Society 366 / 2014/15
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CHINA<br />
INTERVIEW<br />
wirtschaftsminister Rupprechter und Wirtschaftskammerpräsident<br />
Leitl gemeinsam mit einer Delegation<br />
aus 120 Mitgliedern China besucht und sich<br />
mit dem chinesischen Vizeministerpräsidenten<br />
Wang Yang und mehreren Ministern getroffen,<br />
wobei ein breiter Konsens erreicht und mehrere<br />
Kooperationsabsichten formuliert wurden. Der Besuch<br />
hat sich als sehr erfolgreich erwiesen. Die österreichischen<br />
Medien haben diesen Besuch auch<br />
aufmerksam verfolgt und ihn als Win-Win Situation<br />
bewertet.<br />
Durch gemeinsame Anstrengungen werden die<br />
bilateralen Beziehungen immer intensiver und harmonischer,<br />
und die Entwicklungstendenz ist steigend.<br />
Ich persönlich bin von einer noch besseren<br />
Zukunft der bilateralen Beziehungen überzeugt.<br />
Ich bin sehr stolz darauf, dass ich die Gelegenheit<br />
habe, bei der Entwicklung der Beziehungen zwischen<br />
Österreich und China mitwirken zu können.<br />
Gleichzeitig bin ich mir aber bewusst, dass die bilateralen<br />
Beziehungen ein großes Potenzial und<br />
noch einen langen Weg vor sich haben.<br />
Zur Zeit befindet sich die chinesische Wirtschaft<br />
in einer Phase der Umstrukturierung und<br />
des Upgradings. In Bereichen wie Urbanisierung<br />
neuen Typs und Umwelttechnologie besteht großes<br />
Kooperationspotential. China ist eine große<br />
Kulturnation und auch in Österreich spielt die Kultur<br />
eine wichtige Rolle. Österreichische Musik und<br />
Kunst sind beim chinesischen Volk sehr populär,<br />
und auch China und die chinesische Kultur sind in<br />
Österreich beliebt. Ich bin zuversichtlich, dass die<br />
Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern in allen<br />
Bereichen ein höheres Niveau erreichen kann.<br />
Ich bin der Überzeugung, dass China und Österreich<br />
auf Basis gegenseitigen Respekts Differenzen<br />
beiseite legen und nach Konsens streben sollen und<br />
können, um die gegenseitige Verständigung zu verbessern.<br />
Dabei spielen unsere Freunde im Medienbereich<br />
eine wichtige Rolle.<br />
Wie beurteilen Sie die gegenwärtige Entwicklung<br />
Chinas?<br />
Nach der rasanten Entwicklung seit der Einführung<br />
der Reform- und Öffnungspolitik vor mehr als<br />
dreißig Jahren ist Chinas Wirtschaft in eine Phase<br />
der „neuen Normalität“ eingetreten. Im ersten<br />
Halbjahr <strong>2014</strong> war die wirtschaftliche Entwicklung<br />
im Großen und Ganzen stabil und verzeichnete<br />
eine positive Tendenz. Chinas Wirtschaft ist um<br />
7,4 Prozent gewachsen, was angesichts der sich abkühlenden<br />
Weltkonjunktur und des relativ großen<br />
Abwärtsdrucks auf unsere Volkswirtschaft keine<br />
leichte Sache ist. Noch wichtiger ist, dass China<br />
nun mehr Wert auf die Qualität sowie Effizienz des<br />
Wirtschaftswachstums legt und auf die Kontinuität<br />
des Wachstums, die Umstrukturierung des Systems<br />
und die Förderung der Reformen fokussiert.<br />
<strong>2014</strong> fällt der Startschuss einer umfassenden<br />
Vertiefung der Reformen. Unter den sechzig Reformaufgaben<br />
in fünfzehn Bereichen, die auf der<br />
dritten Plenarsitzung des 18. Zentralkomitees der<br />
KP Chinas im November 2013 festgelegt wurden,<br />
»Ich bin von<br />
einer noch besseren<br />
Zukunft<br />
der bilateralen<br />
Beziehungen<br />
überzeugt.<br />
«<br />
ZHAO Bin<br />
CURRICULUM<br />
VITAE<br />
Botschafter ZHAO Bin ist<br />
im Februar 1956 geboren.<br />
Er war bereits in den frühen<br />
1990er Jahren an der Botschaft<br />
in Österreich tätig.<br />
Weitere Posten führten<br />
ihn nach Luxemburg, die<br />
Schweiz und nach Deutschland.<br />
