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Stenografischer Bericht 4. Sitzung - Deutscher Bundestag

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 15. Wahlperiode – <strong>4.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002<br />

Dr. Angela Merkel<br />

ist Brosame? Ganztagsschulen sind Brosamen?)<br />

sondern sie brauchen langfristige Möglichkeiten, ihre<br />

Kommunen so zu entwickeln, wie es die Menschen wollen,<br />

und zwar inklusive Tagesbetreuung und Kindergärten.<br />

Die ordentliche finanzielle Ausstattung der Kommunen<br />

ist das Gebot der Stunde.<br />

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der<br />

SPD: Wie finanzieren Sie das?)<br />

Wir wollen ein Deutschland, das Sicherheit im umfassenden<br />

Sinn garantiert: soziale Sicherheit, Sicherheit des<br />

Verbrauchers und Sicherheit im Inneren genauso wie<br />

im Äußeren. Deswegen brauchen wir eine Politik – der<br />

Bundeskanzler hat darauf hingewiesen; er tut aber nichts<br />

dafür –,<br />

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Doch!)<br />

die das Zusammenwachsen von innerer und äußerer<br />

Sicherheit besser bewältigt. Wir brauchen ein Sicherheitspaket<br />

III, damit endlich bestimmte Lücken geschlossen<br />

werden, die uns im Kampf gegen den Terrorismus behindern.<br />

Dazu enthält Ihre Koalitionsvereinbarung nur verschwommene<br />

Formulierungen, nichts Konkretes.<br />

(Beifall bei der CDU/CSU)<br />

Herr Bundeskanzler, wir brauchen ein Zuwanderungsgesetz,<br />

durch das die Integration der bei uns lebenden<br />

ausländischen Bürgerinnen und Bürger verbessert<br />

wird.<br />

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das hat<br />

er doch gesagt! Das steht im Gesetz! Das Gesetz<br />

bekämpfen Sie!)<br />

Diese erfolgt vor Ort. Wir haben bisher nichts darüber gelesen,<br />

welche finanziellen Maßnahmen Sie auf den Weg<br />

bringen wollen, damit die Integration gelingen kann. Sie<br />

haben zwar pro forma von „Steuerung der Zuwanderung“<br />

gesprochen. Aber Sie haben das Wort „Begrenzung der<br />

Zuwanderung“ nicht in den Mund genommen. Ich sage<br />

Ihnen: Bei Ihnen gibt es viel zu viele, die noch immer ihre<br />

multikulturellen Tagträume träumen und sich nicht um die<br />

eigentlichen Anliegen der Bürgerinnen und Bürger kümmern.<br />

(Beifall bei der CDU/CSU)<br />

Wir wollen wie Sie ein verlässliches, zusammenwachsendes<br />

und klar geregeltes Europa. Wir begrüßen, wann<br />

immer es in die richtige Richtung geht, die Arbeit des<br />

EU-Konvents. Keine Frage, Herr Fischer, wir freuen uns<br />

über Ihren Sitz im Konvent. Wenn Sie, Herr Bundeskanzler,<br />

uns aber – wie neulich bei der Frage, wie Opposition<br />

und Regierung gut zusammenarbeiten könnten – großherzige<br />

Angebote machen, dann müsste es doch möglich<br />

sein, dass neben dem Bundesaußenminister auch wir von<br />

der Opposition einen Sitz in dem EU-Konvent für den<br />

ausgeschiedenen <strong>Bundestag</strong>sabgeordneten Meyer bekommen.<br />

Herr Schäuble wäre ein toller Partner für Herrn<br />

Fischer gewesen. Es wäre zum Wohle Deutschlands gewesen.<br />

Das hätte ich unter Großherzigkeit verstanden,<br />

Herr Bundeskanzler.<br />

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)<br />

Wenn Sie in diesen Tagen über Europa sprechen, dann<br />

halte ich es für einen Fehler – ich würde es für einen besonders<br />

großen Fehler halten, wenn dies auch noch Teil<br />

eines Kompensationsgeschäfts wäre –, wenn Sie über den<br />

Beitritt der Türkei zur Europäischen Union sprechen.<br />

(Michael Glos [CDU/CSU]: Sehr wahr!)<br />

Sie wissen doch, dass Ihre Kollegen von der Friedrich-<br />

Ebert-Stiftung genauso wie die von der Konrad-<br />

Adenauer-Stiftung und der Heinrich-Böll-Stiftung alle<br />

Hände voll damit zu tun haben, zu verhindern, dass sie<br />

nicht jahrzehntelang ins Gefängnis müssen. Ich sage Ihnen:<br />

Es ist jetzt nicht der Zeitpunkt, an dem wir über den<br />

Beitritt der Türkei zur Europäischen Union sprechen sollten.<br />

Lassen Sie das sein! Das ist nicht zum Wohle der Europäischen<br />

Union.<br />

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten<br />

der FDP)<br />

Wir wollen ein Deutschland, das sich europäischer Tradition<br />

und Werte – ich sage ganz besonnen: gerade auch<br />

der christlich-abendländischen – bewusst ist. Deshalb<br />

brauchen wir eine Politik, die fest verwurzelt ist und sich<br />

gleichzeitig Neuem öffnet. Das ist dann eine Politik, die<br />

um die Bedeutung von Halt, Heimat und Orientierung der<br />

Menschen in Zeiten der Globalisierung weiß. Wie wichtig<br />

dies gerade auch für jüngere Menschen in unserem<br />

Land ist, hat noch einmal die Shell-Studie in diesem Jahr<br />

gezeigt.<br />

Wir wollen ein Deutschland, das selbstbewusst ist und<br />

das sein Licht nicht unter den Scheffel stellt. Aber dieses<br />

selbstbewusste Deutschland werden wir nur bekommen,<br />

wenn wir ein verlässlicher Partner sind. Verlässlichkeit ist<br />

die Voraussetzung dafür, dass wir Leadership in Partnership<br />

wirklich leben können.<br />

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)<br />

Sie haben auf diesem Gebiet Vertrauen verspielt. Wir von<br />

der Opposition werden versuchen, es so weit wie möglich<br />

wiederzugewinnen.<br />

(Beifall bei der CDU/CSU)<br />

Deshalb heißt die Rückkehr des Politischen, dass wir<br />

den Gestaltungsanspruch der Politik bei dem, was wir<br />

wollen, auch wieder zur Geltung bringen, dass die Menschen<br />

wissen, was sie von einer Regierung erwarten können,<br />

und zwar nicht nur von Montag bis Dienstag, sondern<br />

über vier Jahre bzw. – besser – über einen noch längeren<br />

Zeitraum.<br />

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Deshalb<br />

machen wir das auch! Völlig richtig!)<br />

Deshalb sage ich Ihnen – hören Sie noch einmal genau zu –:<br />

„Wir sind zurzeit dabei auszutesten, wo es beginnt, die Wettbewerbsfähigkeit<br />

der deutschen Industrie und der deutschen<br />

Unternehmen zu gefährden.“ – Das sagte Herr Superminister<br />

Clement vorgestern bei „Sabine Christiansen“. Lassen<br />

wir uns dieses Wort „austesten“ wirklich einmal auf der<br />

Zunge zergehen: die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen<br />

Industrie als Versuchskaninchen von Rot-Grün.<br />

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Völliger<br />

Quatsch!)<br />

(C)<br />

(D)

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