W I R T S C H A F T & F I N A N Z E N DR.RALF ERICH SCHAUER 76 Mit richtiger Veranlagungsform Steuern sparen Auch Behinderten-Pauschbetrag kann geteilt werden Ehepaare und eingetragene Lebenspartnerschaften können bei der Veranlagung zur Einkommensteuer zwischen zwei Veranlagungsformen wählen: Zusammenveranlagung und Ehegatten-Einzelveranlagung. Bei der Zusammenveranlagung kommt es nicht darauf an, wer von den beiden Partnern die Aufwendungen wirtschaftlich tatsächlich getragen hat, die als Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen bzw. als haushaltsnahe Dienst- oder Handwerksleistungen berücksichtigt werden sollen. Grund dafür ist, dass die Eheleute bei der Zusammenveranlagung als ein Steuerpflichtiger angesehen werden. So werden Frei- und Höchstbeträge, wie z. B. der Sparerpauschbetrag oder die Kinderfreibeträge, die jedem Steuerpflichtigen zustehen, verdoppelt. Eine Ausnahme gilt für Freibeträge, für die die einzelne Person bestimmte Voraussetzungen erfüllen muss, wie z. B. der Altersentlastungsbetrag. Ehepaare können aber auch die Ehegatten-Einzelveranlagung wählen. Hier werden die Partner wie unverheiratete Steuerpflichtige behandelt. Die Ehegatten-Einzelveranlagung kann sinnvoll sein, wenn Einkünfte dem Progressionsvorbehalt unterliegen, wie zum Beispiel Arbeitslosengeld oder Krankengeld. Diese Einkünfte sind grundsätzlich steuerfrei, jedoch werden sie bei der Bestimmung des anzusetzenden Steuersatzes berücksichtigt. Aber auch wenn Einkünfte einem ermäßigten Steuersatz unterliegen kann es sinnvoll sein, dass die Partner die Einzelveranlagung wählen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Partner Unternehmer ist und sein Unternehmen verkauft, um in den Ruhestand zu gehen. Der vereinnahmte Veräußerungsgewinn kann dann auf Antrag mit einem ermäßigten Steuersatz veranlagt werden. Dieser beträgt 56 Prozent des durchschnittlichen Steuersatzes, der sich ergibt, wenn das gesamte Einkommen der Besteuerung zugrunde gelegt wird. Erzielen beide Partner Einkünfte, fällt möglicherweise der durchschnittliche Steuersatz erheblich höher aus, als bei der Einzelveranlagung. Veranlagungsform kann jedes Jahr neu gewählt werden Welche Veranlagungsform am günstigsten ist, hängt wie so oft vom Einzelfall ab. Gut zu wissen: Ehepaare können grundsätzlich jedes Jahr aufs Neue die Veranlagungsform wählen. Dabei ist es legitim, dass sie immer die Ver- Foto: Archiv, Dr. Schauer anlagungsform wählen, die für sie die geringste Steuerbelastung bedeutet. Bei der Ehegatten-Einzelveranlagung können die Ehepartner übereinstimmend beantragen, dass einkommensmindernde Aufwendungen, wie Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen oder die haushaltsnahen Dienstleistungen und Handwerkerleistungen bei jedem jeweils zur Hälfte abgezogen werden. Selbst wenn die Aufwendungen komplett vom anderen Partner getragen wurden, können sie damit jeweils zur Hälfte angesetzt werden. Die Aufteilung kann dabei nicht nur für die im Einzelnen nachgewiesenen Aufwendungen beantragt werden, sondern beispielsweise auch für den Behinderten-Pauschbetrag, wie die obersten Bundesfinanzrichter kürzlich entschieden. Der Behinderten-Pauschbetrag wird für die Mehraufwendungen gewährt, die behinderten Menschen für die Hilfe im Alltag, für die Pflege sowie für einen erhöhten Wäschebedarf entstehen. Im Gegenzug können allerdings dafür keine Einzelaufwendungen geltend gemacht werden. Die Bundesfinanzrichter begründeten ihre Auffassung mit der abgeltenden Wirkung des Behinderten-Pauschbetrags, denn wenn der Behinderten-Pauschbetrag gewährt wird, können Einzelaufwendungen nicht zusätzlich geltend gemacht werden. Zudem führten sie aus, dass der Gesetzgeber für den Pauschbetrag keine Einschränkung der Aufteilungsmöglichkeit vorgesehen hat. Einheitsbewertung der Grundsteuer ist verfassungswidrig Wie erwartet hat das Bundesverfassungsgericht am 10. April 2018 die Bemessungsgrundlage der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt. Genauer gesagt: Die Einheitswerte, die bei der Berechnung der Grundsteuer den Wert des Grundstücks widerspiegeln sollen, basieren auf Feststellungen der Jahre 1964 (West) bzw. 1935 (Ost). Es ist offensichtlich, dass diese Werte nichts mit dem realen Grundstückswert zu tun haben. Nun ist der Gesetzgeber gefordert. Bis zum 31. Dezember 2019 muss er eine Neuregelung treffen. Noch bleibt alles beim Alten Doch zunächst ändert sich nichts. Die festgestellten Einheitswerte und erlassenen Grundsteuerbescheide gelten weiterhin. Die Verfassungsrichter gewähren mehr als sechs Jahre Übergangsfrist, denn die verfassungswidrigen Bewertungsregelungen dürfen noch bis Ende 2024 angewendet werden. Sie begründen dies mit der Besonderheit der Grundsteuer. Da die Belastung mit einer Grundsteuer durch das Grundgesetz legitimiert ist, schon immer vorgesehen und deshalb von den Grundbesitzern zu erwarten war und ist, sei eine solch lange Übergangsfrist zumutbar. Die neue Grundsteuer wird also voraussichtlich erst ab 2025 wirksam. Für die Gemeinden ist die Grundsteuer eine der wichtigsten Einnahmequellen. 13,7 Mrd. Euro waren es 2016 und so viel soll es auch künftig bleiben. Doch auch wenn noch keiner weiß, wie die neue Grundsteuer ermittelt wird. Eines ist klar: Es wird viele Verlierer geben, die tiefer in die Tasche greifen müssen, aber vielleicht auch ein paar Gewinner. Hinweis Die Grundsteuer betrifft nicht nur die Besitzer eines Hauses oder einer Eigentumswohnung. Auch jeder Mieter zahlt Grundsteuer, denn diese darf über die Mietnebenkosten auf den Mieter umgelegt werden. Von Dr. Ralf Erich Schauer, Kanzlei Dr. Schauer in Murnau
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