AJOURE´ Magazin September 2019
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AJOURE / TRAVEL<br />
Eine Reise nach Tschernobyl:<br />
Wie sicher ist der Abenteuertrip in die Geisterstadt?<br />
Obgleich noch immer der Geigerzähler ausschlägt, zählt Tschernobyl<br />
zu den beliebtesten Abenteuertrips der vergangenen Jahre.<br />
Schätzungsweise 70.000 Touristen besuchten 2018 das in der<br />
Ukraine liegende radioaktiv verseuchte Sperrgebiet: Tendenz<br />
steigend. Touranbieter melden für dieses Jahr bereits einen Buchungsanstieg<br />
um 30 bis 40 Prozent. Die Ursache für diesen Hype<br />
liegt unter anderem in der US-Erfolgsserie „Chernobyl“ von HBO<br />
begründet, die seit Mai dieses<br />
Jahres über Sky ausgestrahlt<br />
wird. Was dich auf deinem Trip<br />
nach Tschernobyl, 33 Jahre<br />
nach dem Supergau, erwartet<br />
und welche Sicherheitsvorkehrungen<br />
du beachten solltest,<br />
verraten wir dir hier.<br />
Die ukrainische<br />
Geisterstadt Prypjat<br />
Du stehst auf Horrorfilme?<br />
Dann ist die rund vier Kilometer<br />
vom Unglücksreaktor<br />
Tschernobyl entfernt gelegene<br />
und einst knapp 50.000 Einwohner<br />
beherbergende Geisterstadt<br />
Prypjat genau das<br />
Richtige für dich. Im Wind<br />
knarrende, längst verrostete<br />
Riesenradgondeln sowie mit<br />
rotbraunem Rost und Gras bedeckte<br />
Wagen eines Autoscooters<br />
erwarten den wagemutigen<br />
Besucher. Auf dem Gelände<br />
des einstigen Freizeitparks, der<br />
heute einem Gruselpark ähnelt,<br />
ächzt und knirscht es an allen<br />
Enden.<br />
Leerstehende und teils eingefallene<br />
Häuser mit zerbrochenen Scheiben säumen die verlassenen<br />
und menschenleeren Straßen. Schulen und Kindergärten,<br />
in denen keine Kinder mehr lachen oder toben. Ein bis an das<br />
Mauerwerk zugewuchertes Schwimmbad mit einem gruselig anmutenden<br />
Sprungturm. Leere, Zerfall und Düsternis, wohin man<br />
blickt. Jeder Schritt und jeder Laut hallt in den Ruinen nach. Die<br />
perfekte Kulisse für einen gelungenen Horrorfilm - mit einem<br />
Unterschied: Das Szenario ist „echt“. Das Gruselfeeling, von dem<br />
der Besucher hier erfasst wird, ist sonst höchstens aus Filmen<br />
oder Videospielen bekannt. In Prypjat bei Tschernobyl wurde aus<br />
Fiktion knallharte Realität.<br />
Wie es zu dem Unglück kam<br />
Vor nunmehr 33 Jahren, am 26. April<br />
1986, führte im Kernkraftwerk<br />
Tschernobyl, nahe der Stadt Prybjat,<br />
ein fehlgeschlagener Test zu der<br />
bekannten Nuklearkatastrophe. Für<br />
einen eventuellen Stromausfall sollte<br />
am Reaktor 4 des Kernkraftwerkes<br />
überprüft werden, ob dieser im<br />
Ernstfall noch genügend Strom liefert,<br />
um ihn sicher abzustellen. Der<br />
Versuch ging schief, und der Reaktorblock<br />
überhitzte und explodierte,<br />
wobei große Mengen radioaktiven<br />
Materials freigesetzt wurden. Alles<br />
in der Umgebung, egal ob Mensch,<br />
Tier oder Natur, war der Strahlung<br />
hilflos ausgesetzt. Schätzungsweise<br />
350.000 Menschen mussten evakuiert<br />
werden und ihr Zuhause verlassen.<br />
Es wurde eine Sperrzone von 30<br />
Kilometern Umkreis errichtet. Trotz<br />
der hohen Strahlenbelastung kehrten<br />
einige Menschen in die Sperrzone<br />
zurück und teilen sich nun die<br />
Region mit Touristen.<br />
Das heutige Prybjat<br />
Trotz Strahlenbelastung wurde die<br />
Stadt im Verlauf der Jahre wiederholt<br />
von illegalen Besuchern und<br />
Plünderern heimgesucht. Um für den Fall eines weiteren Unfalls<br />
schnelle Zufahrtswege zu schaffen, sind dort noch annähernd<br />
4.000 Arbeiter beschäftigt. Die Straßen wurden bereits dekontaminiert,<br />
was bedeutet, dass sie weitgehend von der schädlichen<br />
Strahlung befreit wurden. Die aktuelle Strahlung liegt bei einem<br />
Fotos: enolabrain; Stefan; konoplizkaya / stock.adobe.com<br />
AJOURE MAGAZIN SEITE: 70 | SEPTEMBER <strong>2019</strong>