AUTOINSIDE Ausgabe 5 – Mai 2020
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HANDEL & AFTERSALES<br />
Online-Handel<br />
Kommt jetzt<br />
die digitale Revolution?<br />
311 000 Neuwagen wurden in der Schweiz im Jahr 2019 verkauft <strong>–</strong> 98 Prozent durch die Garagisten, lediglich zwei<br />
Prozent machte der Online-Handel aus. Wird sich das mit der Corona-Krise ändern? Sandro Compagno und Jürg A. Stettler<br />
«Coronavirus befeuert Online-Autohandel»<br />
titelte der «Blick» Ende März. Als Beispiele<br />
nannte die Zeitung das neue Verkaufsportal<br />
der Amag, das im März online ging.<br />
Ein «innovatives, integriertes Online-Sales-<br />
Portal» versprach Amag-Sprecher Dino Graf.<br />
Die Amag will ihren Online-Kunden ein neues<br />
Einkaufserlebnis bieten <strong>–</strong> Online-Beratung,<br />
Autokauf, Versicherungen, Finanzierung bis<br />
zur Auslieferung direkt vor die Haustüre. Man<br />
wolle auch bei den «Digital Natives» punkten,<br />
erklärte Amag-Chef Morten Hannesbo, also<br />
bei jener (potenziellen) Käuferschicht, die mit<br />
dem Internet aufgewachsen ist.<br />
Diese «Zalando-Generation» kauft schon heute<br />
Schuhe, Kleider, Unterhaltungselektronik<br />
oder Möbel online. Nur: Kann und will sie<br />
auch über fünfstellige Beträge per Mausklick<br />
entscheiden? Das renommierte Link-Institut<br />
hat sich in einer repräsentativen Umfrage im<br />
Auftrag des AGVS im Herbst 2019 mit dieser<br />
Frage beschäftigt. Die Antwort: «Eine Verlagerung<br />
der Beratung beim Autokauf in Zukunft<br />
auf ausschliesslich Online-Kanäle ist<br />
unwahrscheinlich, nur gerade 8 Prozent der Befragten<br />
würden einen Neuwagen direkt online<br />
bestellen.» Bei der sogenannten «Generation<br />
Z» und den «Millennials», also den jungen<br />
Autokäuferinnen und -käufern, beträgt<br />
dieser Anteil immerhin 14 Prozent. Dennoch<br />
nutzen auch sie das Internet in erster Linie als<br />
Informationsquelle und nicht als Kaufkanal.<br />
Und im deutschen Fachmagazin «Autohaus»<br />
kommt Konrad Wessner, Geschäftsführer<br />
des Marktforschungsinstitut Puls,<br />
zu Wort. Er prophezeit eine Beschleunigung<br />
der Digitalisierung im Fahrzeughandel.<br />
Der Verkäufer und die persönliche Verkaufsberatung<br />
würden durch Corona unter Druck<br />
geraten. Allerdings gibt eine Mehrheit der<br />
Befragten <strong>–</strong> sowohl in Deutschland wie auch<br />
Werden in Zukunft die Autos nur noch online von zuhause aus gekauft?<br />
in der Schweizer Link-Studie <strong>–</strong> nach wie<br />
vor an, dass eine Probefahrt vor dem Erwerb<br />
unerlässlich ist. Für den Händler gehe<br />
es nun darum, die Kundenschnittstelle zu<br />
verteidigen, so Wessner: «Wenn es nicht gelingt,<br />
Kontaktpunkte wie die Probefahrt oder<br />
den Informationsbesuch beim Händler zu<br />
massgeschneiderten Erlebnissen zu machen<br />
und Wertschöpfung beim Kunden zu schaffen,<br />
werden Auto- und Mobilitätsportale ein<br />
leichtes Spiel haben und Hersteller und ihre<br />
Händler zu Lieferanten ohne direkten Kundenkontakt<br />
‘degradieren’.»<br />
Das Timing der Amag mit ihrer neuen Plattform<br />
hätte besser nicht sein können. Drei Wochen<br />
nach Go-Live verfügte der Bundesrat den<br />
Lockdown der Schweizer Wirtschaft inklusive<br />
Schliessung der Showrooms. Es sei noch zu<br />
früh, ein Fazit zu ziehen, sagt Amag-Sprecher<br />
Graf, kann aber gleichzeitig mit einer ersten Erfolgsmeldung<br />
auftrumpfen: «Innert 24 Stunden<br />
nach Go-Live war das erste Auto verkauft.»<br />
Dass die herrschende Corona-Pandemie dem<br />
Online-Handel einen Schub verleihen wird,<br />
bestätigt auch Pierre-Alain Regali, Managing<br />
Director von AutoScout24: «Corona beschleunigt<br />
die Digitalisierung der Automobilbranche.<br />
Wir arbeiten deshalb hart, um Suchende<br />
und Garagisten effizient zu verbinden.» Auch<br />
die von <strong>AUTOINSIDE</strong> befragten Experten<br />
sehen einen Schub. Jerome de Haan, Managing<br />
Director Mazda (Suisse), stellt seitens<br />
Kunden digitale Veränderungen fest: «Wenn<br />
wir sehen, was auf unserer offiziellen Website<br />
mazda.ch passiert, merken wir, dass die Leute<br />
dort länger verweilen. Auch die Fahrzeugkonfigurationen<br />
haben im Vergleich zu den Aktivitäten<br />
vor Corona prozentual zugenommen.»<br />
«Die Zukunft geht langsam, aber stetig in diese<br />
Richtung», sagt auch Peter Bucher, PR-Manager<br />
von Subaru. Die Betonung liegt auf «langsam»:<br />
«Im Allgemeinen gilt es zu bedenken, dass<br />
nach dem Hauskauf der Kauf eines Fahrzeugs<br />
je nach Kunde seine grösste oder zweitgrösste<br />
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<strong>Mai</strong> <strong>2020</strong> | <strong>AUTOINSIDE</strong>