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Berliner Zeitung 05.03.2019

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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 54 · D ienstag, 5. März 2019 21<br />

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Feuilleton<br />

Ausbaufähige Apokalypse<br />

Uraufführung in den Kammerspielen des Deutschen Theaters: Ferdinand Schmalz entdeckt in seinem Erbauungsstück „Der Tempelherr“ den Wert der Ruine<br />

VonDoris Meierhenrich<br />

Man könnte das neue<br />

Stück des österreichischen<br />

Sprachtüftlers<br />

Ferdinand Schmalz<br />

auf viele Arten zu spielen beginnen.<br />

Da wäre zuerst und vor allem das<br />

große Bauprojekt, um das sich hier<br />

alles dreht, und an dem von Anfang<br />

bis Ende (ginge es nach dem Autor,<br />

auch darüber hinaus) immer weiter<br />

geplant, gebaut, eingerissen, neu gebaut<br />

wird. Der Stücktitel weist es als<br />

„Tempel“ aus, ursprünglich aber ist<br />

es ein simples Einfamilienhaus, das<br />

im Bauprozess allerdings sehr bald<br />

alle familiäre Übersichtlichkeit hinter<br />

sich lässt und einem mythischmysteriösen<br />

Säulen- und Hallenlabyrinth<br />

immer ähnlicher wird.<br />

DerFacettenblick der Bremse<br />

Dann wäre da noch der Bauherr<br />

selbst, Heinar, ein „ambitionierter<br />

Lehrer“, wie sein Schwiegervater<br />

Kurt ihn verächtlich nennt. Zum<br />

Zeitpunkt des Baubeginns ist Heinar<br />

aber arbeitslos. Das soll niemand<br />

wissen, kann aber kaum geheim<br />

bleiben, weil Heinar sich unverzüglich<br />

mit Haut und Haar dem Bauen<br />

hingibt und nichts anderes mehr tut,<br />

als zu vermessen, zu graben, zu<br />

schaffen und zu machen, während<br />

seine Frau Petra, ihr Vater und die<br />

drei Freunde um den Bauplatz<br />

schleichen und Heinars höchst seltsame<br />

Baugeschichte,die vonMinute<br />

zu Minute metaphysischer wird,<br />

rückblickend erzählen.<br />

Heinar selbst bringt kein Wort<br />

heraus, auch wenn glasklar ist: hier<br />

baut jemand kein Haus, sondern an<br />

sich selbst und an einer neuen Weltordnung.<br />

Undschließlich fliegt über<br />

all dem auch noch eine heldenhafte<br />

Herumgestanden in Ruinen: Bernd Moss, Natali Seelig,Linn Reusse, Harald Baumgärtner und Edgar Eckert(v.l.) in „Der Tempelherr“<br />

