P O R T R A I T Mit BENEDIKT HEIMSTÄDT kann man sich über vieles unterhalten. Über seine Eltern, die als Ärzte in der Schweiz lebten, als er zur Welt kam. Über die Kindheit in einem niederbayerischen Dorf, wo man es seltsam fand, dass die Mutter arbeitete, statt sich nur den Kindern zu widmen. Dass in der Familie manchmal am Nachmittag eine gute Flasche Wein geöffnet wurde und man sich bei schönem Wetter nach draußen in den Garten in die Sonne setzte. Benedikt Heimstädt erzählt gerne, wie er Jahre später zur eigenen Überraschung an seine bayerischen Wurzeln erinnert wurde: Er merkte, dass ihm im „Heimatradio“, das er beim Autofahren versehentlich eingeschaltet hatte, alle Stücke samt Text vertraut waren. Das bayerisch gerollte R, das er spricht, verhinderte einen Job beim Bayerischen Rundfunk. Damals, Anfang der 1990er Jahren, war das noch so. Man kann mit Heimstädt auch über Jugendkultur sprechen. Immerhin ist er seit 21 Jahren Herausgeber eines „Szenemagazins“ für Snowboarder. Und auch wenn diejenigen, die diesen Sport betreiben, heute älter geworden sind, ist es noch immer eine junge Zielgruppe, die er damit anspricht. Und da ist dann noch die Geschichte, wie es mit dem Magazin angefangen hat, wie er zu „BENE VOM PLEASURE MAG“ wurde. Das ist eine Geschichte, die man sich gut als Film vorstellen kann. Es beginnt in den wilden 90er Jahren, mit Partys, Autos und einem Hauch von Rebellion. Nicht so bunt wie in den 80ern, dafür vielleicht etwas gekonnter, Bands wie Green Day oder die Beastie Boys lieferten den Soundtrack. Vor allem herrschte noch die Leichtigkeit des Seins oder, wie Heimstädt sagt: „Das waren die Ausläufer der Spaßkultur.“ Im Wintersport wurde das Snowboarden zum Mittelpunkt einer neuen Welle. Die Lässigkeit des Surfens und des Skatens wurde in die Bergwelt der Alpen geholt. Und mittendrin Benedikt Heimstädt. Als die Familie Anfang der 1980er Jahre nach Bad Aibling zog, war er eigentlich ein begeisterter Skifahrer. So könnte der Film anfangen. Das war ein Sport, der ihm getaugt hat, und die lauten, extrovertierten Snowboarder mit ihren komischen Frisuren hat er eher belächelt. Dabei war Skifahren zu der Zeit eigentlich ziemlich uncool und altbacken. Eines Tages stand da so eine Wette im Raum: Entweder du steigst am kommenden Wochenende aufs Board oder du zahlt uns eine Kiste Bier. „Bevor ich euch Idioten einen Kasten Bier zahle, stelle ich mich lieber auf das doofe Brett“, dachte sich Bene und stieg aufs Board. Seitdem hat er die Skiausrüstung nicht mehr aus der Ecke geholt. Ganz schnell war Bene Heimstädt drinnen in der Szene, die damals schrill und extrovertiert, aber wohl noch etwas überschaubarer war. Schon bei den ersten Ausflügen mit Freunden zum Snowboardfahren lernte er bekannte Leute kennen. Das wurde zu seinem Lebensstil, das war sein Rhythmus. Es ging auf Reisen mit Freunden zu immer neuen Pisten oder einfach nach der Schule aufs Sudelfeld. Später kam für Bene Heimstädt die Bundeswehr. Grundausbildung in Holland und dann „Heimschläfer“ in Bad Aibling. Viel konnte er dieser Zeit nicht abgewinnen, aber sie hat ihm gezeigt, dass man, wenn alle Leute in den gleichen Klamotten stecken, bei jedem seine Qualitäten entdecken kann. Anschließend ging er nach Regensburg und merkte schnell: Weder der Ort noch das BWL-Studium waren das Richtige für ihn. Damals sah man das Studium allerdings noch etwas lockerer als heute. Man studierte, weil es einen interessierte – aber oft ohne genaue Berufsvorstellung. Bene ging nach München, wo er mit einem anderen Rosenheimer in eine WG zog, mit Andreas „Bärli“ Töpfer. Das Studentenleben finanzierten sie sich durch Studentenjobs. Als Kartenabreißer im Kino zum Beispiel. „Irgendwann fiel mir auf, dass ich das Geld auf Bayerisch zählte“, erinnert sich Bene. Der Job passte nicht schlecht, denn Bene Heimstädt studierte inzwischen Kommunikationswissenschaft. Auch so ein Fach, unter dem man sich vieles vorstellen kann und das für nichts so richtig zu qualifizieren scheint. Allerdings hatte er ein paar Jahre später gute Gründe, das Studium nicht zu Ende zu führen. Doch zunächst brachte ihn ein anderer Studentenjob in das Lager eines Snowboard-Ausrüsters in München. Da trafen er und „Bärli“ auf andere Snowboard-Begeisterte: auf Chris Heubl, der als Azubi die Studentenjobs im Lager koordinierte, und Markus Fischer, der in Augsburg Grafik und Design studierte. Irgendwann hatte Markus so eine Idee. Er war auf der Suche nach einem Thema für seinen Studienabschluss und fragte: Warum machen wir nicht eine Zeitschrift für Snowboarder? Den richtigen Namen hatte er auch gleich parat: PLEASURE MAGAZIN. Dann ging alles recht schnell. Jedenfalls kann man es schnell erzählen, wie im Film, mit vielen Schnitten: „Wir wollten so eine Art Punkmagazin für Snowboarder machen. Es gab da ein Snowboarder-Heft aus den USA, Blunt. Das war ziemlich respektlos gemacht 32
KINDER, PUNK & PULVERSCHNEE Foto: Florian Warnecke