Stenografischer Bericht 4. Sitzung - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 15. Wahlperiode – <strong>4.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002<br />
Bundeskanzler Gerhard Schröder<br />
Dabei stehen die klassischen Instrumente, um den<br />
Konsum und die Investitionstätigkeit durch Subventionen,<br />
durch Finanzspritzen zu stimulieren, nicht mehr zur<br />
Verfügung; denn diese Instrumente können in einer Zeit<br />
der fortschreitenden wirtschaftlichen Verflechtung keine<br />
Wirkung entfalten.<br />
Die bereits beschlossene nächste Stufe der Steuerreform,<br />
die wir zur Beseitigung der nicht vorhersehbaren<br />
Flutschäden um ein Jahr verschieben mussten, tritt mit<br />
ihren bedeutenden Entlastungseffekten im Jahr 2004 in<br />
Kraft. Weitere Entlastungen werden folgen. Sie sind für<br />
2005 bereits beschlossen und werden die Wachstumskräfte<br />
in Deutschland stärken.<br />
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />
DIE GRÜNEN)<br />
Gerade weil die Politik der abgestuften Steuersenkungen<br />
weiterverfolgt wird,<br />
(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]:<br />
Steuererhöhungen!)<br />
ist es nötig, einzelne Ausnahme- und Subventionstatbestände<br />
im Steuerrecht auf ihre Zweckmäßigkeit und auf<br />
ihre Zielgenauigkeit hin zu überprüfen und gegebenenfalls<br />
auch abzuschaffen. Die in der Koalition vereinbarten<br />
Einsparungen und Einschnitte sind in sich ausgewogen.<br />
Sie dienen allein dem Ziel, neue Handlungsmöglichkeiten<br />
für Zukunftsinvestitionen und damit für Wachstum und<br />
Beschäftigung zu eröffnen.<br />
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />
DIE GRÜNEN)<br />
Obenan stehen Reformen auf dem Arbeitsmarkt und im<br />
Bildungswesen. Wir müssen und wir werden die Qualität<br />
von Bildung und Ausbildung deutlich verbessern und damit<br />
die Lebenschancen insbesondere junger Menschen erhöhen.<br />
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />
DIE GRÜNEN)<br />
Gegen vielfachen Widerstand werden wir die Familien<br />
fördern und die Sozialsysteme reformieren,<br />
(Widerspruch bei Abgeordneten der<br />
CDU/CSU)<br />
ohne den Grundsatz der Solidarität preiszugeben.<br />
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />
DIE GRÜNEN)<br />
Wir setzen einen Schwerpunkt öffentlicher Investitionen<br />
bei der Wiederherstellung und der weiteren Modernisierung<br />
der Infrastruktur in den neuen Bundesländern.<br />
Damit stärken wir die innovativen Kräfte in der Wirtschaft,<br />
und zwar ganz gleich ob in kleinen, mittleren oder<br />
großen Unternehmen.<br />
(Zuruf von der FDP: Insolvenzen!)<br />
Es geht uns darum, unsere Spitzenposition in der Forschung<br />
und bei der Anwendung neuer Technologien sowie<br />
bei der ökologischen Modernisierung zu halten und<br />
sie, wo immer es geht, auszubauen.<br />
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />
DIE GRÜNEN)<br />
Meine Damen und Herren, zur weiteren Konsolidierung<br />
der öffentlichen Haushalte gibt es keine vernünftige<br />
Alternative. Wir brauchen Zukunftsinvestitionen statt Zinszahlungen.<br />
Wir dürfen heute also nicht das konsumieren,<br />
was wir unseren Kindern und Enkeln als Zukunftschancen<br />
eröffnen wollen.<br />
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />
DIE GRÜNEN)<br />
Wir brauchen und wir werden Spielräume im Etat schaffen,<br />
um Vorsorge für unsere Volkswirtschaft treffen zu<br />
können, und werden bei Bedarf gezielt gegensteuern. Die<br />
Bundesregierung hält an dem Ziel fest, bis 2006 einen<br />
ausgeglichen Bundeshaushalt zu erreichen.<br />
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />
DIE GRÜNEN – Lachen bei Abgeordneten der<br />
CDU/CSU und der FDP)<br />
Dabei muss klar sein: Der Stabilitätspakt selbst steht<br />
nicht zur Diskussion. Was wir aber brauchen, ist seine<br />
konjunkturgerechte Ausgestaltung.<br />
(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)<br />
Gerade in der gegenwärtigen Situation muss es möglich<br />
sein, die automatischen Stabilisatoren wirken zu lassen.<br />
Erforderlich ist also mehr Flexibilität, um in konjunkturell<br />
schwierigen Zeiten gegensteuern zu können.<br />
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />
DIE GRÜNEN)<br />
Angesichts der schwierigen weltwirtschaftlichen Lage,<br />
die natürlich unmittelbare Auswirkungen auf die Konjunktur<br />
und das Wachstum in Deutschland hat, müssen<br />
wir eines erkennen: Es ist jetzt nicht die Zeit, neue Forderungen<br />
zu stellen, ohne zu neuen Leistungen bereit zu<br />
sein. Wer nur seine Ansprüche pflegt, der hat wirklich<br />
noch nicht verstanden, worum es geht.<br />
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />
DIE GRÜNEN – Eckart von Klaeden [CDU/<br />
CSU]: Das kann ich Ihnen sagen!)<br />
Wer soliden Wohlstand, nachhaltige Entwicklung und<br />
neue Gerechtigkeit will, der wird Verständnis dafür aufbringen,<br />
dass man bei bestimmten staatlichen Leistungen<br />
auch kürzer treten muss und dass auf das erreichte<br />
Leistungsniveau des Staates und der Sozialversicherungen<br />
nicht fortwährend draufgesattelt werden kann.<br />
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des<br />
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)<br />
Zur Reform und Erneuerung gehört auch, manche Ansprüche,<br />
Regelungen und Zuwendungen des deutschen<br />
Wohlfahrtsstaates zur Disposition zu stellen. Manches,<br />
was auf die Anfänge des Sozialstaates in der Bismarck-<br />
Zeit zurückgeht und vielleicht noch vor 30, 40 oder<br />
50 Jahren selbstverständlich und berechtigt gewesen sein<br />
mag, hat heute seine Dringlichkeit und damit seine Berechtigung<br />
verloren.<br />
Diese Bundesregierung, diese Koalition hat eine gelungene<br />
Mischung aus mehr wachstumsfördernden Investitionen<br />
des Staates,<br />
(Lachen bei der CDU/CSU)<br />
(C)<br />
(D)