Berliner Kurier 25.04.2019

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SERIE Berlins geheimster Bierkeller Vor14Jahren kaufte JörgSchulze ein Mietshaus in Adlershof.Für dessen Bewohner baute er einen Partyraum, in dem es nie an kühlem Gerstensaft fehlt Es gibt noch Vermieter, die sich mit Herz um das Wohl ihrer Mieter kümmern. Jörg Schulze (51) aus Adlershof gehört zu dieser aussterbenden Gattung. In seinem Mietshaus steht für die Bewohner sogar jederzeit kühles Bier bereit. Das liegt an dem gut ausgestatteten Party- Keller, den Vermieter Schulze 2009 eingerichtet und 2015 weiter ausgebaut hat. Er sagt: „Ich wohne ja selbst im Haus, und alle zusammen haben wir schon manche legendäre Feier erlebt.“ Etwa alle 14 Tage trifft man sich im Keller. Dass es immer leckeren Gerstensaft zu trinken gibt, ist auch dem Bier-Experten des Hauses zu verdanken. Mieter Rick Marwitz (32) muss beruflich viel in Deutschland herumreisen und bringt jedes Mal regionale Bierspezialitäten mit. „Gerade habe ich ein Fass der Sorte Fässla aus Bamberg beschafft“, sagt Marwitz. Trifft sich dann die sogenannte Herrengruppe im Party- Keller wird Spanferkel, Eisbein oder eine andere betont „männliche“ Speise kredenzt. „Grundsätzlich gilt, dass jeder Bewohner etwas mitbringen muss, denn wir sind ja keine öffentliche Kneipe“, betont Hausherr Schulze. Dennoch hat der Partykeller einen echten Kneipennamen: Zur Rohrschänke. Das liegt an den zahlreichen Rohren, die unter der nur 1,90 Meter hohen Decke VonMIKE WILMS und FLORIAN THALMANN verlaufen. „Der Keller wurde ursprünglich 1906 beim Bau des Hauses angelegt und im Zweiten Weltkrieg zum Luftschutzkeller umgebaut“, sagt Jörg Schulze. Bis heute sieht man die massive Tür und die Betonstützen, die den Bomben widerstehen sollten. Nachdem Schulze vor 14 Jahren das Haus mit zehn Wohnungen gekauft hatte, spielte er zuerst mit dem Gedanken, einen Sauna-Keller einzurichten –„aber Sie sehen ja selbst, welche Idee wir am Ende schöner für unsere Hausgemeinschaft fanden.“ Berlins Keller- Geheimnisse Unten spielt das Leben Das freut auch den kleinen Erik (5), der hier unten seine Kindergeburtstage feiert. Er ist der Sohn des Bier-Experten Rick Marwitz, bevorzugt nach eigener Aussage aber „Fanta oder Sprite“. Andere Hausbewohner haben Kümmerling, Obstler, Eierlikör und Ramazzotti für die Kellerbar mit Tresen und Zapfhahn gestiftet. „Es muss ja niemand mit dem Auto heimfahren“, sagt Jörg Schulze. Dazu fällt ihm noch der Running Gag ein, der zu späterStunde bei keiner Party im Mietshaus fehlen darf: „Bestellt mir doch mal ein Taxi ...“ Um den großen Speisetisch im Nachbarraum sitzen Ver- wandte und Mitbewohner von Jörg Schulze. Birgit, Evelyn, Horst, Ede, Inez und Dagmar stecken die Köpfe zusammen und plaudern. An den Wänden hängen gesammelte Kuriositäten: ein historischer Taucherhelm, Bier-Reklame von Marken wie Diebels Alt und ein herrlich kitschiger Werbeaufsteller von Wrigley’s Kaugummis. Nicht ganz jugendfrei ist der Sockel eines selbst gebauten Stehtischs: Er besteht aus der unteren Körperhälfte einer Schaufensterpuppe. In deren Unterwäsche stecken mehrere Geldscheine. Dieser Party- Keller hat fast alles: Darts, Musik, ein Fernsehgerät für Fußballspiele, Garderobe und Toilette. Aber Hausherr Schulze ist noch nicht zufrieden. Seiner Ansicht nach braucht der Keller dringend eine Bierrutsche. Er sagt: „Es wäre super, wenn wir frische Bierfässer durch ein Kellerfenster direkt vom Vorgarten in den Partyraum rutschen lassen könnten.“ Eine andere Erfindung von Jörg Schulze verbirgt sich in der Wand neben der Partykeller-Tür. Der gelernte Druckluftmonteur öffnet eine Klappe und holt eine fest installierte Druckluftpumpe heraus. Er sagt: „Damit kann jeder im Haus seine Fahrradreifen aufpumpen.“ Aber wer will überhaupt fortradeln, wenn es immer kühles Bier im Keller gibt? Wenn Hausherr Jörg Schulze ein frisches Fass rausholt,kann der Abend beginnen (gr.Foto). Überall an den Wänden des Party-Kellers gibt es etwas zu entdecken: Bier- Schilder mit Reklame oder Witzen (oben) und sogar einen historischen Taucherhelm (rechts).
SEITE21 BERLINER KURIER, Donnerstag, 25. April 2019 Einige Hausbewohner und Verwandte des Vermieters haben sich um den Tisch im Keller versammelt.Sie lieben es, hier Skat zu kloppen oder Fußball zu schauen. Fotos: Gerd Engelsmann Hier zapft der Chef noch selbst! Hausherr Jörg Schulze hat ein neues Bierfassangeschlossen und kredenzt seinen Mitbewohnern kühlen Gerstensaft (links). Die Druckluftpumpe neben der Keller-Tür ist nicht für verwegene Partyspiele gedacht: Hier kann jeder seine Fahrradreifen oder ein Plansch- Becken für den Garten aufpumpen (rechts). Die alte Kaugummi- Werbung weist den Weg zum Feier-Keller (links). Vermieter JörgSchulze hat insgesamt rund 2000 Arbeitsstunden in den Keller-Ausbau gesteckt.
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