Stenografischer Bericht 4. Sitzung - Deutscher Bundestag
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Dr. Christian Ruck<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 15. Wahlperiode – <strong>4.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Dienstag, den 29. Oktober 2002 123<br />
gen ja inzwischen ganz unverhohlen, dass ihnen die<br />
Handlungsunfähigkeit drohe. Die finanzielle Misere wird<br />
noch durch den von Ihnen verschuldeten Trend verschärft,<br />
mehr Geld aus dem nationalen in den internationalen Verfügungsbereich<br />
und hin zu den multilateralen Entwicklungsorganisationen<br />
zu verlagern. Das sind oft Institutionen,<br />
die nicht gerade durch Koordinationsbereitschaft und<br />
Effizienz glänzen. Um es auf den Punkt zu bringen:<br />
Deutschland ist zwar finanziell nach wie vor ein Riese,<br />
wird aber im Einflussbereich immer mehr zu einem<br />
Zwerg. Das ist leider auch für die EU und die Weltbank<br />
eine traurige Entwicklung.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU)<br />
Wir kritisieren auch, dass Sie trotz zurückgehender<br />
Haushaltsmittel praktisch auf jede neue Initiative aufspringen<br />
und jeden neuen Sondertopf im internationalen<br />
Bereich unterstützen. Wir kritisieren dabei nicht, dass Sie<br />
dafür sorgen, dass sich Deutschland an Programmen zur<br />
Bekämpfung der Armut, an Kaukasus- und Afrika-Initiativen<br />
oder an Programmen zur Bekämpfung von Aids beteiligt.<br />
Wir kritisieren vielmehr, dass Sie zur Verzettelung<br />
der deutschen Entwicklungspolitik beitragen, dass<br />
Sie ihr damit die Schlagkraft nehmen, dass Sie dem eigenen<br />
Ministerium die Koordinations- und Führungsrolle<br />
immer schwerer machen und dass Sie Etikettenschwindel<br />
betreiben; denn alle groß angekündigten Aktionen sind<br />
entweder wie die Schuldeninitiative in Wirklichkeit<br />
stecken geblieben oder wie die Kaukasus-Initiative völlig<br />
unterfinanziert, oder stehen nur auf dem Papier.<br />
Vor eineinhalb Jahren haben Sie zum Beispiel einen<br />
Plan zur Umsetzung des Armutsbekämpfungsprogramms<br />
angekündigt. Auf den warten wir bis heute. Die negative<br />
Folge ist, dass Sie für die Entwicklungspolitik unerfüllbare<br />
Erwartungen wecken, dass Sie Enttäuschungen provozieren<br />
und dass Sie die tatsächlich möglichen Erfolge<br />
im Sand verlaufen lassen. Es wundert daher niemanden,<br />
dass die jüngste Überprüfung der deutschen Entwicklungspolitik<br />
durch die OECD zu einem ernüchternden<br />
Ergebnis kommt: verkrustet, veraltet und unflexibel.<br />
Erfolge in der Entwicklungspolitik erreicht man eben<br />
nicht nur durch Show und Medienwirksamkeit, sondern<br />
vor allem durch eine klare und langfristig angelegte Linie,<br />
eine klare Kompetenzverteilung und eine konsequente<br />
Arbeit inklusive der Bündelung der Kräfte.<br />
Einer der größten Schwachpunkte der Entwicklungspolitik<br />
der rot-grünen Bundesregierung war das Desinteresse<br />
des deutschen Außenministers an entwicklungspolitischen<br />
Fragen wie auch an denen der internationalen<br />
Umweltpolitik. Wenn die Entwicklungspolitik nicht die<br />
Rückendeckung der Außenpolitik hat, dann ist sie zum<br />
Scheitern verurteilt,<br />
(Beifall bei der CDU/CSU)<br />
wenn man zum Beispiel nur an die Forderung des ganzen<br />
Hauses denkt, die Verantwortung der Entwicklungsländer<br />
für ihre eigene Entwicklung einzufordern. Die Union bietet<br />
der Regierungskoalition auch auf diesem Gebiet eine<br />
kritische, aber konstruktive Begleitung an, vor allem<br />
wenn es darum geht, die Effizienz zu steigern und erfolgreich<br />
Schwerpunkte zu setzen.<br />
Das gilt für den Bereich der Gefahrenabwehr genauso<br />
wie für die zentrale Aufgabe einer langfristig angelegten<br />
weltweiten Politik der Zukunftssicherung. Das heißt vor<br />
allem, die Globalisierung in vernünftige Bahnen zu lenken,<br />
sodass sie auch zum Positiven für Entwicklungs- und<br />
Schwellenländer ausfällt. Es bedeutet für uns gerade auch<br />
den Einsatz für die internationale soziale Marktwirtschaft.<br />
Dieses Eintreten muss man wirklich mit Leben erfüllen,<br />
zum Beispiel mit sozialen und ökologischen Mindeststandards<br />
in den WTO-Runden, durch die Stärkung<br />
von Bildung und Ausbildung und durch das Eintreten und<br />
die Unterstützung beim Aufbau handlungsfähiger staatlicher<br />
Strukturen, aber auch – das wirkt beim wirklichen<br />
Angehen von tief greifenden Reformen – in der internationalen<br />
Szene.<br />
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer:<br />
Herr Kollege Ruck, achten Sie bitte auf die Zeit.<br />
Dr. Christian Ruck (CDU/CSU):<br />
Jawohl. Es bedeutet außerdem eine wesentlich stärkere<br />
Unterstützung der Entwicklungspolitik durch die Außenpolitik<br />
und den Bundeskanzler.<br />
Wir werden die Grundzüge unserer Politik für wirtschaftliche<br />
Zusammenarbeit und Entwicklung in den<br />
Debatten des Hauses einbringen und dabei auch die bisherigen<br />
Positionen rot-grüner Politik auf den Prüfstand<br />
stellen, –<br />
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)<br />
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer:<br />
Herr Kollege Ruck, Sie sind jetzt zwei Minuten über<br />
die Zeit. Jetzt können Sie nicht mehr allzu viel sagen.<br />
Dr. Christian Ruck (CDU/CSU):<br />
– aber nicht nur wohlfeile Erklärungen im Koalitionspapier,<br />
sondern das, was Sie wirklich umsetzen.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU)<br />
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer:<br />
Das Wort hat jetzt die Frau Staatssekretärin Uschi Eid.<br />
Dr. Uschi Eid, Parl. Staatssekretärin bei der Bundesministerin<br />
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung:<br />
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!<br />
Der Koalitionsvertrag schreibt das, was wir vor vier Jahren<br />
in der Entwicklungspolitik begonnen haben, konsequent<br />
fort. Wir machen im Zeitalter der Globalisierung<br />
Politik auf gleicher Augenhöhe mit den Entwicklungsländern<br />
für mehr Gerechtigkeit in der Welt. Wir machen<br />
eine Politik, die die Chancen zur Teilhabe am wirtschaftlichen,<br />
technischen, gesellschaftlichen und kulturellen<br />
Fortschritt für alle Staaten verwirklichen will. Wenn ich<br />
von Fortschritt spreche, meine ich immer auch den Fort-<br />
(C)<br />
(D)