GESUNDHEIT FOTO: ISTOCKPHOTO.COM/VLADORLOV PSYCHE Zu fett für App und Strand? Laut einer Studie der Universität von Waterloo ist krankhafte Selbsteinschätzung des eigenen Körpers ein häufiges Problem für queere Männer, die Dating-Apps verwenden. Vor allem die App Grindr wirke sich demnach negativ auf das Körperbild der Nutzer aus, insbesondere was das Gewicht betrifft. Drei von vier Männern, die Sex mit Männern haben, nutzten diese App statistisch schon. „Dating-Apps sind in den letzten zehn Jahren immer beliebter geworden und haben die Art und Weise, wie Menschen miteinander in Kontakt treten, radikal verändert“, so Eric Filice, Hauptautor der Studie. „Wir waren überrascht, wie das Gewichtsstigma von einzelnen Benutzern aufrechterhalten und in die Informationsarchitektur der App eingebettet wird.“ Als Beispiel für diese systemimmanente Förderung eines gestörten Selbstbildes nannten die Studienmacher die Anonymität in der App und auch die Angabemöglichkeiten zur Körperbeschreibung, die es erleichtern sollen, zum Beispiel tatsächliches Übergewicht, das als stigmatisierend empfunden wird, zu kaschieren. Die Forscher fassten zusammen: „Menschen vergleichen ihr reales, persönliches Auftreten oft mit den sorgfältig kuratierten oder digital veränderten Darstellungen anderer, denen sie online begegnen.“ Dies könne zu weitreichenden negativen Folgen für das eigene Selbstbild führen. Als Lösung des Problems wurden von einigen Studienteilnehmern ehrlichere Fotos und korrektere Angaben zum Körper gewünscht. *ck NACHGEFRAGT Schlau zu HIV mit der AIDS-Hilfe Freiburg Erstmals in unserer Reihe mit Fachfragen zum Thema HIV und AIDS haben wir uns diesmal nicht an eine Schwerpunktpraxis gewandt, sondern an eine Beratungsstelle. Diese liegt auch nicht in einer der Metropolen Deutschlands, sondern im kleinstädtischen Bereich. Und das hat einen besonderen Hintergrund: Wir wollten wissen, wie es mit Vorurteilen und Stigmata in eher ländlichen Gebieten bestellt ist. Ralph Mackmull von der AIDS-Hilfe Freiburg gibt leider nicht wirklich Mut machende Antworten. *ck FOTO: STEFAN LAMB Berichten Besucher im Beratungsalltag von Stigmatisierungserfahrungen? Wenn ja, von welchen? Leider berichten Menschen mit HIV im Kontext unserer Beratungsangebote immer wieder und immer noch von Stigmatisierungserfahrungen. Der große Schwerpunkt ist dabei der medizinische und pflegerische Bereich. Neuralgisch für viele Menschen mit HIV ist der Besuch beim Zahnarzt. Hier kommt es – trotz mehrerer gemeinsamer Kampagnen von der Deutschen Aidshilfe und der Bundeszahnärztekammer – immer noch sehr häufig vor, dass Menschen mit HIV entweder gar keinen Termin, oder einen am Ende des Tages erhalten – mit der Begründung von besonderen hygienischen Notwendigkeiten, was völlig absurd ist und schlichtweg nicht stimmt. Gekennzeichnete Patientenakten, Einzelzimmerisolierung im Krankenhaus, Kontakt mit Pflegenden nur mit Vollkörperschutz sind weitere Erfahrungen, die uns berichtet werden. Meist liegt die Ursache von solchen Maßnahmen in mangelnder Aufklärung bzw. mangelndem Wissen über den aktuellen Behandlungsstand einer HIV-Infektion: Funktioniert die Therapie, ist die Person nicht mehr infektiös – selbst nicht mehr beim Sex. Das wissen immer noch zu wenige Menschen. Auch in der schwulen Szene ist dieses Wissen noch nicht vollständig angekommen. Immerhin scheint im Bereich der Arbeitswelt seit der Einführung der Datenschutzgrundverordnung eine Sensibilisierung bezüglich der Verwendung von Gesundheitsdaten von Mitarbeitenden stattgefunden zu haben: Wir erleben, dass die Berichte von Stigmatisierungen oder unfreiwilligen Outings am Arbeitsplatz etwas abnehmen. Welche Folgen haben diese Stigmatisierungen für die Betroffenen? Erlebte Stigmatisierung ist eine enorme psychische und seelische Belastung. Zudem bewirkt Stigmatisierung meist einen sozialen Rückzug – und das ganz gleich, in welchem Bereich die Stigmatisierung stattgefunden hat. Sie wirkt sich häufig negativ auf das gesamte Lebensumfeld aus. Gerade bei HIV ist eine latente Selbststigmatisierung oftmals stark verinnerlicht und schwächt das eigene Selbstwertgefühl und damit die eigenen Möglichkeiten, sich gegen die Stigmatisierung von außen zu wehren. Wir erleben zudem, dass Menschen mit HIV mit kaum jemandem – auch nicht im Freundeskreis – über ihre Infektion, die Stigmatisierungen und ihre belastenden Auswirkungen reden. Der eigene Partner ist oftmals der einzige Mensch, der Bescheid weiß. Die Angst, ausgegrenzt zu werden, steckt tief. Für die AIDS-Hilfen ist klar: Es ist eine der wesentlichen Aufgaben, die Öffentlichkeit weiter aufzuklären – nicht nur über die allgegenwärtige Stigmatisierung von Menschen mit HIV und deren Auswirkungen, sondern auch über den Stand der modernen Therapien. Mit einer kleinen Tablette täglich lässt sich HIV wirkungsvoll behandeln, so dass das Virus nicht mehr im Blut nachweisbar ist und eine weitere Übertragung des Virus schlicht unmöglich wird. Wer sich dies vor Augen führt, begreift, dass die alten Bilder von HIV und AIDS aus den 90er Jahren heute nicht mehr gelten und überdenkt vielleicht auch das eigene ausgrenzende Verhalten. Das ganze Interview unter www.blu.fm/topics/schlau-zu-hiv
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