Society 366 / 2014/15
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Foto: Claudia Gannon<br />
BREATHE.AUSTRIA<br />
auf der EXPO<br />
Sonja Holocher-Ertl von der Außenwirtschaft<br />
Austria über die Wirtschaftslage in Italien und die<br />
Geschäftschancen bei der EXPO 20<strong>15</strong> in Mailand.<br />
Interview: <strong>Society</strong><br />
Wie steht die italienische<br />
Wirtschaft global gesehen<br />
da?<br />
Italien wird derzeit<br />
vorwiegend über die<br />
Themen Staatsverschuldung<br />
und Wirtschaftsflaute wahrgenommen. Der<br />
Binnenkonsum – die wichtigste Komponente des<br />
italienischen BIP – bietet nun das dritte Jahr in<br />
Folge praktisch keine Wachstumsimpulse,<br />
und die Staatsverschuldung<br />
erreichte heuer<br />
im Juli sagenhafte 2.186 Mrd.<br />
Euro. Italien ist aber auch einer<br />
der größten Erzeuger Europas,<br />
und die großen Firmen<br />
sind meist gut im Export verankert<br />
und können sich trotz<br />
des schwierigen Umfelds behaupten.<br />
Den KMUs, die es bisher<br />
mit viel Einsatz und Kreativität<br />
geschafft haben, der<br />
Krise zu trotzen, geht nun aber<br />
langsam die Luft aus. Viele der<br />
8.000 Pleiten im ersten Halbjahr<br />
<strong>2014</strong> sind auf die Konsumflaute<br />
zurückzuführen. Die<br />
Italiener verfügen zwar über<br />
ein riesiges Nettoprivatvermögen<br />
von ca. 8,5 Billionen Euro<br />
(einem Vielfachen der Staatsverschuldung), gleichzeitig<br />
ist die Zahl der Armen seit 2007 stark angestiegen<br />
und Italien befindet sich auf dem viertletzten<br />
Platz der Armenstatistik der EU.<br />
Welche Erwartungen setzt die Wirtschaft in<br />
Ministerpräsident Matteo Renzi? Welche Reformen<br />
sind dringend notwendig?<br />
Matteo Renzi muss es gelingen, Reformen durchzuziehen,<br />
wachstumsfördernde Maßnahmen zu<br />
setzen und Unternehmen und Haushalte zu entlasten,<br />
um die Binnennachfrage und den Export – die<br />
Grundpfeiler der italienischen Wirtschaft – anzukurbeln.<br />
Sein für die ersten 100 Tage wohl zu ambitioniertes<br />
Programm hat er inzwischen auf 1.000<br />
Tage ausgeweitet und sich damit für die nächsten<br />
drei Jahre in Position gebracht. Dies ist sicherlich<br />
ein realistischerer Zeitraum für die Umsetzung der<br />
Reformen.<br />
Neben der Staatsverschuldung belasten starre<br />
bürokratische Systemen, hohe Steuerbelastung<br />
und schwerfällige Justiz und Verwaltung die Wirtschaft.<br />
Dringend reformiert werden muss auch der<br />
Arbeitsmarkt, denn aktuell sind rund drei Millionen<br />
Italiener arbeitslos. Die Jugendarbeitslosigkeit<br />
von 44 Prozent und der hohe Anteil von Jugendlichen<br />
ohne Ausbildung und<br />
Perspektive bereiten dabei besondere<br />
Kopfschmerzen.<br />
Welche Geschäftschancen<br />
ergeben sich für österreichische<br />
Firmen anlässlich der<br />
Expo 20<strong>15</strong> in Mailand?<br />
Die für die Expo nötigen<br />
Infrastrukturinvestitionen bieten<br />
österreichischen Firmen<br />
auch schon im Vorfeld gute<br />
Geschäftschancen. Der Österreich-Pavillon<br />
BREATHE.AUST-<br />
RIA rückt mit einem lebenden<br />
Wald die Bedeutung von Luft<br />
und Atem für die Entwicklung<br />
allen Lebens in den Mittelpunkt<br />
und thematisiert auf<br />
knapp 2.000 Quadratmetern<br />
die ökologische und technische<br />
Kompetenz Österreichs. Produkte und Knowhow<br />
in den Bereichen Lebensmittel, Technologie,<br />
Holz und Design aus Österreich werden präsentiert<br />
und Firmen können den Österreich-Pavillon auch<br />
für Image-Auftritte, B2B-Meetings und ähnliches<br />
nutzen. Parallel zur Expo organisieren die österreichischen<br />
AußenwirtschaftsCenter Mailand und<br />
Padua auf den Messen TUTTOFOOD, PLAST, IPACKI-<br />
MA, Made in Steel und SANA verschiedene Präsentationsmöglichkeiten<br />
für österreichische Firmen und<br />
stehen unseren Firmen natürlich auch für individuelle<br />
Unterstützung bei der Markterschließung<br />
zur Verfügung. Denn Italien ist auch nach Jahren<br />
der Krise mit Exportrückgängen der zweitwichtigste<br />
Handelspartner Österreichs. Es bleibt also zu<br />
hoffen, dass die Ausfuhren 20<strong>15</strong> durch Renzis Reformen<br />
und die Expo wieder steigen. •<br />
ITALIEN<br />
INTERVIEW<br />
»Die für die<br />
Expo nötigen<br />
Infrastrukturinvestitionen<br />
bieten österreichischen<br />
Firmen<br />
im Vorfeld<br />
gute Geschäftschancen.<br />
«<br />
ZUR PERSON<br />
Mag. Sonja Holocher-Ertl<br />
ist Regionalmanagerin<br />
Westeuropa der Außenwirtschaft<br />
Austria. Sie studierte<br />
Handelswissenschaft an der<br />
WU Wien und schloss einen<br />
CEMS Master ab. Sie war u.<br />
a. in den Außenwirtschaftcentern<br />
Sydney, Zagreb und<br />
London beschäftigt.<br />
www.expoaustria.at<br />
wko.at/aussenwirtschaft/it<br />
SOCIETY 2_<strong>2014</strong> | 53