SPORTaktiv Dezember 2019
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SIEGEN<br />
MARIANNE MAIER IST<br />
EUROPAS BESTE MASTERS-<br />
MEHRKÄMPFERIN – UND<br />
KÄMPFT AUCH FÜR EINE<br />
BESSERE ANERKENNUNG<br />
DES MASTERS-SPORTS.<br />
DASS LEISTUNGSSPORT<br />
ALS „JUNGBRUNNEN“<br />
TAUGT, DAVON IST AUCH<br />
SPORTAKTIV- EXPERTE KURT<br />
STEIN BAUER ÜBERZEUGT.<br />
VON CHRISTOF DOMENIG<br />
HÄLT<br />
JUNG<br />
ie sammelt Siege wie andere Facebook-Likes.<br />
Mehr als 100 bei Welt- und Europameisterschaften<br />
gewonnene Medaillen, davon 59 goldene,<br />
liegen bei Marianne Maier zu Hause im<br />
Schweizer St. Margrethen, gleich hinter der<br />
Vor arlberger Grenze. Bei der Leichtathletik-Masters-EM<br />
im Raum Venedig im September gewann die<br />
österreichisch-schweizerische Doppelstaatsbürgerin,<br />
deren sportliche Heimat die TS Höchst in Vorarlberg<br />
ist, Gold über 80 m Hürden, im Hochsprung, Weitsprung<br />
sowie im Siebenkampf in der Klasse W75.<br />
2016 bis 2018 wurde sie jeweils zu Österreichs Masters-Athletin<br />
des Jahres gewählt, Ende 2018 auch als<br />
beste Masters-Mehrkämpferin Europas geehrt.<br />
Dabei hat sie erst mit 40 Jahren mit Leichtathletik<br />
begonnen, vorher war sie ohne Leistungsambition im<br />
Turnverein. „Bei TS Höchst habe ich dann meinen<br />
langjährigen Trainer getroffen, der mir viel beibrachte“,<br />
erzählt die Medaillensammlerin, die auch mehrere<br />
Weltrekorde aufgestellt hat, etwa im Kugelstoßen.<br />
Sie begann mit dem damaligen Fünfkampf, ging bei<br />
nationalen und bald auch internationalen Wettkämpfen<br />
an den Start. „Mit dem Erfolg kommt der Ehrgeiz“,<br />
sagt sie im typisch Schweizer Understatement.<br />
Zu Beginn trainierte sie drei bis fünf Stunden die<br />
Woche; jetzt nach der Saison ist sie viermal wöchentlich<br />
rund 1,5 Stunden im Training, vor internationalen<br />
Wettkämpfen, auch mit mittlerweile 76 Jahren,<br />
fast täglich.<br />
Marianne Maier ist das Paradebeispiel, aber zugleich<br />
nur eines von vielen: Dafür, dass Sport jung<br />
hält, aber, was vielleicht nicht jedem so bewusst ist:<br />
Nicht nur moderater Gesundheitssport, sondern auch<br />
Leistungssport. Davon ist auch Sportwissenschafter<br />
Kurt Steinbauer aus unserem <strong>SPORTaktiv</strong>-Expertenpool<br />
überzeugt. Der 57-Jährige wurde selbst bei der<br />
Leichtathletik-Masters-EM Fünfter im Weitsprung<br />
und sagt: „Leistungssport im fortgeschrittenen Alter<br />
boomt, die Dichte in den Altersklassen wird immer<br />
größer, Rekorde fallen weltweit.“<br />
Ab 35 gilt man nicht nur in der Leichtathletik,<br />
sondern in vielen Sportarten als „Masters-Athlet“, sozusagen<br />
als „Senior“. Natürlich geht die Leistungsfähigkeit<br />
mit zunehmendem Alter zurück, aber gerade<br />
Sport kann diesen Effekt in erstaunlichem Maß verzögern.<br />
Steinbauer ist sicher, dass heute einerseits bessere<br />
Trainingsmethoden dazu führen, dass in den<br />
Masters-Klassen die Leistungsdichte stark steigt, und<br />
dass andererseits auch aufgrund eines besseren Lebensstils<br />
die „Alters-Limitierung“ später einsetzt.<br />
„40 ist das neue 30“ oder sogar „70 das neue 50“?<br />
Das ist kein leeres Gerede. Steinbauer wurde einst als<br />
30-Jähriger österreichischer Masters-Meister – erst ein<br />
paar Jahre später wurde die Grenze um fünf Jahre<br />
nach oben gesetzt. In den 1990er-Jahren bot der<br />
Sportwissenschafter „Ü40-Turnen“ an, was heute<br />
ebenso kurios klingt.<br />
Fotos: Marianne Maier<br />
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