antriebstechnik 11/2018
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ELEKTROMOTOREN<br />
Wenn’s mal wieder länger dauert …<br />
Realisation von extrem langsamen Geschwindigkeiten bei BLDC- und Schrittmotoren<br />
Bei vielen Anwendungen in den<br />
unterschiedlichsten Branchen<br />
sind prozesstechnisch hohe<br />
Dynamik und Flexibilität die<br />
entscheidenden Anforderungen<br />
an die eingesetzte<br />
Antriebstechnik. Es gilt, auch bei<br />
sehr langsamen Drehzahlen eine<br />
hohe Regelgüte zu erreichen.<br />
Um bei dynamischen<br />
Anwendungen auch im unteren<br />
Drehzahlbereich ab 0 min -1 eine<br />
sehr gute Regelsteifigkeit zu<br />
erreichen, hat Nanotec einen<br />
intelligenten Software-<br />
Algorithmus entwickelt.<br />
Rainer Schönwald ist Entwicklungsleiter<br />
bei der Nanotec Electronic GmbH &<br />
Co. KG in Feldkirchen<br />
Beschwerlich zieht der Boxermotor mit<br />
30 PS die Karosserie des Käfers über die<br />
Alpen gen Süden. Schnell mal einen Cappuccino<br />
am Gardasee trinken, das war in<br />
den 60er Jahren ohne entsprechende Vorbereitungen<br />
und dem Mitführen eines Survival<br />
Kits (Blumenvase, gehäkelte Toilettenpapierrolle…)<br />
undenkbar. Außerdem belastete<br />
die Anreise mit einer bauartbedingt geringen<br />
Geschwindigkeit das Zeitbudget der<br />
zur Verfügung stehenden Urlaubstage von<br />
ehemals durchschnittlich 20 Tagen spürbar.<br />
Wenn sich dann noch in den Bergen der<br />
Herbst ankündigte, vernebelte ein dichter<br />
weißer Dunst zu später Stunde oftmals die<br />
Sicht auf die Straßenführung. Spartanisch<br />
ausgeführte Straßenmarkierungen und -begrenzungen<br />
reduzierten die Durchschnittsgeschwindigkeit<br />
auf natürliche Weise weiter<br />
dramatisch. Exponentiell umgekehrt zur<br />
Anzahl der sicht- und erkennbaren Leitpfosten<br />
stieg die Unsicherheit, wann sich<br />
schemenhaft der nächste rettende Orientierungspunkt<br />
zeigen würde.<br />
Ein Stand der Technik<br />
Vergleichbar sind die Rahmenbedingungen<br />
von geregelten (Closed Loop = CL) BLDCund<br />
Schrittmotoren mit Feedback bei langsamen<br />
Geschwindigkeiten. Konstruktiv<br />
eigentlich für hohe Geschwindigkeiten ausgelegt,<br />
kommen diese Systeme bei Encoderauflösungen<br />
von durchschnittlich 500<br />
bis 4 096 Inkr./U und sehr geringen Drehzahlen<br />
in Bezug auf ihre Dynamik an regelungstechnische<br />
Grenzen. Wird z. B. nur<br />
noch alle 10 min ein Encoderinkrement<br />
detektiert, müssen intelligente Algorithmen<br />
den Blindflug zwischen zwei Leitpfosten<br />
ausgleichen. Ziel ist es daher, eine über den<br />
gesamten Drehzahlbereich stabile und reproduzierbare<br />
rotatorische Auflösung zur<br />
Verfügung zu stellen. Eine weitere wichtige<br />
Anforderung betrifft die Positionsnachführung<br />
bzw. -korrektur.<br />
Soll die feldorientierte Regelung (Field<br />
Oriented Control = FOC) konsequent beibehalten<br />
werden, versagen aufgrund der<br />
großen Totzeiten bei sehr geringen Geschwindigkeiten<br />
bekannte Implementationen,<br />
wie die Interpolation zwischen zwei<br />
Positionsinformationen durch eine e-Funktion<br />
zu kompensieren. Vielversprechend<br />
sind Lösungen wie das Abschätzen von Geschwindigkeit<br />
und Beschleunigung. Diese<br />
Verfahren rekonstruieren aus der historischen<br />
Datenbasis das zu erwartende Verhalten<br />
und sollen dadurch die inhärent<br />
vorhandenen Quantifizierungsfehler von<br />
Low-Cost-Encodern mit geringer Auflösung<br />
kompensieren.<br />
In Abhängigkeit von der jeweiligen<br />
Anwendung und des Verwendungszwecks<br />
sind zwei Methoden für die Bestimmung<br />
der (quasi-)aktuellen Position weit verbreitet:<br />
Die zeitlich-zyklische Abtastung („fixedtime“),<br />
welche die Positionsänderung zwischen<br />
zwei Zeittakten ermittelt sowie die<br />
Erfassung der Positionsänderung („fixedposition“),<br />
welche die Zeit zwischen zwei<br />
Positionsänderungen berechnet. Von diesen<br />
beiden physikalischen Grundgrößen,<br />
Positionsänderung und Zeitschlitz, kann<br />
die aktuelle Geschwindigkeit entsprechend<br />
abgeleitet werden. Die Implementation dieser<br />
Methoden ist relativ einfach und der<br />
Ressourcenverbrauch gering. Unabhängig<br />
von der präferierten Lösung, um die Steifigkeit<br />
der Regelung zu gewährleisten, steigt<br />
24 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>11</strong>/<strong>2018</strong>