antriebstechnik 11/2018
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ELEKTROMOTOREN I TITEL<br />
03 Der Precistep-Schrittmotor mit 8 mm<br />
Durchmesser und 13,8 mm Länge liefert<br />
ein Drehmoment von 0,65 mNm<br />
Frequenz registrieren. Unterstützt wird die<br />
Messung von Geräten, die Windstärke,<br />
Luftdruck, Temperatur und das Magnetfeld<br />
aufzeichnen. So lassen sich Informationen<br />
gewinnen, ob detektierte Schwingungen<br />
wirklich seismischen Ursprungs sind oder<br />
nur das Resultat von Störfaktoren auf der<br />
Marsoberfläche. In Summe kann das<br />
Instrument Erschütterungen detektieren,<br />
die den Boden des roten Planeten um<br />
weniger als die Dicke eines Wasserstoffatoms<br />
auslenken. Die NASA spricht deshalb<br />
„vom sensibelsten Seismometer, das je gebaut<br />
wurde.“ Die hohe Präzision ist nur deshalb<br />
möglich, weil das von drei Faulhaber-<br />
Schrittmotoren elektrisch angetriebene<br />
Positioniersystem eine ausgeklügelte Nivellierung<br />
vornimmt. Entwickelt wurde das<br />
System übrigens in Deutschland am Max-<br />
Planck-Institut für Sonnensystemforschung<br />
in Göttingen.<br />
Materialausdehnungen<br />
kompensieren<br />
Zur hohen Messgenauigkeit trägt zudem<br />
ein thermischer Ausgleich des Federmechanismus<br />
des Seismometers bei. Das<br />
ist notwendig, weil die Temperaturen auf<br />
dem Mars im Wechsel der Jahreszeiten<br />
stark variieren. Die unterschiedlichen<br />
Temperaturen lassen Werkstoffe schrumpfen,<br />
sich ausdehnen und ihre Festigkeit<br />
verändern. Das hat auch auf den Federmechanismus<br />
Auswirkungen. Drei weitere<br />
Schrittmotoren von Faulhaber (Serie<br />
AM0820) haben deshalb die Aufgabe,<br />
diese Veränderungen auszugleichen. Sie<br />
messen im Durchmesser lediglich 8 mm,<br />
sind knapp 14 mm lang und liefern ein<br />
Drehmoment von 0,65 mNm. Sie arbeiten<br />
mit einer Auflösung von 20 Schritten pro<br />
Umdrehung und sind mit Planetengetrieben<br />
gleichen Durchmessers kombiniert.<br />
Die Edelstahlgetriebe sind für den Einsatz<br />
auf dem Mars mit einem speziellen Schaft<br />
versehen und haben ein besonders beschichtetes<br />
Kugellager.<br />
Weltraumtaugliche Schmierung<br />
der Kugellager<br />
Der Bau des Seismometers lang vornehmlich<br />
in der Hand von Sodern, einer<br />
Tochtergesellschaft der Ariane-Gruppe<br />
aus Frankreich. Bei der Evaluation der<br />
Antriebstechnik war Sodern auf der<br />
Suche nach der besten technischen Ausstattung.<br />
„Das war schon eine aufwändige<br />
Recherche“, blickt Pressesprecher Rémy<br />
Lambertin zurück. „Wir waren schließlich<br />
in Begriff, eines der kleinsten Instrumente<br />
zu bauen, das wir jemals auf den Mars geschickt<br />
haben.“ Und kleiner bedeutet, dass<br />
die Konstruktion auch zerbrechlicher ist.<br />
Folglich lag die Messlatte hoch bei Aspekten<br />
wie Robustheit, Langlebigkeit und<br />
Betriebssicherheit.<br />
Eine besondere Herausforderung beim<br />
Einsatz innerhalb des Seismometers bestand<br />
nach Auskunft von Rémy Lambertin<br />
darin, die Antriebstechnik wirksam zu<br />
schmieren. Ein spezielles Schmiermittel<br />
ist deshalb notwendig, weil auf der Marsoberfläche<br />
ein durchschnittlicher Druck<br />
von lediglich 6,36 hPa herrscht. Das entspricht<br />
in etwa dem Luftdruck auf der Erde<br />
in 35 Kilometern Höhe. Die verlässliche<br />
Schmierung der Kugellager der Motoren<br />
sowie der Gleitteile der Getriebe mit einem<br />
Produkt aus dem Hause Dicronite gehört<br />
zu den entscheidenden Faktoren, um auf<br />
der Marsoberfläche spielfrei und mit langer<br />
Lebensdauer zu arbeiten.<br />
Mindestens 160 Korrekturzyklen soll<br />
die gemeinsam mit der französischen<br />
Faulhaber Tochtergesellschaft konzipierte<br />
Schrittmotor-Antriebslösung auf dem<br />
Mars über einen Zeitraum von zwei Jahren<br />
durchhalten. Die auf der Erde unternommenen<br />
Lebensdauertests waren sogar auf<br />
sechs Jahre ausgelegt – und dieses in<br />
einem thermischen Arbeitsbereich von<br />
– 120 bis + 70 °C. Kein Wunder eigentlich,<br />
dass die Motoren die Tests mit Bravour<br />
bestanden haben, Schrittmotoren von<br />
Faulhaber haben sich schließlich in solch<br />
anspruchsvollen Umgebungsbedingungen<br />
bereits in anderen Mars-Missionen der<br />
NASA und ESA bewährt. Die insgesamt<br />
sechs Antriebsachsen arbeiten im SEIS mit<br />
einer Positioniergenauigkeit, deren Toleranz<br />
unter 0,1° liegt. Ihre Spielfreiheit<br />
gewährleistet eine dauerhafte hohe Wiederholgenauigkeit<br />
der Verfahrwege. Mit<br />
ihrer Präzision und Zuverlässigkeit werden<br />
die kleinen Schrittmotoren jetzt entscheidend<br />
dazu beitragen, die Frage zu klären,<br />
ob der Mars bebt.<br />
Fotos: Aufmacher, 01 + 02: Sodern Ariane Group <strong>2018</strong>;<br />
03: Faulhaber<br />
www.faulhaber.com<br />
22 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>11</strong>/<strong>2018</strong>