Forschung · Lehre· Dienstleistung - OPUS - Universität Würzburg
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66<br />
Protonotar, für Bischof Heinrich II .. In diese<br />
Jahre fallen drei berühmte Fälschungen,<br />
die Heinrich (von Wiesenbach?) auf die<br />
Namen der Kaiser Heinrich II., Konrad II.<br />
und Heinrich III. anfertigte. Es geht dabei<br />
wn den zu diesem Zeitpunkt fast ein Jahrhundert<br />
alten Anspruch des Bischofs, in<br />
Ostfranken nicht nur herzogsähnliche<br />
Rechte vor allem in der Jurisdiktion auszuüben,<br />
sondern auch den Herzogstitel zu<br />
führen.<br />
Die Herzogswürde sollte nicht zuletzt<br />
die Stellung des <strong>Würzburg</strong>ers Bischofs gegen<br />
die Bamberger Konkurrenz stützen,<br />
die damals von dem wichtigen Berater<br />
Barbarossas, Bischof Eberhard II. von<br />
Bamberg, am Kaiserhofe fest etabliert war.<br />
Der Schreiber Heinrich benutzte nun im<br />
Auftrage seines Bischofs, mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />
Herolds, drei echte Urkunden<br />
der genannten Kaiser von 1018, 1032<br />
und 1049 für <strong>Würzburg</strong>, übernahm ihren<br />
Text, fügte aber gegen Ende in das Verbot<br />
der Ausübung der öffentlichen Amtsgewalt<br />
durch "Grafen und öffentliche Richter"<br />
den Zusatz ein, daß dies für "das ganze<br />
Herzogtwn (<strong>Würzburg</strong>) bzw. die Grafschaften<br />
in Ostfranken" gelte.<br />
Damit wurde die Existenz eines Herzogtwns<br />
des <strong>Würzburg</strong>er Bischofs in Ostfranken<br />
kraft kaiserlichen Privilegs vorgespiegelt.<br />
Die echten Urkunden wurden vernichtet,<br />
die Siegel aber auf die Fälschungen<br />
übertragen. Die Fälschungen sollten wohl<br />
Friedrich Barbarossa bei nächster Gelegenheit<br />
vorgelegt werden, wn eine Bestätigung<br />
der erwünschten herzoglichen Rechte<br />
und des Titels für ganz Ostfranken zu erhalten.<br />
Hier stößt man auf das grundsätzliche<br />
Problem der mittelalterlichen Auffassung<br />
von Recht. Handelt es sich wn "frommen<br />
Betrug", dem man wegen der mangelnden<br />
Rechtsbeständigkeit gewisse Milderungsgründe<br />
zuerkennen müßte? Fest steht jedoch:<br />
Dem Mittelalter wurde aus römischen<br />
Rechtsquellen durchaus eine Auffassung<br />
vom kriminellen Charakter der Fälschung<br />
überliefert. Es ist anzunehmen, daß<br />
bei der Anfertigung der drei gefälschten<br />
Kaiserurkunden ein Unrechtsbewußtsein<br />
bei den gebildeten Klerikern, die die Verbote<br />
von Fälschungen durch das Kirchenrecht<br />
sicher kannten, vorhanden war. Es<br />
ist allerdings nicht auszuschließen, daß<br />
man überzeugt war, dem <strong>Würzburg</strong>er Bischof<br />
stehe der Herzogstitel für Ostfranken<br />
seit alters zu, man also eine "subjektive<br />
Realität" in eine "objektive Realität" (Otto<br />
Meyer) wnwandelte.<br />
Als das kaiserliche<strong>·</strong> Heer vor Rom im<br />
August 1167 von einer bakteriellen Ruhr<br />
heimgesucht wurde und ein Massensterben<br />
einsetzte, blieben der Kaiser und sein<br />
Schreiber W ortwin unbehelligt. Letzterer<br />
kehrte vor Jahresende nach <strong>Würzburg</strong><br />
zurück Um diese Zeit müssen Bischof<br />
Herold und sein Notar Heinrich das Fälschungsprojekt<br />
ausgeführt haben. Wahrscheinlich<br />
wollte Herold in einem Moment<br />
der Schwäche Barbarossa dazu bringen,<br />
ihm seine Herzogswünsche in Ostfranken<br />
zu bestätigen.<br />
Ende Juni/Anfang Juli 1168 wurde auf<br />
einem Hoftag zu <strong>Würzburg</strong> die Angelegenheit<br />
entschieden. Dabei gelang Herold mit<br />
der Ausstellung der "güldenen Freiheit"<br />
immerhin ein Teilerfolg. Bestätigt wird<br />
dem Bischof hierin "die gesamte Gerichtsbarkeit<br />
bzw. die volle Gewalt Recht zu<br />
sprechen im gesamten Bistwn und Herzogtwn<br />
