06.03.2019 Aufrufe

Berliner Zeitung 05.03.2019

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

4 I ITB-JOURNAL<br />

Genuss als<br />

Reisegrund<br />

Wer Essen liebt, mag<br />

die Emilia Romagna<br />

DIENSTAG, 5.MÄRZ 2019 I VERLAGSBEILAGE<br />

Gewürztraminer auf dem Gipfel<br />

Der Geograf Georg Pawlata „erfand“ die Alpenüberquerung für Genießer und gilt als Held der Wanderer<br />

Bangkok gilt ja bei Reisenden<br />

in Sachen Essen derzeit als<br />

das angesagte Ziel. Aber<br />

nicht alle Feinschmecker sind<br />

Asien-Fans oder wollen so weit<br />

fliegen. Und schließlich liebt man<br />

ja das Vertraute, das man vom<br />

Italiener an der Ecke kennt. Viele<br />

der guten Zutaten der italienischen<br />

Küche stammen aus der<br />

Region Emilia Romagna –sie wird<br />

deshalb auch gern als Bauch Italiens<br />

bezeichnet. Touristen kommen<br />

in diese norditalienische Region<br />

längst nicht nur wegen der<br />

schönen Strände in Rimini.<br />

GETTY IMAGES/ISTOCKPHOTO<br />

Zahlreiche Spezialitäten stammen<br />

aus der Gegend: angefangen<br />

vom Prosciutto di Parma, der in den<br />

traditionellen Delikatessenläden in<br />

Bologna und andernorts zu Dutzenden<br />

von der Decke hängt, über<br />

würzigeMortadellabis hin zum aufwendig<br />

hergestellten Edelschinken<br />

Culatello di Zibello. Auch der König<br />

des italienischen Käses, der Parmigiano<br />

Regiano, stammt aus der Region.<br />

40 Kilogramm wiegt ein Laib,<br />

36 Monate reift er, rund 400 Euro<br />

kostet er –kein Wunder, dass er<br />

als „gelbes Gold“ bezeichnet und<br />

mancherorts, etwa inMontecavolo<br />

di Quattro Castella, sogar in den<br />

Reiferäumen einer Bank gelagert<br />

wird. Verfeinert wird er oft mit einem<br />

anderen Produkt aus der Region,<br />

das in seiner edelsten Form nur<br />

tropfenweise mit der Pipette aufgetragen<br />

wird: der Aceto Balsamico<br />

Tradizionale di Modena. Ineinem<br />

langen Reifungsprozess wird der<br />

Balsamessig mehrfach von einem<br />

Holzfass in ein anderes umgefüllt,<br />

bis er nach frühestens zwölf Jahren<br />

in den Verkauf gelangt.<br />

Genießern empfiehlt sich eine<br />

Fahrt durchs Talder Köstlichkeiten<br />

von Parma über Reggio Emilia bis<br />

Modena. Dort sollte man ein Glas<br />

des berühmtesten Weins der Region,<br />

des Lambruscos, trinken. Einst<br />

als lieblich verpönt, hat er nun als<br />

trocken ausgebauter feinperliger<br />

Roter Kultstatus erreicht. (peb.)<br />

Weitere Informationen unter:<br />

www.emiliaromagnaturismo.it/de<br />

Nur was für Profi-Bergsteiger? Keineswegs. Der Aufstieg zu diesem Panorama gelingt dank des gut gewählten Weges auch ungeübten Wanderern.<br />

