blu Mai / Juni 2019
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ist der überraschend detailverliebt.<br />
Habt ihr euch beraten lassen von<br />
schwulen Freunden oder in Wikipedia<br />
zur Geschichte der Schwulenbewegung<br />
nachgelesen?<br />
Doktor Renz: Alles davon!<br />
König Boris: Wir haben schwule Freunde,<br />
was einer der Gründe ist, dass das auch<br />
für uns ein echtes Thema ist. Wir sind<br />
aber in Wirklichkeit nicht so technisch<br />
darangegangen. Der Wortwitz steht am<br />
Anfang, die Brechung, der Humor, das<br />
Unerwartete, statt Oma und Opa halt<br />
Opa und Opa auf der Bank sitzen zu<br />
lassen. Das ist der Funke, der so eine Idee<br />
ins Rollen bringt. Und dann schreibt man<br />
die klassische Liebesgeschichte dazu.<br />
Was anderes ist es ja im Grunde nicht.<br />
Nur, dass die beiden im Laufe des Lebens<br />
andere Hürden nehmen mussten, die<br />
das heterosexuelle Paar so nicht nehmen<br />
musste. Wenn es dann um die Details<br />
ging, haben wir aber auch nachgeguckt.<br />
Damit man keinen Scheiß erzählt. Man<br />
will sich ja auch nicht zum Lacher<br />
machen mit geschichtlichen Fehlern.<br />
Björn Beton: Zum Beispiel die Geschichte<br />
auf der Christopher Street ...<br />
Zufällig jährt sich die ja im Sommer<br />
zum 50. Mal. Das wird in New York<br />
richtig groß gefeiert und auch die<br />
CSDs hierzulande erinnern alle<br />
daran ...<br />
König Boris: ... als hätten wir das so<br />
geplant. (lachen)<br />
Doktor Renz: Das Recherchieren haben<br />
wir schon vorher angefangen, zum<br />
Beispiel mussten wir natürlich nachgucken,<br />
wann welche James-Bond-Filme<br />
gelaufen sind, damit die beiden damals<br />
und jetzt im richtigen Alter sind.<br />
Björn Beton: Wir haben so einen Text als<br />
historische Erzählung vorher noch nicht<br />
gemacht. Das ist schon etwas anders<br />
gewesen als sonst. Ein bisschen wie<br />
Drehbuchschreiben.<br />
König Boris: Wegpunkte wie die Aids-<br />
Krise haben wir ja dann aber auch persönlich<br />
schon miterlebt.<br />
Doktor Renz: Meine Frau hatte zu der<br />
Zeit, als wir an dem Song saßen, eine<br />
Stadtführung durch St. Georg mitgemacht<br />
– da wurde ihr die Geschichte<br />
eines Immobilienbesitzers erzählt, der<br />
dort auch schon zu Zeiten, als es für<br />
schwule Pärchen schwierig war Wohnungen<br />
zu mieten, an sie vermietete. Ein<br />
Grund, warum St. Georg schwuler Stadtteil<br />
geworden ist. Das hab ich den Jungs<br />
gleich erzählt und so kam die Geschichte<br />
auch in den Song.<br />
König Boris: Wir sind Storyteller. Wir<br />
machen auch Musik über alleinerziehende<br />
Mütter. Das mögen vielleicht einige als<br />
anmaßend empfinden, aber ich finde,<br />
wir machen das eigentlich immer recht<br />
gefühlvoll. So, dass man hoffentlich nicht<br />
hinterfragt nach dem Motto „Die sind<br />
doch gar keine alleinerziehenden Mütter“<br />
oder „Die sind doch gar nicht schwul“.<br />
Wir schreiben ja nicht Tagebuch, sondern<br />
machen Kunst.<br />
„Wir schreiben ja<br />
nicht Tagebuch,<br />
sondern machen<br />
Kunst.“<br />
BLU LIEBT 9<br />
Ist es ein „Konzeptalbum“?<br />
Doktor Renz: Ich sag immer, es ist kein<br />
Konzeptalbum, sondern eine Mottoparty.<br />
Klingt einfach schöner. Und ihr braucht<br />
euch auch nicht zu verkleiden. (lacht)<br />
Björn Beton: Wir waren in Niebüll in so<br />
einer ehemaligen Schule, die jetzt zum<br />
Tonstudio umgebaut ist. Da haben wir alle<br />
zusammen einfach Songs aufgenommen<br />
mit einem ganz spielerischen Ansatz.<br />
Als wir die Demos zu Hause im inneren<br />
Zirkel vorgespielt haben, hat sich ganz<br />
schnell gezeigt, dass die, die irgendwas<br />
mit Liebe zu tun hatten, am besten ankamen.<br />
Unser Wegbegleiter André – oder<br />
religiöser Berater, wie ich ihn auch gerne<br />
nenne – hat dann die Idee spontan in den<br />
Raum gestellt, doch einfach ein ganzes<br />
Album nur mit Liebesliedern zu machen.<br />
Und irgendwie hat uns das auch wirklich<br />
geholfen, uns zu fokussieren, auch<br />
wenn Liebe als Thema jetzt nicht gerade<br />
besonders einschränkend und ja ziemlich<br />
allumfassend ist.<br />
König Boris: Das war vorher nicht so klar.<br />
Ich fand es ganz spannend, gerade das<br />
herauszufinden, dass so eine Fokussierung<br />
auch eine Chance ist.<br />
Björn Beton: Das ist dann ja passiert. Bei<br />
Themen, bei denen wir vorher gedacht<br />
haben, das wäre jetzt ein bisschen plump,<br />
so einen klassischen Protestsong gegen<br />
Rechts zu machen zum Beispiel. Welche<br />
Haltung wollen wir eigentlich dazu einnehmen,<br />
wie kommen wir nicht zu zeigefingermäßig<br />
rüber, wie schaffen wir es,<br />
trotzdem zu unterhalten? Die Liebe als<br />
Grundidee, die sich als roter Faden durch<br />
die Songs zieht, war sehr willkommen und<br />
hat uns inspiriert, noch mal neu darüber<br />
nachzudenken und uns anders zu nähern.<br />
Wie kommt man denn dann auf die<br />
Verbindung eines Möbelbaukastensystems<br />
und einer Beziehung? Wie<br />
kommt man auf diese wunderbare<br />
Textzeile „Es fällt mir wahnsinnig<br />
schwer, dich aufzubauen“?<br />
König Boris: Also erst mal: Das stimmt.<br />
Meine Hassliebe zu diesem Laden und<br />
meine Unfähigkeit, diese Sachen selber<br />
aufzubauen, sind real. Es gibt ja Leute,<br />
denen das Spaß macht. Mir nicht.<br />
Doktor Renz: Ich kenne Leute, die das<br />
echt toll finden, denen das Spaß macht<br />
und für die das fast ein Hobby ist.<br />
*Interview: Christian Knuth<br />
www.fettesbrot.de,<br />
Teil 2 des Interviews auf www.<strong>blu</strong>.fm!<br />
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