Wiederholt war er<br />
im Außenministerium der<br />
Volksrepublik China in der<br />
Westeuropa-Sektion tätig,<br />
zuletzt als stellvertretender<br />
Referatsleiter. Er war<br />
außerdem stellvertretender<br />
Generaldirektor des Amts<br />
für auswärtige Angelegenheiten<br />
in der Stadt Shanghai.<br />
Seit Herbst 2012 ist er<br />
Botschafter der Volksrepublik<br />
China in Österreich. Er<br />
ist verheiratet und hat einen<br />
Sohn.<br />
sind bis dato schon Reformprogramme in Bereichen<br />
wie Kultur, Gesellschaft, Justiz, Finanz und<br />
Steuern, Verwaltung sowie Disziplin und Inspektion<br />
beschlossen bzw. angenommen worden. Eine<br />
Reihe von wichtigen Reformen wie Urbanisierung<br />
neuen Typs, Reform des Einwohnermeldesystems,<br />
Reform von Behördenfahrzeugen, Pilot-Reform der<br />
von der Zentralregierung verwalteten staatseigenen<br />
Unternehmen und Pilotprivatbanken der ersten<br />
Reihe wurden umgesetzt oder befinden sich im Umsetzungsprozess.<br />
In der nächsten Phase werden wir<br />
die umfassenden Reformen weiter vertiefen und die<br />
Öffnung erweitern, was nicht nur das riesige Entwicklungspotential<br />
Chinas noch weiter freisetzen<br />
und ausschöpfen, sondern auch der Weltentwicklung<br />
neue Impulse verleihen wird. In den kommenden<br />
fünf Jahren wird China Waren im Wert von<br />
mehr als zehn Billionen US Dollar importieren und<br />
gleichzeitig über 500 Milliarden US Dollar im Ausland<br />
investieren. Die Zahl der nach Übersee reisenden<br />
Chinesen wird die 500-Millionen-Marke übertreffen.<br />
Kurzum: China wird noch mehr Chancen<br />
für das Weltwirtschaftswachstum schaffen.<br />
Die vierte Plenartagung des 18. Zentralkomitees<br />
der KP Chinas hat bei den österreichischen<br />
Medien für Aufmerksamkeit gesorgt. Welche<br />
Einflüsse wird die Sitzung auf China ausüben?<br />
Könnten Sie uns die Sitzung kurz vorstellen?<br />
Wie ich schon dargestellt habe, befindet sich<br />
China in einer Schlüsselphase der umfassenden<br />
Vertiefung der Reformen. Generell gesehen weist<br />
das Land in Bezug auf Reformen, Entwicklung und<br />
Stabilität gute Resultate auf. Dennoch fehlt es während<br />
des Entwicklungsprozesses weiterhin an Ausgleich<br />
und Nachhaltigkeit, gesellschaftliche Widersprüche<br />
stechen hervor. Nur mit der umfassenden<br />
Förderung der Rechtsstaatlichkeit können wir das<br />
gesellschaftliche Interesse besser ausgleichen, die<br />
gesellschaftlichen Verhältnisse koordinieren, das<br />
soziale Verhalten regulieren und eine gesunde und<br />
stabile Entwicklung der Gesellschaft garantieren.<br />
Auf der vierten Plenartagung des 18. Zentralkomitees<br />
der KP Chinas vom 20. bis 23. Oktober ist der<br />
“Beschluss über einige Fragen zur Förderung der<br />
Rechtsstaatlichkeit“ genehmigt worden, welcher<br />
der erste spezielle Beschluss über den verstärkten<br />
Aufbau von Rechtsstaatlichkeit in der KP-Geschichte<br />
ist. Die umfassende Förderung der Rechtsstaatlichkeit<br />
ist dafür notwendig, die Regierungsfähigkeit<br />
und das Regierungsniveau der KP zu erhöhen,<br />
die Modernisierung des Verwaltungssystems und<br />
der Verwaltungsfähigkeit anzukurbeln, die rechtsstaatliche<br />
Regierung und Gesellschaft aufzubauen,<br />
die nachhaltige und gesunde Entwicklung der<br />
Wirtschaft voranzutreiben, die Harmonie und Stabilität<br />
der Gesellschaft gewährzuleisten und die<br />
Gleichheit und Gleichberechtigung in der Gesellschaft<br />
zu verwirklichen. Zugleich wirkt sich Chinas<br />
umfassende Förderung der Rechtsstaatlichkeit<br />
positiv auf die weltweite Entwicklung aus. •<br />
Hinweis: Das vollständige Interview können Sie<br />
auf www.society.at lesen!<br />
SOCIETY 2_<strong>2014</strong> | 89