<strong>Würzburg</strong> und in den in diesem<br />
Bistwn oder Herzogtwn gelegenen Grafschaften".<br />
Allerdings bezog sich der Begriff<br />
"ducatus" nur auf die Diözese und nicht<br />
auf ganz Ostfranken. Die Bezeichnung<br />
"Herzogtwn" wurde <strong>Würzburg</strong> also gewährt,<br />
wenn auch nachgeordnet dem Begriff<br />
"Kirche" und "Bistwn" und keineswegs<br />
auf ganz Ostfranken ausgedehnt. Gescheitert<br />
ist dies sicher vor allem am Widerstand<br />
des Bischofs Eberhard 11. von<br />
Bamberg.<br />
Verfaßt wurde die Urkunde von dem bereits<br />
erwähnten Wortwin. Sie ist in zwei<br />
BLICK<br />
Ausfertigungen überkommen. Die eigentliche<br />
"güldene Freiheit" ist ein Duplikat, das<br />
Wortwin vollständig reinschrieb. Die angehängte<br />
Goldbulle ist sehr gut erhalten.<br />
Sie besteht aus Goldplättchen über einem<br />
Kern aus Wachs oder Pech. Die Siegelbilder<br />
- der thronende Herrscher hinter den<br />
Mauem Roms mit den Reichsinsignien auf<br />
der Vorderseite, auf der Rückseite eine<br />
Darstellung Roms, zwn ersten Male mit<br />
dem Kolossewn - symbolisieren den Anspruch<br />
des Kaisers auf die einstige Cäsarenstadt,<br />
das Zentrum der Welt. Die "güldene<br />
Freiheit" fügt sich in den umfassenden<br />
Rahmen der Politik Barbarossas mit<br />
der Auflösung der Stammesherzogtümer<br />
und der Schaffung neuer territorischer<br />
Herzogtümer ein. Insofern trafen sich die<br />
Intentionen Herolds und des Kaisers.<br />
In das Staatsarchiv <strong>Würzburg</strong> ebenfalls<br />
zurück kam das Exemplar des "Statuts zugunsten<br />
der Fürsten" Friedrich II., ausgestellt<br />
im Mai 1232 in Udine für den Bischof<br />
von <strong>Würzburg</strong>. Von den fünf noch vorhandenen<br />
Ausfertigungen besitzt das Staatsarchiv<br />
<strong>Würzburg</strong> jetzt zwei: die in Cividale<br />
für Mainz ausgestellte Urkunde mit lose<br />
beiliegendem Siegel und die für <strong>Würzburg</strong><br />
mit einer anhängenden Goldbulle von geringerer<br />
Qualität.<br />
Es ist zu hoffen, daß die Präsenz dieser<br />
kostbaren Urkundenschätze in <strong>Würzburg</strong><br />
der hiesigen mediävistischen <strong>Forschung</strong><br />
neue Impulse geben wird.<br />
<strong>Universität</strong> bekommt Klinik geschenkt<br />
Die private Praxisklinik des ehemaligen<br />
Direktors der HNO<br />
Klinik, Prof. Dr. Horst Wullstein,<br />
wurde der <strong>Universität</strong><br />
Wfuzburg schenkungsweise<br />
übereignet. Die Schenkung<br />
wurde von Prof. Dr. Sabina<br />
Wullstein vollzogen.<br />
Das komplette medizinische Inventar der<br />
Praxisklinik hat, so Prof. Sabina Wullstein,<br />
die <strong>Universität</strong>sklinik Osijek in Kroatien<br />
erhalten. Die Ärztin ist eine geborene<br />
Kroatin.<br />
Prof. Horst Wullstein, einer der profiliertesten<br />
Wissenschaftler der letzten Jahrzehnte<br />
an der <strong>Universität</strong>, wurde 1955<br />
nach <strong>Würzburg</strong> berufen. Als sein Hauptwerk<br />
ist die Standardisierung der Mittelohrchirurgie<br />
anzusehen<br />
Die <strong>Universität</strong> hat von ihm wichtige<br />
Impulse zur WeiterentWicklung erfahren.<br />
Prof. Wullstein starb am 24. Januar 1987<br />
im Alter von 81 Jahren. In der Klinil{, die er<br />
nach seiner Emeritierung 1975 zusammen<br />
mit seiner Frau einrichtete, faßte er seine<br />
wissenschaftliche Arbeit in einem Buch zusammen.<br />
Das "großartige Geschenk", wie <strong>Universität</strong>spräsident<br />
Prof. Dr. Theodor Berchem<br />
sagte, wird, dem Wunsch des Ehepaars<br />
Wullstein entsprechend, für das Institut für<br />
Geschichte der Medizin der <strong>Universität</strong><br />
<strong>Würzburg</strong> mit seinem Leiter Prof. Dr. Gundolf<br />
Keil zur Verfügung gestellt.