KEM Konstruktion 05.2017
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MAGAZIN<br />
PORTRÄT<br />
PORTRÄT<br />
Im Gespräch: Roland Eisenlauer, Geschäftsführer Zwick GmbH & Co. KG<br />
„Letztendlich machen wir<br />
fast alles kaputt“<br />
Die Werkstoffprüfung ist für die Qualitätssicherung in nahezu allen Branchen unerlässlich. Welche<br />
Trends und Entwicklungen es in diesem Bereich gibt, erklärt Roland Eisenlauer, Geschäftsführer bei<br />
Zwick, im Gespräch mit der <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>. Auch Industrie 4.0 spielt für die Prüfer aus Ulm schon<br />
lange eine wichtige Rolle.<br />
Interview: Johannes Gillar, stellvertretender Chefredakteur <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong><br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Herr Eisenlauer, Zwick Roell gehört<br />
zu den führenden Anbietern von Prüfmaschinen<br />
für die Werkstoffprüfung. Welche technischen Trends/<br />
Entwicklungen beobachten Sie derzeit im Bereich der<br />
Prüfmaschinen und -systeme?<br />
Eisenlauer: Für uns haben natürlich die sogenannten<br />
Megatrends Auswirkungen. Das Thema Energieeffizienz<br />
wirkt sich zum Beispiel auf die Material- und Bauteilentwicklung<br />
und somit auf deren Prüfung aus. Denn bedingt<br />
durch Laufzeitverlängerungen, höhere Temperaturen und<br />
höhere Drücke in den Kraftwerken, werden andere Materialien,<br />
wie hochwarmfeste Stähle etc., genutzt. Ebenfalls<br />
wichtig sind neue Werkstoffklassen oder Verbundwerkstoffe,<br />
die im Leichtbau zum Einsatz kommen. Das<br />
sind Themen, die sich mittelbar auf die Prüftechnik auswirken.<br />
Ein weiterer Aspekt ist die demografische Entwicklung<br />
der Bevölkerung, also deren Älterwerden. Die Fortschritte<br />
in der Medizin- und Pharmaindustrie – Selbstmedikation<br />
mittels Autoinjektoren, zum Beispiel Insulin-Pens –<br />
wirken sich ebenfalls auf die Prüftechnik aus. Unser Umsatz<br />
in der Medizin- und Pharmaindustrie wächst auch<br />
kontinuierlich und dementsprechend entwickeln wir Prüfverfahren<br />
bzw. neue Prüftechnik für diese Branchen.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Spielt im Bereich der Materialund<br />
Bauteilprüfung das Thema Industrie 4.0 bzw. Digitalisierung<br />
eine Rolle?<br />
Eisenlauer: Ja, und in Teilbereichen schon sehr lange.<br />
Gliedert man das Thema Industrie 4.0 auf in die Bereiche<br />
Informationstransparenz, Vernetzung, technische Assistenzsysteme<br />
und dezentrale Entscheidungen, dann hat<br />
die Digitalisierung für uns speziell in der Automatisierungstechnik<br />
schon länger Relevanz. Das beinhaltet die<br />
Vernetzung mit den ERP-Systemen unserer Kunden, von<br />
der Probenvorbereitung bis zur Speicherung der Prüfprotokolle<br />
und statistischen Auswertungen. Stellen Sie sich<br />
ein Stahlwerk vor, bei dem aus einer Charge Prüflinge<br />
entnommen werden. Es werden Proben hergestellt, welche<br />
von Hand an die Maschine getragen und von Hand<br />
abgeprüft werden. Oder die Proben werden vollautoma-<br />
tisch über Bearbeitungszentren hergestellt und mit Barcodes<br />
versehen, so dass sie im System und vernetzt<br />
sind. Und so begleitet uns das schon länger. Seit den<br />
90er Jahren sind unsere Sensoren mit EPROMs versehen,<br />
das heißt, sie bringen ihre eigene Information mit,<br />
und melden z.B. ich bin ein Kraftaufnehmer, ich habe eine<br />
bestimmte Nennkraft oder eine bestimmte Auflösung.<br />
Und wenn der Kunde diesen Sensor in die Elektronik einsteckt,<br />
wird er automatisch erkannt. Diese Vernetzung<br />
gibt es jetzt schon in der dritten Elektronikgeneration bei<br />
uns. Und die Kunden fragen das im stärker nach, auch im<br />
Sinne der Nachvollziehbarkeit und der Datensicherheit.<br />
Bei Aluminiumlegierungen für die Luftfahrtindustrie werden<br />
die Prüfergebnisse zum Teil 30 Jahre und länger aufbewahrt.<br />
Da spielt das natürlich eine große Rolle.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Bei Materialprüfungen bzw.<br />
Bauteilprüfungen geht es um Verfügbarkeit, Lebensdauer<br />
und Genauigkeit. Welche Rolle spielt vor diesem<br />
Hintergrund das Thema Sicherheit beziehungsweise<br />
der Schutz vor Manipulationen?<br />
Eisenlauer: Das Thema Schutz vor Manipulation von<br />
Prüfergebnissen kam im speziellen aus der Medizinbranche,<br />
wird in der Zwischenzeit aber in mehreren Branchen<br />
nachgefragt. Wir nennen das „Erweiterte Nachvollziehbarkeit“.<br />
Das Ändern von Prüfparametern oder Vorgabeparametern<br />
kann zu einem anderen Ergebnis führen und<br />
damit zur Manipulation der Ergebnisse beitragen. Ein Beispiel:<br />
Wenn die Prüfgeschwindigkeit bei bestimmten<br />
Werkstoffen schneller ist als die Norm vorgibt, erzielen<br />
sie höhere Festigkeiten und da sollte man natürlich wissen,<br />
falls jemand so eine Änderung vorgenommen hat.<br />
Dieses Szenario gilt für den manuellen Betrieb. Im vollautomatischen<br />
Prüfbetrieb ist das nicht so einfach möglich,<br />
da lässt sich leichter sicherstellen, dass Benutzer keinen<br />
Einfluss auf die Ergebnisse nehmen können.<br />
Wir haben ein Gesamtsystem geschaffen, von der<br />
Selbstidentifikation der Sensoren, über eine umfassende<br />
Benutzerverwaltung bis hin zur umfassenden Speicherung<br />
von verwendetem Prüfplatz, Prüfequipment, Prüfparametern<br />
und den durchgeführten Veränderungen.<br />
14 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> 05 2017