />

Leinwand verwandelt: „Bohemian<br />

Rhapsody“, das seit<br />

zehn Jahren vorbereitete<br />

Epos über die Kultband<br />

Queen, ist ein Ereignis, das<br />

vor allem von der Aura seines<br />

Hauptdarstellers lebt.<br />

Der 134-minütige Film, ab<br />

31. Oktober im Kino, lässt die<br />

große Zeit von Queen wieder<br />

lebendig werden, mit fesselnden<br />

Konzertsequenzen<br />

und aufwühlenden Backstage-Einblicken,<br />

bei der jeder<br />

im Vorfeld auch noch so kritische<br />

Queen-Fan auf seine<br />

Kosten kommen dürfte.<br />

Dabei vollzieht Freddie<br />

Mercury/Rami Malek eine<br />

„Es war eine<br />

Pistole-am-Kopf-<br />

Situation“<br />

faszinierende Wandlung:<br />

Aus dem schüchternen Design-Studenten<br />

wird ein<br />

Mann, der seine opulente,<br />

klassisch geschulte Stimme<br />

einsetzt, um sich neu zu erfinden:<br />

Im London der wilden,<br />

bunten 70er-Jahre wird<br />

er zur männlichen Primadonna.<br />

Die Musiker der Band<br />

Smile, für die als Roadie arbeitet,<br />

überredet er, sich in<br />

Queen umzubenennen.<br />

Das ist ein Statement im<br />

Land der echten Queen. Ähnlich<br />

frech diktiert er bald mit<br />

exzentrischen Outfits das Erscheinungsbild<br />

der Band.<br />

Und es entsteht ein neuer,<br />

opernhafter Rocksound, der<br />

schließlich die Fußballarenen<br />

dieser Welt erobert.<br />

„Für mich<br />

ist es faszinierend,<br />

wie<br />

Freddie sich<br />

zu Beginn<br />

seiner Karriere<br />

mit seinen Unsicherheiten<br />

arrangiert und daraus<br />

eine Aura geformt hat, mit<br />

der er auf der Bühne die<br />

Menschen manipulieren<br />

konnte“, sagt Rami Malek<br />

über seine erste Kino-Hauptrolle.<br />

Dazu gehöre zum Beispiel,<br />

dass Mercurys prätentiöse<br />

Redeweise auch darauf<br />

zurückzuführen ist, dass er<br />

anfangs seine hervorstehenden<br />

Schneidezähne zu kaschieren<br />

versuchte.<br />

Mit markanten Nebenrollen<br />

arbeitete sich Rami Malek<br />

ins Rampenlicht vor. Die<br />

größte Aufmerksamkeit erzielte<br />

er mit der US-Thrillerserie<br />

„Mr. Robot“, für die er<br />

2016 einen Emmy als bester<br />

Darsteller erhielt.<br />

Die Performance erregte<br />

auch das Interesse der<br />

Queen-Musiker Brian May<br />

und Roger Taylor, den einflussreichen<br />

Produzenten<br />

von „Bohemian Rhapsody“.<br />

Rami Malek mit<br />

Christian Slater<br />

in „Mr.Robot“ ...<br />

Diese hatten bereits etliche<br />

Drehbuchautoren verschlissen.<br />

Und der lange als Freddie-Darsteller<br />

gehandelte<br />

Schauspieler Sacha Baron<br />

Cohen („Borat“) stieg genervt<br />

aus. Gerüchten zufolge<br />

wollte er Mercury drastischer<br />

verkörpern: die Kokain-Partys,<br />

die Sex-Eskapaden<br />

in den Gay-Szenen von<br />

New York und München,<br />

sein Aids-Leiden bis zu seinem<br />

Tod 1991.<br />

Brian May sah das Erbe von<br />

Queen –und wohl auch seinen<br />

eigenen Anteil daran –<br />

gefährdet. Der Film endet<br />

nun mit der spektakulären<br />

Live-Aid-Show 1985 im Londoner<br />

Wembley-Stadion.<br />

Millionen von TV-Zuschauern<br />

erlebten einen energiegeladenen<br />

Freddy Mercury,<br />

der damals schon wusste,<br />

dass er nur noch wenige Jahre<br />

zu leben hat.<br />

Der Film wurde<br />

vom „X-<br />

Men“-Regisseur<br />

Bryan Singer begonnen<br />

und nach internen<br />

Konflikten von Dexter Fletcher<br />

beendet. Zu den bewegendsten<br />

Szenen zählt das<br />

Gelübde, das die Queen-Musiker<br />

am Ende einer Studioprobe<br />

ablegen: über die Aids-<br />

