30.09.2019 Aufrufe

-flip_joker_2019-10

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

20 KULTUR JOKER NACHHALTIG<br />

Foto: Sylvia Gassner<br />

Foto: Christoph Eberle<br />

Massenprotest für das Klima<br />

Der Freiburger Klimastreik bricht Rekorde und bringt den<br />

Umweltprotest endgültig in den Mainstream<br />

Foto: Christoph Eberle<br />

Foto: Christoph Eberle<br />

Am Ende der Demonstration<br />

lag noch einmal Spannung in<br />

der Luft. Die Veranstalter verkündigten,<br />

ob der Freiburger<br />

Klimastreik nun einen neuen<br />

Größenrekord aufgestellt hätte.<br />

Und tatsächlich: Über 30.000<br />

Teilnehmende hatten am 20.<br />

September für eine Wende in der<br />

Klimapolitik demonstriert. Eine<br />

Demonstration, noch größer als<br />

die Anti-Pegida-Demonstration<br />

2015 und ein deutliches Zeichen<br />

für die Unzufriedenheit vieler<br />

BürgerInnen mit der aktuellen<br />

Klimapolitik der Bundesregierung<br />

und überhaupt all jener<br />

Regierungen, von denen sich<br />

einige einst auf ein Pariser Klimaabkommen<br />

einigten.<br />

Der eigentlich großfläche<br />

Platz der Alten Synagoge schien<br />

jedenfalls schnell maßlos überfüllt.<br />

Schon wenige Minuten<br />

nach offiziellem Beginn der Demonstration<br />

war die Innenstadt<br />

weitgehend blockiert. Für die<br />

Veranstalter auf der Bühne war<br />

es wohl selbst überwältigend zu<br />

sehen, wie auf ihre Zurufe tausende<br />

Menschen reagierten. Die<br />

kreativen Schilder und Banner<br />

waren in die Luft gestreckt und<br />

der Himmel blau. Definitiv ein<br />

guter Tag zum Demonstrieren.<br />

Dennoch dauerte es etwas, ehe<br />

sich die Demonstration langsam<br />

in Richtung Bertoldsbrunnen,<br />

Schlossbergring und schließlich<br />

am Stadtgarten vorbei über den<br />

Fahnenbergplatz zurück zum<br />

Platz der Alten Syngagoge in<br />

Bewegung setzte. Dabei waren<br />

so viele Menschen auf den Straßen,<br />

dass für ZuschauerInnen<br />

kaum mehr Platz schien. Ganz<br />

Freiburg schien auf den Straßen<br />

zu demonstrieren. Die wenigen<br />

ZuschauerInnen beobachteten<br />

das Spektakel neugierig, teils<br />

unterstützten sie die Demonstrierenden<br />

mit Bannern von den<br />

Brücken hinab oder mit treibender<br />

Musik. Ansonsten war<br />

es eigentlich eine ganz normale<br />

Demonstration, an manchen<br />

Punkten vielleicht sogar etwas<br />

zu leise, aber in jedem Fall vehement<br />

und mit vielen kreativen<br />

Einfällen. Die Schilder der Demonstrierenden<br />

waren oft mit<br />

Witz formuliert, hatten viel von<br />

der Popkultur der Schülergeneration<br />

der „Fridays For Future“.<br />

„Jeder Katastrophenfilm geht<br />

mit einer Regierung los, die<br />

Wissenschaftler*innen ignoriert“,<br />

„Save the Mermaids!!!“<br />

oder „Our Planet gets hotter<br />

than young Leo DiCaprio.“<br />

Dabei war die Demonstration<br />

weit mehr als eine bloße Fortsetzung<br />

der „Fridays For Future“,<br />

sondern eine neue Ebene<br />

des Klimaprotests, eben zu<br />

Zeiten, da die Partei der Grünen<br />

neue Zustimmungsrekorde<br />

verzeichnet und Umweltpolitik<br />

kein bloßes Rentnerthema<br />

mehr ist. Die Problematik des<br />

Klimawandels ist in der Mitte<br />

der Gesellschaft angekommen.<br />

Dafür spricht auch die stattliche<br />

Anzahl von mehr als 550 Organisationen,<br />

die den Freiburger<br />

Klimaprotest unterstützten, darunter<br />

auch viele Unternehmen,<br />

etwa unter dem Banner „Entrepreneurs<br />

For Future“.<br />

Bei all der Begeisterung bleibt<br />

aber auch Skepsis. Wird „klimafreundlich“<br />

jetzt zum neuen<br />

Label? Wird Klimapolitik<br />

sexy und rentabel? Was einst<br />

mit dem Biosiegel geschah,<br />

könnte auch mit den Anliegen<br />

der Protestierenden<br />

geschehen: Es würde einverleibt,<br />

konsumerabel und<br />

eben nicht mehr zwingend<br />

zu jener grundkritischen Frage<br />

führen, die schließlich auf<br />

der Bühne nach den Protesten<br />

deutlich zur Diskussion stand:<br />

Ist eine vernünftige, umweltfreundliche<br />

Politik im Rahmen<br />

des Kapitalismus wie wir ihn<br />

kennen überhaupt möglich?<br />

Komfortabel, smart und cool<br />

wird man dem Klimawandel jedenfalls<br />

nicht begegnen können.<br />

Es braucht Reibereien, Beharren<br />

und Unachgiebigkeit. Vieles<br />

davon war auf der Demonstration<br />

in Freiburg zu sehen. In<br />

gewisser Weise die Verbindung<br />

von Mainstream und kritischer<br />

linker Politik. Dass es weitergehen<br />

muss, liegt auf der Hand.<br />

Ein nur rudimentär ansetzendes<br />

Klimapaket der Bundesregierung<br />

reicht jedenfalls nicht.<br />

Fabian Lutz<br />

Foto: Christoph Eberle<br />

Die Seite NACHHALTIG unterstützt:<br />

AboOnline:<br />

Per Klick zur<br />

RegioKarte<br />

Jederzeit bequem Zugriff aufs Abo unter<br />

vag-freiburg.de/aboonline<br />

Foto: Christoph Eberle

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!