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30 KULTUR JOKER TRAUERKULTUR<br />

Der Kreislauf des Lebens<br />

Unterschiedliche Wege, den Tod zu betrachten<br />

Friedhöfe als Begegnungsstätte<br />

Die Bedeutung des Todes ist<br />

eine kulturelle und religiöse<br />

Frage. Im europäischen Raum<br />

betrachten viele das Sterben<br />

als eine unausweichliche und<br />

endgültige Angelegenheit. In<br />

anderen Kulturen hingegen betrachtet<br />

man das Sterben nicht<br />

zwangsläufig als ein Ende. Hindus<br />

sehen den Tod vielmehr als<br />

einen Neubeginn im Kreislauf<br />

des ewigen Lebens, Muslime sehen<br />

im Tod einen Übergang, der<br />

den Menschen zu Gott führt, im<br />

Christentum glaubt man an die<br />

Auferstehung nach dem Tod, zurückzuführen<br />

auf die Osterereignisse<br />

und die Maya und Azteken<br />

glaubten, dass die Toten einmal<br />

im Jahr zurückkehren und gemeinsam<br />

mit den Hinterbliebenen<br />

ein großes Wiedersehensfest<br />

feiern, das in Mexico am Día de<br />

los Muertos (1.+2. November)<br />

noch immer auf den Friedhöfen<br />

gefeiert wird. Dass wir in naher<br />

Zukunft bedenkenfreie Partys<br />

auf Friedhöfen feiern, ist wohl<br />

eher ausgeschlossen. Weniger<br />

absurd ist aber ein anderer Gedanke:<br />

Friedhöfe sind nicht ausschließlich<br />

Trauerorte, sondern<br />

können und sollen Begegnungsstätte<br />

für die Lebenden sein.<br />

Trauermonat November<br />

Faktisch gesehen verhält sich<br />

der November wie jeder andere<br />

Monat im Jahr auch. Er hat 30<br />

Tage und, ein interessanter Fakt,<br />

Fotos: GdF, Bonn<br />

beginnt mit dem identischen<br />

Wochentag wie der März,<br />

Schaltjahre ausgenommen. Was<br />

den Monat selbst jedoch von<br />

anderen unterscheidet ist seine<br />

tiefere Bedeutung: weitreichend<br />

wird der November als Trauermonat<br />

betitelt. Kein anderer<br />

Monat im Jahr hat so viele Trauertage<br />

wie er. Der Totensonntag,<br />

der Buß- und Bettag, der<br />

Volkstrauertag und auch von<br />

Seiten der römisch-katholischen<br />

Kirche wird mit Allerheiligen,<br />

Allerseelen und dem Martinstag<br />

im November der Trauer<br />

und Buße gedacht. Warum all<br />

diese Tage auf den November<br />

fallen, ist nicht ganz eindeutig.<br />

Feiertage, wie wir sie heute auch<br />

noch kennen, wurden erstmals<br />

im Mittelalter festgelegt und<br />

orientierten sich zunehmend am<br />

Alltag der Bevölkerung. In der<br />

ersten Hälfte des Kirchenjahres,<br />

das traditionell am 1. Advent beginnt,<br />

findet die Fastenzeit, Epiphanias,<br />

Ostern und Pfingsten<br />

statt. Auch der darauffolgende<br />

Sommer eignet sich nicht, da<br />

in dieser Zeit die Felder bewirtschaftet<br />

werden mussten und<br />

diese Arbeit keine Zeit für Trauer<br />

und Gedenken bereithielt. Im<br />

frühen Herbst wurde die Ernte<br />

schließlich eingefahren, ebenfalls<br />

eine arbeitsreiche Zeit, die<br />

den Gläubigen keinen Raum für<br />

das notwendige Innehalten ließ.<br />

Nach dem Erntedankfest im Oktober,<br />

blieb letztendlich also nur<br />

noch der November übrig. Ein<br />

Jahresabschnitt, in der die Natur<br />

ruht und der erste Monat des<br />

Kirchenjahres beginnt und eine<br />

Zeit, in der der Mensch selbst<br />

zur Ruhe kommen kann und sich<br />

die Zeit nehmen darf, dem Vergangenen<br />

zu gedenken und sich<br />

auf das Zukünftige zu freuen.<br />

Von Pompeji bis nach Deutschland<br />

Bereits in der Antike wurden<br />

sogenannte Gräberstraßen<br />

außerhalb römischer, griechischer<br />

und griechisch-römischer<br />

Städte errichtet, um den Toten<br />

zu gedenken. Bereits diese<br />

Grabstraßen wurden mit kleinen<br />

Tempeln, Monumenten und<br />

sogar Grabsteinen inklusive<br />

Inschriften versehen. Später<br />

übernahmen die Christen diese<br />

römische Tradition der Errichtung<br />

von Grabstätten und<br />

führten auch die beschrifteten<br />

Grabsteine weiter. Seit dem<br />

18. Jahrhundert stehen unsere<br />

Grabsteine traditionell aufrecht,<br />

in manchen Regionen<br />

wurden zwischen dem 17. und<br />

19. Jahrhundert entsprechende<br />

Grabsteine sogar mit Memoiren<br />

des Verstorbenen versehen und<br />

als „sprechende Steine“ betitelt.<br />

Eine Variante für den individuellen<br />

Grabstein sind heute<br />

auch Findlinge. Diese großen,<br />

natürlich geformten Steine<br />

symbolisieren nicht nur Ruhe,<br />

Ewigkeit und die Verbundenheit<br />

zur Natur, sondern zeigen<br />

in erster Linie einen vom Leben<br />

geformten Stein; ein schöner<br />

Gedanke für die Grabstätte einer<br />

geliebten Person.

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