Erkrankung Mercurys zu<br />

schweigen.<br />

Brian May erinnert sich:<br />

„Wir stellten uns vor ihn wie<br />

ein Schutzpanzer. Wir logen<br />

alle an, selbst unsere Familien,<br />

weil er nicht wollte, dass<br />

die Welt ihm bei seinem<br />

Kampf zusieht oder die Menschen<br />

Queen-Platten aus<br />

Mitleid kaufen.“<br />

In der Erfolgsserie „Mr. Robot“<br />

verkörpert Rami Malek<br />

einen Computer-Hacker, der<br />

seinen Job genial erledigt,<br />

den aber auch psychische<br />

Probleme aus der Bahn werfen.<br />

Diese Fähigkeit zum<br />

doppelbödigen Spiel bringt<br />

der Schauspieler auch in seine<br />

Freddie-Mercury-Darstellung<br />

ein. „Es ist nicht dieses<br />

einfache Jekyll-und-Hyde-Ding“,<br />

sagt Malek, „Freddie<br />

hatte so viele Gesichter<br />

und Facetten. Er spielte den<br />

Macho, und in privaten Momenten<br />

war er in sich gekehrt<br />

und verletzlich.“<br />

Mercurys Bisexualität und<br />

seine Identitätskämpfe sind<br />

im Film immer präsent, werden<br />

aber nicht voyeuristisch<br />

ausgeschlachtet. Ein Fokus<br />

liegt auf seiner Beziehung zu<br />

der Mode-Verkäuferin Mary<br />

Austin (Lucy Boynton). Ihre<br />

Freundschaft blieb bestehen,<br />

„Es ist nicht dieses<br />

einfache Jekyllund-Hyde-Ding“<br />

der Sänger<br />

widmete<br />

ihr<br />

seine<br />

Ballade<br />

„Love Of My Life“.<br />

Rami Malek: „Mary hat ihn<br />

auf eine Weise verstanden<br />

wie sonst niemand. Ihr hat er<br />

vertraut, und es dürfte manchen<br />

Zuschauer überraschen,<br />

welchen Einfluss sie<br />

auch auf Freddies Karriere<br />

genommen hat.“<br />

In der Vita des Einwandererkindes<br />

Freddie Mercury<br />

sieht Rami Malek viele Aspekte,<br />

die er selbst erfahren<br />

hat: „Er war entwurzelt und<br />

hat mit den Talenten, die er<br />

in sich gespürt hat, nach Liebe<br />

und einem neuen Zuhause<br />

gesucht.“<br />

Maleks Vater, ein Touris-<br />

... und in „Bohemian<br />

Rhapsody“, der in<br />

Kürze im Kino läuft<br />

tenführer in Kairo, wanderte<br />

mit seiner Frau 1978 nach<br />

Kalifornien aus. „Sie wollten<br />

ein besseres Leben für mich,<br />

hätten sich gewünscht, dass<br />

ich Arzt werde“, sagt Rami<br />

Malek. „Als ich ihnen eröffnete,<br />

dass ich lieber eine<br />

Schauspielschule besuchen<br />

möchte, war das sehr schwer<br />

für sie.“ Zu Hause sei Arabisch<br />

gesprochen worden, in<br />

der Schule habe er sich nicht<br />

zur Mehrheit gehörend gefühlt.<br />

Malek: „Man muss<br />

dann eine große Kraft aufwenden,<br />

zu seinen Wünschen<br />

zu stehen und diese<br />

zu verwirklichen.“<br />

Freddie Mercurys<br />

Live-Power erarbeitete<br />

sich Malek mit Hilfe einer<br />

Bewegungstrainerin.<br />

Er ging dabei an<br />

physische Grenzen.<br />

Die Live-Aid-Bühne<br />

wurde orginalgetreu<br />

nachgebaut: „Nach<br />

den Konzertszenen<br />

stand ich kurz davor,<br />

bewusstlos zu<br />

werden, und ich<br />

war um ein paar<br />

Kilo leichter.“<br />

Die Gesangsparts<br />

sind ein raffinierter<br />

Mix aus Mercury Original-Stimme<br />

und Passagen<br />

von Malek. Zur Einspielung<br />

ging er ins berühmte<br />

Abbey-Road-Studio. „Ich<br />

hatte ein bisschen Zeit, ging<br />

herum und betrachtete all<br />

die Bilder an der Wand. Da<br />

entdeckte ich zwischen den<br />

Beatles und Pink Floyd ein<br />

Porträt von Freddie. Er blickte<br />

mich streng an und schien<br />

zu sagen: „Nein, mach das<br />

nicht.“ Uwe Killing

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