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Stenografischer Bericht 4. Sitzung - Deutscher Bundestag

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 15. Wahlperiode – <strong>4.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002<br />

Bundesminister Otto Schily<br />

Lebens. Dieser Terrorismus entspringt einem in gotteslästerlichen<br />

Wahnsinn abgeirrten Weltbild. Dieser Terrorismus<br />

ist der Feind aller menschlichen Grundwerte.<br />

(Beifall im ganzen Hause)<br />

Das entbindet uns sicherlich nicht von der Verpflichtung,<br />

uns auch mit der Frage auseinander zu setzen, wie<br />

Menschen in den Sog von Hass und Menschenverachtung<br />

geraten sind. Präventive Politik muss immer auch darauf<br />

gerichtet sein, Menschen gegen Anwandlungen von Hass<br />

und Extremismus, der schlimmstenfalls in Terrorismus<br />

umschlägt, zu immunisieren.<br />

Meine Damen und Herren, New York, Daressalam,<br />

Bali, Djerba und Moskau – es waren stets so genannte<br />

weiche Ziele, die sich die Terroristen für ihre Mordtaten<br />

ausgesucht haben. Das Ausmaß der Bedrohung hat damit<br />

eine Größenordnung angenommen, die uns vor bisher nie<br />

gekannte Probleme stellt. Das Ausmaß der Bedrohung beschreibt<br />

aber zugleich die Größenordnung unserer gemeinsamen<br />

Verantwortung. Wir müssen auf der einen<br />

Seite alles Menschenmögliche tun, um uns gegen eine solche<br />

Bedrohung zu schützen, dürfen uns aber auf der anderen<br />

Seite nicht in Panik treiben lassen und erst recht niemanden<br />

in Panik treiben.<br />

(Beifall bei der SPD)<br />

Unbestreitbar haben wir durchaus Erfolge in der<br />

Bekämpfung des internationalen Terrorismus erzielt. Der<br />

Polizei in Bund und Ländern, den Anklagebehörden, den<br />

Verfassungsschutzämtern in Bund und Ländern und dem<br />

Auslandsnachrichtendienst verdanken wir beachtliche<br />

Fortschritte bei der Ermittlung und Ahndung terroristischer<br />

Straftaten ebenso wie die Aufdeckung terroristischer<br />

Strukturen. Allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der<br />

genannten Sicherheitsinstitutionen spreche ich dafür meinen<br />

herzlichen Dank und meine Anerkennung aus.<br />

(Beifall im ganzen Hause)<br />

Wir wissen, dass die Bekämpfung des internationalen<br />

Terrorismus nicht im nationalen Rahmen, sondern nur in<br />

enger und vertrauensvoller internationaler Zusammenarbeit<br />

erfolgreich sein kann. Deshalb hat die Bundesregierung<br />

in den zurückliegenden Jahren stets auf die internationale<br />

Zusammenarbeit, insbesondere mit den engsten<br />

Verbündeten, mit den Vereinigten Staaten von Amerika<br />

und mit den EU-Mitgliedstaaten, besonderen Wert gelegt.<br />

Besonders bewährt hat sich die freundschaftliche und vertrauensvolle<br />

Zusammenarbeit mit den Sicherheitsinstitutionen<br />

der USA, sowohl bei den Ermittlungsaufgaben als<br />

auch in der Abstimmung und Kooperation bei umfassenden<br />

präventiven Maßnahmen.<br />

Diese Zusammenarbeit wird von beiden Seiten übereinstimmend<br />

als ausgezeichnet bewertet. Meine Gespräche,<br />

die ich vor wenigen Tagen in Washington und zuvor<br />

in Kopenhagen mit dem Attorney General, meinem<br />

Freund John Ashcroft, geführt habe, haben dies noch einmal<br />

bestätigt. Wir werden diese Zusammenarbeit weiter<br />

intensivieren. Aus diesem Grunde werde ich in Kürze<br />

noch einmal nach Washington reisen, um mich zusammen<br />

mit meiner Kollegin Zypries um die Lösung bestimmter<br />

Detailprobleme zu kümmern.<br />

