AUTOINSIDE Ausgabe 5 – Mai 2020

UNTERNEHMENSFÜHRUNG
Krise als Chance
Das ist in der Krise wichtig
Weniger Kunden, Einschränkungen und geschlossene Showrooms: Die Corona-Krise ist eine Herausforderung
für das Schweizer Autogewerbe. Hans Peter Baumgartner ist Vorsitzender der Geschäftsleitung des Schweizerischen
Instituts für Unternehmerschulung SIU. Im Gespräch mit AUTOINSIDE erklärt er, wie die Betriebe diese
schwierige Zeit überstehen – und vielleicht zu ihrem Vorteil nutzen können. André Bissegger
Herr Baumgartner, aktuell belastet die Corona-Krise die Schweizer
Wirtschaft stark. Kann man sich als KMU auf ein solches Szenario
vorbereiten? Und wenn ja, wie?
Hans Peter Baumgartner: Ja und Nein. Die Vorbereitung auf ein konkretes
Szenario, wie wir es mit COVID-19 erleben, hat kaum ein KMU
vorgängig erledigt. Zu dramatisch sind die Auswirkungen und Einschränkungen.
Wer allerdings in guten Zeiten sein Unternehmen auf
Flexibilität und Innovation ausrichtet, dessen Voraussetzungen sind
deutlich besser, um in Krisensituationen rasch, akkurat und wirkungsvoll
handeln zu können. Damit kann man das Unternehmen den Umständen
anpassen, um die negativen Auswirkungen zu minimieren
oder sogar neu entstehende Chancen nutzen.
Das SIU bietet Ausbildungen in den Bereichen Führung,
Betriebswirtschaft und Management an. Inwiefern ist das Krisenmanagement
Bestandteil der Bildungsangebote des SIU?
Krisenmanagement ist kein konkreter Bestandteil unserer Angebote.
Trotzdem sind die Inhalte der SIU-Lehrgänge in Unternehmensführung,
auch in Hinblick auf die Bewältigung von Krisen, wirkungsvoll.
Wer sein Unternehmen gut kennt und insbesondere die Zusammenhänge
zwischen Auftragsbestand, Umsatz, Profitabilität, Kosten, Gewinn
und Liquidität intuitiv versteht, die entsprechend wirkungsvollen
Marketingmassnahmen ableiten kann und allenfalls sein Angebot flexibel
zu gestalten weiss, der hat in der Krise einen bedeutenden Vorteil.
Erhalten Sie momentan viele «Hilferufe» von Ihren Schülerinnen und
Schülern bezüglich Umgang mit der Krise?
Nein, nicht wirklich. Wir schliessen daraus, dass sich unsere ehemaligen
und aktuellen Teilnehmerinnen und Teilnehmer – vielleicht nicht
zuletzt aufgrund der beim SIU erworbenen Fähigkeiten – sicher genug
fühlen, der Krise proaktiv und professionell zu begegnen.
Auf was sollten KMU während der Krise achten respektive was
müssen sie im Griff haben?
Es gibt zwei Dinge, die für jedes Unternehmen von grösster Bedeutung
sind – Ertrag und Liquidität. Der Ertrag ist sozusagen der Treibstoff,
der eine Unternehmung mit Geldmitteln versorgt. Diesen erreicht man
mit einem Leistungsangebot, das den aktuellen Kundenbedürfnissen
bestens entspricht und für das die Kunden auch in Krisenzeiten bereit
sind, Geld auszugeben. Die Liquidität ist der Benzintank. Über ein
gewisses Mass an Liquiditätsreserven zu verfügen, erlaubt der Unternehmung,
temporäre Einbrüche im Geschäft so zu überstehen, dass
die Firma nicht innert weniger Wochen in Schwierigkeiten kommt.
Viele KMU schenken den Liquiditätsreserven zu wenig Bedeutung. In
guten Zeiten werden sie oft als brachliegendes Geld betrachtet. In Krisenzeiten
werden sie aber zum überlebenswichtigen Notvorrat. Zum
Glück hat der Bundesrat in der aktuellen Krise Instrumente geschaffen,
den KMU rasch und unbürokratisch zu zusätzlicher Liquidität zu
verhelfen. Zurückbezahlt werden müssen diese Kredite jedoch trotzdem
– irgendwann.
Wie können KMU die Krise nutzen, um gestärkt
daraus hervorzugehen?
Firmen, die in der Lage sind, rasch und kundenbezogen ihre Angebote
den neuen Verhältnissen anzupassen, werden gegenüber den langsameren
Mitbewerbern einen Wettbewerbsvorteil erreichen. Bisherig
bekannte und bewährte Verfahren und Prozesse sollten rasch überdacht
werden und Alternativen müssen evaluiert werden. Die Kunden
haben nicht weniger Geld als vor vier Wochen, aber sie haben
drastisch eingeschränkte Möglichkeiten, dieses auszugeben. Wer hier
neue Wege sucht und findet, der ist womöglich für eine gewisse Zeit
alleine auf dem Markt.
Wie unterscheidet sich ein Unternehmen, das untergeht, von einem,
das die Krise übersteht? Gibt es hier bestimmte Faktoren?
Ich habe vorgängig über Ertrag und Liquidität als die zwei Schlüsselfaktoren
gesprochen. Genau hier scheidet sich die Spreu vom Weizen.
Proaktives Management, Anpassen von Leistungsangeboten an Kundenbedürfnisse
und sorgfältiges Umgehen mit der Liquidität – schon
vor der Krise – werden den Unterschied machen.
Was können KMU aus der aktuellen Situation für die Zukunft lernen?
KMU werden aus dieser Situation zur Überzeugung kommen, dass geschickte
Unternehmensführung auch damit zu tun hat, sich mögliche
– auch unangenehme – Situationen konkret vorzustellen und bereits
bei Sonnenschein Planungen anzugehen, die im Falle von schweren
Gewittern hilfreich sein können. Die Beschäftigung mit dem Tagesgeschäft
steht solchen Überlegungen oft im Weg. Wer sich immer wieder
die notwenige Zeit nimmt – und da genügen viermal ein halber
Tag pro Jahr –, über die Zukunft nachzudenken und sein Unternehmen
flexibler und agiler zu gestalten, der ist nicht nur besser gewappnet,
er fühlt sich insgesamt auch sicherer bei der Zukunftsgestaltung
seines Unternehmens. Dazu gehört auch eine entsprechend solide Ausbildung.
Die Unternehmensführungslehrgänge des SIU vermitteln den
Teilnehmenden konkret und praktisch alle Fähigkeiten, die es zur erfolgreichen
Führung eines KMU braucht.
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Mai 2020 | AUTOINSIDE