16.01.2019 Aufrufe

Society 366 / 2014/15

  • Keine Tags gefunden...

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

DIPLOMATIE<br />

KOMMENTAR<br />

Die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik<br />

Catherine Ashton und der iranische Außenminister Javad Zarif im<br />

Rahmen einer Gesprächsrunde zwischen den E3/EU+3 (Frankreich,<br />

Deutschland, Vereinigtes Königreich, China, Russland und USA) und<br />

dem Iran am Mittwoch, 09. April <strong>2014</strong>.<br />

Verbündeten. Härte und Kompromisslosigkeit<br />

gaben zuletzt den Ton an.<br />

Die iranische Führung wertete das vorläufige<br />

Scheitern der Wiener Gespräche<br />

als Ergebnis der konsequenten Haltung<br />

Teherans. Man habe sich nicht vom Westen<br />

in die Knie zwingen lassen, betonte<br />

der Oberste Führer Seyed Ali Khamenei, in<br />

Richtung Hardliner im eigenen Land. Zugleich<br />

sicherte er der Welt Unterstützung<br />

für die Fortsetzung der Atomverhandlungen<br />

zu. Jedenfalls bleiben beim Stand der<br />

Dinge die westlichen Wirtschaftssanktionen<br />

vorerst aufrecht.<br />

Wortkarger reagierte der Westen. Auf<br />

Seiten der USA dürften deren Verbündete<br />

Saudi-Arabien und Israel ihren Einfluss<br />

geltend gemacht haben, hart zu bleiben.<br />

Israel hat immer wieder seinen Argwohn<br />

gegen eine Annäherung an den Iran klar<br />

artikuliert. Die Führung in Riad hat im<br />

Ringen um geopolitischen Einfluss kein<br />

gesteigertes Interesse daran, dem Iran als<br />

einem starken politischen Akteur neue<br />

Handlungsspielräume zu verschaffen.<br />

•<br />

Zweckbündnisse gegen<br />

gemeinsamen Feind IS<br />

A la longue werden dennoch Kompromisse<br />

Voraussetzung für einen tragbaren<br />

Deal sein. In den letzten Monaten bahnte<br />

sich eine Entwicklung an, die den Atomkonflikt<br />

mit den kriegerischen Konflikten<br />

im Nahen Osten verknüpft. Zum Sprengstoff<br />

Atom gesellte sich der Sprengstoff<br />

IS. In der Terrormiliz „Islamischer Staat“<br />

(IS) ist den USA und dem Iran ein gemeinsamer<br />

Feind erwachsen. Es gilt den Vormarsch<br />

der Islamisten zu stoppen, über<br />

ideologische Grenzen und politische<br />

Feindschaften hinaus.<br />

„Amerikaner und Iraner haben einen<br />

gemeinsamen Gegner, aber keine gemeinsame<br />

Strategie“, analysierte die „Neue Zürcher<br />

Zeitung“. Die Kritik, mit der Teheran<br />

anfangs die von den USA geschmiedete Anti-IS-Allianz<br />

bedachte, ist der Suche nach<br />

Mitteln und Wegen gewichen, um eine<br />

Kooperation gegen die Islamisten diskret<br />

abzuwickeln. Erleichtert wird diese Kooperation<br />

der einstigen Erzfeinde dadurch,<br />

dass die USA im Irak militärisch nur aus<br />

der Luft angreifen, während der Iran am<br />

Boden Militärhilfe gegen den IS leistet.<br />

Die alte Faustregel „Der Feind meines<br />

Feindes ist mein Freund“ gilt nicht mehr.<br />

Denn die IS-Jihadisten bedrohen alle.<br />

Neue Zweck-Allianzen bildeten sich heraus.<br />

So standen Katar und die Türkei in<br />

Ägypten hinter der Muslim-Bruderschaft,<br />

Saudi-Arabien und die VAE hingegen hinter<br />

den Militärs. Alle finden sich in der Anti-IS-Allianz<br />

wieder. Doch die kurzfristige<br />

Abstimmung der Interessen ändert nach<br />

Ansicht von Experten nichts an tief sitzenden<br />

Rivalitäten, wie sie zwischen dem<br />

Iran und Saudi-Arabien bestehen.<br />

In einem anderen Fall könnte die Annäherung<br />

nachhaltiger sein. Die IS-Gefahr<br />

führte die einstigen Feinde Iran und Irak<br />

zusammen, die sich 1980-88 einen blutigen<br />

Krieg lieferten. Nun stehen beide<br />

Staaten Seite an Seite im Krieg gegen IS.<br />

Dem irakischen Ministerpräsidenten Haidar<br />

al-Abadi wurde in Teheran volle Unterstützung<br />

zugesichert. Der Iran werde<br />

bis zuletzt gegen IS kämpfen, so Präsident<br />

Hassan Rohani. Der Iran entsandte Militärberater<br />

für die irakischen Streitkräfte<br />

und die kurdischen Peshmerga-Kämpfer.<br />

•<br />

Schade um die grosse Chance<br />

Auch Österreich erhoffte sich von einem<br />

Atom-Deal und der damit verbundenen<br />

Embargo-Lockerung Auftrieb im<br />

Iran-Geschäft. 2013 lag der Wirtschaftsaustausch<br />

über der 200-Millionen-Marke.<br />

Wien hatte auch in schwierigen Zeiten<br />

einen guten Draht zur Islamischen Republik.<br />

Ein Besuch von Bundespräsident<br />

Heinz Fischer war lange im Gespräch; dies<br />

wäre die erste Visite eines Staatschefs aus<br />

den Reihen der EU seit fast zehn Jahren.<br />

Schade um die große Chance in Wien.<br />

Doch hier waren nicht nur Atomkraft<br />

und Atomwaffen im Spiel, sondern auch<br />

Macht und Öl. Die breite Öffentlichkeit<br />

hatte fest auf einen positiven Abschluss<br />

der Gespräche gehofft. Denn ein bedeutsamer<br />

Deal in Sachen Atomenergie hätte<br />

auch zur Annäherung von politischen Akteuren<br />

in einer brisanten Nahost-Region<br />

geführt, deren Konflikte ihre Schatten auf<br />

die ganze Welt werfen. Der Atom-Krimi ist<br />

noch nicht zu Ende. Ein weiteres Kapitel<br />

ist angesagt.<br />

•<br />

SOCIETY 2_<strong>2014</strong> | 87

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!