Es ist der Auftritt eines Stars.<br />

Georg Pawlata betritt den<br />

Linienbus im Pfitschtal kurz<br />

nach St. Jakob. Die müden Wanderer<br />

auf den gepolsterten Sitzen<br />

schauen auf, sie tuscheln, bis endlich<br />

einer ruft: „Das ist doch unser<br />

Führer!“ (er denkt in diesem Moment<br />

nicht daran, dass man diesen<br />

Begriff gehörig missverstehen<br />

könnte ...) –- „Jawoll!“ „Genau!“<br />

rufen andere. Abends werden sie<br />

„ihren Georg“ auf ein paar Marillenschnäpse<br />

an der Hotelbar einladen<br />

und Erinnerungsfotos mit<br />

ihm schießen. „Dass wir das noch<br />

erleben durften ...“, sagt eine Mittfünfzigerin<br />

zuihrem Mann.<br />

Georg Pawlata, der 1973 in<br />

Innsbruck geborene Geograf, ist<br />

für die Wanderer ein Held –deshalb,<br />

weil er es möglich gemacht<br />

hat, dass jeder (Wanderer) selbst<br />

ein kleiner Held sein kann. Denn<br />

wer wünscht sich nicht, mal am<br />

Stammtisch oder beim Familienfest<br />

stolz behaupten zu können:<br />

„Ich hab die Alpen überquert.“ Üblicherweise<br />

gelingt das nur sehr<br />

gut trainierten Sportlern.<br />

Auf dem bekannten Fernwanderwerg<br />

E5von Oberstdorf nach<br />

Meran muss man sechs Tage lang<br />

täglich rund 1000 Höhenmeter<br />

überwinden und für die schöne<br />

Tour München-Meran sollte man<br />

nicht nur sehr fit sein, sondern<br />

auch gut vier Wochen einplanen.<br />

Wer aber Georg Pawlata kennt,<br />

oder besser gesagt, seinen Wanderweg<br />

„Die Alpenüberquerung“,<br />

den er vor fünf Jahren auskundschaftete<br />

und ausschilderte, der<br />

schafft es auch ohne vorheriges<br />

Training relativ bequem in sieben<br />

Etappen von Gmund am Tegernsee<br />

bis nach Sterzing in Südtirol.<br />

Mehr als sechs Stunden pro Tag<br />

muss man nicht wandern, man<br />

kann das Komplettpaket mit Gepäcktransport<br />

und Hotelübernachtung<br />

für rund 1000 Euro<br />

buchen und erspart sich somit<br />

körperliche Ausdünstungen und<br />

Geschnarche im Hüttenschlafsaal<br />

und kann sich sicher sein, dass<br />

der Weg für jeden zu schaffen ist.<br />

„Dennoch“, sagt Georg Pawlata,<br />

„ein Sonntagsspaziergang ist es<br />

nicht. Man darf die Berge nicht<br />

unterschätzen.“ Er rät zu gutem<br />

Schuhwerk und Stöcken – viel<br />

WWW.DIEALPENUEBERQUERUNG.COM<br />

Nach dem Besuch des Brauhauses am Tegernsee geht es am nächsten Tag<br />

bei herrlicher Sicht auf malerischen Pfaden entlang des Achensees.<br />

mehr ist aber an Ausrüstung nicht<br />

nötig. Weder gibt es auf der Strecke<br />

halsbrecherische Kletterpartien<br />

noch Gratwanderungen bei denen<br />

man schwindelfrei sein muss.<br />

Das liegt auch daran, dass der<br />

gut ausgeschilderte Weg (zu dem<br />

es eine eigene Kompass-Wanderkarte<br />

gibt) ab und an durch<br />

bequemere Fortbewegungsmittel<br />

ergänzt wird: die offizielle, von Georg<br />

Pawlata vorgeschlagene Route<br />

rät zum Beispiel eine Ruderfähre<br />

über den Tegernsee zu nehmen<br />

mit Bus, Zillertal- und Bergbahn<br />

zu fahren oder für den Aufstieg<br />

zum Schlegeis Speichersee in<br />

1800 Meter Höhe den Linienbus<br />

zu nutzen. Von dort aus geht es<br />

bequem hinauf zur Überquerung<br />

des Alpenkamms –umsäumt von<br />

Gletschern kann man den Blick<br />

schweifen lassen. Noch stehen<br />

WWW.DIEALPENUEBERQUERUNG.COM<br />

hier Zirben, aber die Baumgrenze<br />

ist erreicht, gut 400 Höhenmeter<br />

später steht der Grenzstein: das<br />

Pfitscher Joch. 2275 Meter über<br />

dem Meeresspiegel sind die Hobbywanderer<br />

nun, sitzen in einer<br />

Hütte, die in den 60er-Jahren vom<br />

italienischen Militär besetzt war<br />

und deren hölzerner Teil 1966 bei<br />

einem Sprengstoffanschlag verwüstet<br />

wurde –ein Grenzbeamter<br />

kam dabei ums Leben.<br />

Heute ist Friede eingekehrt<br />

zwischen Italienern und Österreichern<br />

–diskutiert wird allenfalls<br />

über den Wein zu den Spaghetti.<br />

Georg Pawlata besteht auf dem<br />

trockenen Gewürztraminer – zu<br />

Recht. Den kann man sich auch<br />

nach dem Durstlösch-Bier noch<br />

leisten, schließlich geht es nun<br />

nur noch bergab und der Weg ist<br />

von dem Geografen ja so gewählt<br />

worden, dass keine Gefahren lauern.<br />

Freilich zieht sich die Strecke<br />

ein wenig, doch der Ausblick über<br />

Almwiesen und Bergbauernhöfe<br />

entschädigt: perfekte Postkartenidylle.<br />

Und will man den Schluss-<br />

Spurt zur Sauna im Hotel noch<br />

abkürzen, kann man ja den Linienbus<br />

nehmen. (Peter Brock)<br />

Infos unter:<br />

www.diealpenueberquerung.com<br />

Die Recherche wurde unterstützt von<br />

den Tourismusverbänden Tegernsee,<br />

Achensee, Zillertal und Sterzing.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!