Lebenslust gö Herbst 2020
Das Magazin für Kunst und Kultur, Shopping, Genuss und mehr
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50 ZU GUTER LETZT lebenslust:gö
Der alltägliche Wahnsinn ‒ schöne heile Welt?
Impressum
lebenslust:gö
Das Magazin für Kunst & Kultur, Shopping,
Genuss und mehr
HERAUSGEBERIN
Rita Wagner
19 84
VERLAG
CitiMedien Gesellschaft, Rita Wagner
Hilsweg 28, 37081 Göttingen
Telefon 0551.92959
www.lebenslust-goe.de
info@lebenslust-goe.de
REDAKTION + ANZEIGEN
Rita Wagner (verantwortlich)
Der Mohr muss weg! Diese Initiative ist
nicht etwa dem degenerierten Gehirn
eines geschichtsvergessenen Neonazis
entsprungen, sondern sie wird – man
glaubt es kaum – von durch und durch antifaschistisch
und antirassistisch beseelten Bürgern
betrieben, die politisch korrekter gar
nicht sein könnten. Gemeint ist dementsprechend
natürlich nicht die Abschiebung eines
abgelehnten maximalpigmentierten Asylbewerbers,
sondern der Heilige Mauritius, der
das Stadtwappen der Stadt Coburg ziert und
allen billig und gerecht denkenden ein gehöriger
Dorn im Auge ist. Wo kämen wir denn
hin, wenn es jetzt erlaubt wäre, einfach andersfarbige
Menschen in aller Öffentlichkeit
abzubilden? So etwas schürt kolonialistisches
Denken und führt zudem die unerwünschte
Tatsache vor Augen, dass Menschen unterschiedlich
aussehen können.
Solche Erkenntnisse sind natürlich in unserer
toleranten, gendergerechten und vorurteilsfreien
Welt nicht gefragt. Der arme St. Mauritius
dürfte sich zwar durch aktuelle Vorhaben
an weit schlimmere Zeiten erinnert fühlen,
denn auch die Nationalsozialisten haben ihn
von 1934 bis 1945 aus dem Stadtwappen zu
Gunsten eines SA Dolches mit Hakenkreuz
eliminiert, weil er nicht arisch genug daherkam.
Aber solche Nebensächlichkeiten dürften
die tapferen Ideologen, die diese Petition
betreiben, kaum interessieren. Schließlich
geht es doch auch irgendwie gegen Nazis,
auch wenn man dieses Mal ein Ergebnis anstrebt,
das diesen ebenso gewünscht war.
Eine ähnlich bizarre Erfahrung durfte kürzlich
auch der Inhaber eines Eiscafés im Ruhrgebiet
machen. Sein Etablissement nennt sich
frecherweise „Möhrchen“. Wie faschoid verkommen
muss man sein, um ohne jeglichen
Skrupel all denen, die etwas stärker pigmen-
tiert sind als der Durchschnitt, eine derartige
Backpfeife zu verpassen? Die Erklärung, dass
seine Mutter, die Gründerin des Cafés, mit
Nachnamen „Mohr“ hießt und „Möhrchen“
gerufen wurde, ist dabei natürlich nicht im
Geringsten von Belang, ebenso wenig wie
die Beteuerung des Inhabers, er habe mit
Rassismus nichts am Hut. Wer einen solchen
Nachnamen führt und das auch noch öffentlich
macht, muss sich eben einfach schämen
und damit fertig.
Das alles könnte durchaus lustig sein, wenn
es nicht so traurig wäre. Wenn Negerküsse
nicht mehr Negerküsse heißen dürfen, das Zigeunerschnitzel
von der Speisekarte verbannt
wird und sogar U-Bahnhöfe – die
Mohrenstraße in Berlin – umbenannt werden
sollen (was letztlich bislang nur daran scheiterte,
dass der neu erkorene Namenspatron,
Herr Glinka, sich als Antisemit entpuppte),
dann führt dies sicherlich nicht zu einer Verschönerung
der Sprache oder Verbesserung
des gesellschaftlichen Klimas, sondern erinnert
eher an bedrückende Zukunftsvisionen
á la George Orwell. Sprache ist lebendig und
Sprache verändert sich und das ist auch gut
und richtig so, allerdings sind diese Veränderungen
meistens das Ergebnis eines jahrelangen
Prozesses, der aus der Sprache selbst und
denen die sie benutzen, stammt. Aufoktroyierter
Veränderungen, die aus rein ideologischen
Gründen auf unnatürliche Weise
eingepflanzt werden, bedarf es nicht, vielmehr
tragen diese den unheilvollen Eindruck
von Denk- und Sprechverboten, die in einer
Demokratie nichts zu suchen haben, in sich.
Es ist am Ende nur noch eine Frage der Zeit,
bis der Führerschein abgeschafft und Heilkräuter
aus den Apotheken verbannt werden.
Herr Mohr jedenfalls hat sein Café umbenannt.
■
AUTOREN
Freiherr v. Uslar-Gleichen, Susanne und Thomas Gries,
Nikolaus Hansmann, Jan Thomas Ockershausen,
Dr. Egbert Schulz, djd, Dr. Cornelie Hildebrandt,
Rita Wagner
FOTOS
Stadt Northeim, UMG, Wolfgang Beisert, EKW,
Birgit Beuermann, Wanderfish, La Locanda,
Restaurant Sachsenross, Mc.Clean, Sparkasse Göttingen,
Ev. Bildungsstätte, Martina Sturm, Axel J. Scherer,
Udo Wagner, Archiv, djd, pexels, pixabay, unsplash
LAYOUT
Designbüro | Wagner
ANZEIGEN / MARKETING
Rita Wagner
Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 2/2014
VERTRIEB
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Nächster Erscheinungstermin: Ende November 2020
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