Die Erfolge, die wir bei der Aufklärung und im Rahmen<br />

von Ermittlungen erzielt haben, stehen im Übrigen in<br />

einem engen Zusammenhang mit den erweiterten Befugnissen,<br />

die wir den Sicherheitsbehörden in der vergangenen<br />

Legislaturperiode verschafft haben. Wir werden im<br />

Laufe dieser Legislaturperiode aber unvoreingenommen<br />

zu prüfen haben, ob es an der einen oder anderen Stelle<br />

Korrektur- und Justierungsbedarf gibt. Übrigens, Herr<br />

Kollege Röttgen: Wir haben einige Gesetze schon als befristet<br />

geltende Gesetze ausgestaltet. Der Ratschlag<br />

kommt also ein bisschen zu spät.<br />

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />

DIE GRÜNEN – Joachim Stünker [SPD]: Das<br />

musste mal gesagt werden!)<br />

Darüber wird hier im Parlament ebenso wie im Kreis<br />

der Länderinnen- und -justizminister zu reden sein. Wer<br />

immer konstruktive Vorschläge entwickelt, wird uns willkommen<br />

sein. Wir werden sie vorurteilsfrei prüfen. Ich<br />

bitte Sie, die Diskussion so zu führen, dass wir den Streit<br />

nicht um des Streites willen inszenieren. Gerade in den<br />

Fragen der inneren Sicherheit gibt es eine gemeinsame<br />

Verantwortung. Das war in der Vergangenheit so und das<br />

sollte auch in der Zukunft so sein. Dass wir in der Innenministerkonferenz<br />

nur im Konsens entscheiden, ist Ausdruck<br />

einer solchen vernünftigen Politik. Wenn Sie, Herr<br />

Kollege Röttgen, für sich in Anspruch nehmen, das bessere<br />

Argument zu haben, sollten wir es vorurteilsfrei prüfen,<br />

wenn Sie es denn haben, aber Sie sollten genauso auf<br />

das Argument auf der Seite der Regierungskoalition<br />

hören, wenn das das bessere ist.<br />

(Beifall bei der SPD)<br />

Wenn wir in dieser Weise miteinander umgehen, dann<br />

wäre es zum Besten unseres Volkes.<br />

Ungeachtet der Erfolge der Sicherheitsinstitutionen ist<br />

es ferner geboten, deren Strukturen und Arbeitszusammenhänge<br />

darauf zu überprüfen, ob und auf welche Weise<br />

Effizienzsteigerungen möglich sind. Das gilt insbesondere<br />

für die Voraufklärung in manchen Bereichen, in denen<br />

wir aufgrund bestimmter Schwierigkeiten, die den<br />

Experten durchaus geläufig sind, noch nicht das haben zustande<br />

bringen können, was wir erreichen wollten.<br />

Damit eine solche Arbeit erfolgreich sein kann, werde<br />

ich auch in Zukunft strikt darauf achten, dass unsere Sicherheitsinstitutionen<br />

mit angemessenen finanziellen<br />

Ressourcen ausgestattet sind und dass bestimmte Anpassungen,<br />

beispielsweise die Stellenstruktur im Bundesgrenzschutz<br />

und hoffentlich in der künftigen Bundespolizei,<br />

vorgenommen werden, damit sie ihren Aufgaben<br />

gerecht werden können.<br />

Effizienzsteigerungen gilt es auch im Allgemeinen zu<br />

erreichen. Wir haben in der vergangenen Legislaturperiode<br />

mit der Modernisierung der Verwaltung begonnen.<br />

Auf diesem Gebiet haben wir durchaus Erfolge erzielt;<br />

aber wir sind sicherlich noch nicht am Ende angelangt.<br />

Das gilt sowohl für das Projekt „Bund-Online 2005“ und<br />

für den Bürokratieabbau. Die eingeleitete Politik muss<br />

entschlossen fortgesetzt werden. Auch dazu sage ich Ihnen:<br />

Wenn Sie, die Abgeordneten der Oppositionsfraktionen,<br />

vernünftige Vorschläge haben, dann werden wir sie<br />

gerne zur Kenntnis nehmen und prüfen.<br />

(Jörg Tauss [SPD]: „Wenn“!)<br />

(C)<br />

(D)

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