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HUK 328 Juni 2020

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WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

Danke, Hamburg!<br />

Der erste Schritt: Anträge stellen. Zumindest<br />

für die Phase der Coronapandemie<br />

sollte das Jobcenter die Kosten<br />

der Unterkunft übernehmen, fordert<br />

Graßhoff. „Die Menschen brauchen<br />

jetzt einfach noch mehr Hilfe.“<br />

„Meine Batterien<br />

waren ziemlich<br />

alle“, sagt Volker.<br />

Dass er vorerst weg von der Straße ist,<br />

das hätte sich Jan Anfang April in seinen<br />

kühnsten Träumen nicht vorstellen<br />

können. Nachts schlief er vor einem<br />

Kaufhaus. Tagsüber bettelte der<br />

Hinz&Künztler verzweifelt in der Innenstadt<br />

um ein paar Euro. „Das war<br />

eine Katastrophe“, erinnert sich Jan.<br />

„Früher kamste ja noch über die Runden,<br />

aber jetzt? Der Erste bekommt<br />

was, der Zweite vielleicht. Aber der<br />

Dritte?“ Die Innenstadt sei in diesen<br />

Zeiten voller Obdachloser gewesen, die<br />

die wenigen Passant*innen vergeblich<br />

um ein paar Euro anschnorrten.<br />

Dass sich für Jan jetzt wieder eine<br />

Perspektive öffnet, sei ein Erfolg der<br />

Hotelunterbringung, sagt Johan Graßhoff.<br />

Gerade einmal drei, vier Obdachlose<br />

hatte der Straßensozialarbeiter im<br />

vergangenen Jahr in eine Wohnung begleitet.<br />

Jetzt hingegen konnte er zusammen<br />

mit Julien Thiele innerhalb von<br />

vier Wochen etwa 80 Obdachlose im<br />

Hotel einquartieren. „Und das ist ja nur<br />

ein Anfang“, pflichtet ihm sein Kollege<br />

Thiele bei, der ebenfalls im my-bed in<br />

Bergedorf einige der Obdachlosen<br />

betreut. Viele hätten leider schlechte<br />

Erfahrungen in den Notunterkünften<br />

gemacht. Sie meiden daher das Winternotprogramm<br />

mit seinen Mehrbettzimmern,<br />

die morgens geräumt werden<br />

müssen und die man nicht abschließen<br />

kann. „Die Frage, die uns am häufigsten<br />

gestellt wurde, war: ‚Wann müssen<br />

wir morgens raus?‘“, erzählt Thiele.<br />

Jan ist nach vielen Jahren<br />

auf der Straße sehr geschwächt.<br />

In den ersten Tagen im Hotel<br />

kann ihn selbst der gute Kaffee<br />

kaum aus den Federn locken.<br />

13<br />

Die Obdachlosen hätten völlig ungläubig<br />

reagiert, wenn er ihnen als Antwort<br />

einen Zimmerschlüssel in die Hand<br />

drückte.<br />

Auch für Volker waren das Winternotprogramm<br />

oder andere städtische<br />

Unterbringungen bereits seit Jahren<br />

keine Option: „Ich brauche mein eigenes<br />

Zimmer, aber da stelle ich keine<br />

Ausnahme dar. Jedem Menschen sollte<br />

die Möglichkeit eines eigenen Raums<br />

zur Verfügung gestellt werden.“<br />

Die Sozialbehörde will Obdachlose<br />

nicht in Hotels unterbringen. Die Betreuung<br />

durch Sozialarbeiter*innen sei<br />

dort nicht so einfach zu gewährleisten<br />

wie in den bestehenden Großunterkünften,<br />

ist die Befürchtung. Sozialarbeiterin<br />

Anke Beceral kann bei den Argumenten<br />

der Behörde nur den Kopf<br />

schütteln: „Die Erfahrungen, die wir<br />

gerade machen, zeigen doch, dass viel,<br />

viel mehr möglich ist, als man immer so<br />

denkt.“ Deshalb hat sie auch die Hoffnung<br />

nicht aufgegeben, dass noch etwas<br />

Positives entsteht aus der momentanen<br />

Situation: „Ich hoffe auf neue Unterbringungsmöglichkeiten<br />

und eine veränderte<br />

Sichtweise darauf, was möglich<br />

ist. Das wäre schön.“<br />

Auch Hinz&Kunzt-Sozialarbeiter<br />

Jonas Gengnagel hat wenig Verständnis<br />

für die Argumentation der Behörde. Er<br />

ist für die Unterbringung von Obdachlosen<br />

im Hotel Bedpark im Schanzenviertel<br />

zuständig: „Natürlich ist es<br />

wichtig, dass die Menschen im Hotel<br />

eine Ansprechperson haben, aber das<br />

muss ja nicht zwingend heißen, dass alle<br />

Menschen ständig eine Sozialberatung<br />

brauchen.“ Zunächst einmal sei<br />

es viel nötiger, dass die Menschen Gelegenheit<br />

haben, zur Ruhe zu kommen:<br />

„In den ersten zwei, drei Tagen<br />

haben sich viele in ihr Zimmer verkrochen<br />

und einfach geschlafen und sich<br />

erholt“, erinnert sich Jonas Gengnagel.<br />

„Nach ein paar Tagen kamen sie frisch

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