Bremse, inderen Lebensraum Heinars<br />

Neubau langsam hineinragt<br />

und deren dramatischer Sturzflug<br />

auf das fremde Objekt −beobachtet<br />

und erzählt durch das Facettenauge<br />

des Insekts, in dem Zeitalter und<br />

Räume wild ineinanderstürzen −so<br />

etwas darstellt wie die tragisch-humorige<br />

Poetologie des Stücks im<br />

Kleinen. Man könnte sie auch Ruinenpoetologie<br />

nennen, denn das<br />

Brechen und Schichten vonPerspektiven<br />

ist Prinzip.<br />

In der Uraufführung dieses neusten<br />

„Erbauungsstücks“ −die fünfte<br />

ARNO DECLAIR<br />

Schmalz-Premiere im Deutschen<br />

Theater in fünf Jahren −mit dem genüsslich<br />

irreführenden Titel „Der<br />

Tempelherr“ durch den jungen Regisseur<br />

Philipp Arnold drehen sich<br />

nun zwar auch auf der Kammerspielbühne<br />

die Ruinen malerisch vor<br />

sich hin, weitere Ruinenprojektionen<br />

flimmernüber sie hinweg. Doch<br />

bleibt tatsächlich alles vordergründig<br />

starr an diesem Abend.<br />

Weder das unendliche Bauen,<br />

noch der sprachlose Bauherr selbst<br />

und auch nicht der Facettenblick<br />

der sturzfliegenden Bremse bekommt<br />

Entfaltung. Stattdessen<br />

Projektionen. Gleich zu Beginn<br />

spulen auf einer Riesenleinwand<br />

vorder Bühne Film-Enden ab: „The<br />

End“ in Ranken- und in Balkenschrift,<br />

vor Abendrot und Morgengrauen,<br />

ganz so,wie große Filmmelodramen<br />

und Historienschinken<br />

es einst liebten.<br />

Das Ende also ist am Anfang<br />

längst passiert und alles weit weg<br />

versetzt ins postapokalyptische<br />

Zombieland einer zukünftigen Antikengesellschaft,<br />

was nicht ganz<br />

unbegründet ist. Denn auch Ferdinand<br />

Schmalz lässt seine Figuren<br />

mit ihren Stimmenüberblendungen,<br />

ihrem Vor- und Zurückspringen<br />

in der Zeit, mit ihren indirekten<br />

und direkten Redewiederholungen<br />

nicht nur die Heinar-Baugeschichte<br />

ausbreiten, sondern mit<br />

ihr die Geschichte moderner Mythenbildungen<br />

und Historisierungen.<br />

„Der Tempelherr“ ist so auch<br />

eine gesellschaftskritische Satire<br />

auf die permanente Selbststilisierung<br />

und Selbstkastrierung einer<br />

Gegenwart, in der jeder Aufbruch,<br />

jeder noch so kleine revoltierende<br />

Schritt sofort wieder in bereits vorhandene<br />

Geschichts- und Bildkategorien<br />

einsortiert und zu folgenlosen<br />

Kulten ikonisiertwird.<br />

Dieses Mythische des Stücks, das<br />

Heinars Bauparabel auch als tragisch-ironischen<br />

Kippmoment unserer<br />

Gegenwart erzählt, in der<br />

nichts „Großes“, „Selbstaufopferndes“<br />

mehr geschehen kann, ohne in<br />

Lächerlichkeit oder Fanatismus abzudriften,<br />

hat Arnold zum Motor seiner<br />

Inszenierung gemacht −leider<br />

aber weniger die doppelbödige Dynamik<br />

darin, als nur deren ausufernde<br />

Karikatur.<br />

Ruinöse Fassade<br />

Anders ist die statische, einfallslose<br />

Behandlung der fünf Schauspieler<br />

nicht zu deuten, die in glitzernd-ruinösen,<br />

antikisierenden Feudalkostümen<br />

samt steinernen Chormasken<br />

wie eine Artpostapokalyptische Heiner-Müller-Gesellschaft<br />

aufgereiht<br />

an der Rampe stehen und mit quasi<br />

improvisiertem Routinewitz den<br />

klangreichen Text zum eher stumpf<br />

lauten Standkabarett machen.<br />

Offenbar glaubte Arnold, die geballte<br />

Spielerfahrung vonNatali Seelig,<br />

hier als Heinars ratlose Gattin,<br />

von Bernd Moss, Edgar Eckert und<br />

Linn Reusse als dessen gehässige<br />

Freunde und von Harald Baumgärtner<br />

als grober Schwiegervater inszenierte<br />

sich von selbst. Aber da hätte<br />

er genauer auf den Text selbst hören<br />

sollen: „sich als bauherr seiner selbst<br />

zu sehen, hieße, erst sich selbst als<br />

bauruine zu erkennen“. Ruinös aber<br />

ist hier nur die Fassade.<br />

DerTempelherr 7.3.: 19.30 Uhr; 20.3.,16.,<br />

20.4.: 20 Uhrinden Kammerspielen des Deutschen<br />

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